Frühlingsanfang:Der Winterschlaf ist ausgefallen

Frühlingsanfang: Frühlings ist's: Bunte Blüten am Köglweg in Taufkirchen.

Frühlings ist's: Bunte Blüten am Köglweg in Taufkirchen.

(Foto: Claus Schunk)

In diesem Jahr kam der Frühling besonders früh. Nachdem es kaum Schnee und Frost gab, blieben manche Vogelarten hier und es summen bereits die Bienen. Auch Hasen, Igel und Rehe sind schon länger aktiv.

Von Carina Irimia

Frühling ist offiziell bereits seit drei Wochen, für die Tierwelt im Landkreis München hat er teilweise sogar noch einige Wochen früher begonnen. Auch viele Bäume haben heuer bereits zwei bis drei Wochen früher ausgetrieben. Grund dafür ist der milde Winter. Im Flachland gab es kaum Schnee oder Frost. Die Wetterdienste verzeichneten den zweitwärmsten Winter seit Beginn der Aufzeichnungen. Das bemerkte auch Försterin Julia Borasch. "Man kann eine größere Aktivität der Tiere beobachten, draußen fliegen beispielsweise schon Hummeln", sagt die Revierleiterin in Aschheim. Vor allem Säugetiere seien bereits ungewöhnlich aktiv, das passiere sonst erst später. Hasen, Reh- und Rotwild sowie Wildschweine fanden durch den wenigen Schnee mehr Futter als sonst und gehen jetzt im Frühjahr gestärkt in die Paarungszeit.

Auch Maxi Königer-Reuß, Vorsitzende der Bund-Naturschutz-Ortsgruppe in Ottobrunn, Neubiberg, Hohenbrunn und Putzbrunn beobachtete über den Winter verteilt immer wieder Eichhörnchen in ihrem Garten. Manche Tiere habe der Winter jedoch nicht beeinflusst. "Die Krötenschutzmaßnahmen sind in vollem Gange, das ist von der Zeit her völlig normal", sagt sie. Bei manchen Tieren ist die verfrühte Aktivität für Menschen sogar gefährlich: Zecken werden bereits ab acht Grad Celsius aktiv. "Ich hatte jetzt schon eine und mein Hund mehrere", sagt Julia Borasch.

Pünktlich zum Frühlingsanfang zwitscherten die ersten Vogelarten. Ornithologe Manfred Siering fällt vor allem eine Kolonie an Wacholderdrosseln in Grünwald auf: "Die machen abends immer ein Konzert." Auch die Singdrossel höre er bereits häufig. Amseln, Kohlmeisen und Blaumeisen seien wie immer zu dieser Zeit schon da. Vogelarten wie der Hausrotschwanz oder Zilpzalp, die über den Winter in Richtung Süden ziehen, kamen trotz der milden Temperaturen nicht früher zurück. Sie handeln nach ihrem Instinkt, sagt Siering. Viele Vögel fliegen derzeit von der Iberischen Halbinsel zurück ins Baltikum und sind deshalb häufiger im Landkreis zu hören. Schon vor einer Woche habe Siering über 25 Rotkehlchen gehört: "Die haben permanent gesungen." Er vermutet, dass gerade eine Durchzugswelle ihren Höhepunkt erreicht, die bald wieder vorbei sein könnte. Auch Sommergoldhähnchen, Rotmilane und eine erste Bachstelze habe er bereits beobachtet.

Zu warm für den Fichtenkreuzschnabel

Frühlingsanfang: Der Grünwalder Ornithologe Manfred Siering hat auf seinen Streifzügen durch die Natur viele Vögel und Frühblüher vorzeitig angetroffen.

Der Grünwalder Ornithologe Manfred Siering hat auf seinen Streifzügen durch die Natur viele Vögel und Frühblüher vorzeitig angetroffen.

(Foto: Claus Schunk)

Einige Vogelarten, die sonst die kalten Monate im Landkreis verbringen, trafen dieses Mal nicht ein. Siering vermutet, ihnen sei es zu warm gewesen, wie für den Fichtenkreuzschnabel. Auch der Erlenzeisig sei praktisch nicht zu sehen gewesen. Durch den Klimawandel seien einige Baumarten vermehrt von Pilzen oder Fäule befallen und bieten kaum Nahrung für die Vögel. Doch vor allem der Star spürt gerade in seiner Brutzeit die Konsequenzen der milden Wintermonate. "Das Wetter passt für ihn jetzt einfach nicht", sagt Manfred Siering. In den vergangenen zwanzig Jahren ist die Zahl der Stare bereits um vierzig Prozent zurückgegangen. Auch für die Biene stellten solche Winter längerfristig eine Gefahr dar.

"Sie brauchen eine brutfreie Zeit von zwei bis drei Wochen bei Minusgraden", sagt Imker Herbert Lux aus Ismaning. "Bei uns hat es noch keine Auswirkungen und Völkerverluste gegeben", sagt er. Im Gegenteil: Durch die ungewöhnlich warmen Monate seien die Völker bereits ziemlich stark. Gefährlich könne es für die Bienen im Frühling nur noch werden, wenn unerwartet ein Kälteeinbruch mit anhaltendem Frost kommen würde. Da die Bienen bereits sehr aktiv sind, könnten sie durch einen plötzlichen Temperatursturz verhungern.

Kälteeinbruch wäre für die Igel gefährlich

Ein erneuter Kälteeinbruch wäre auch für Igel gefährlich, sagt Julia Borasch. Durch die warmen Temperaturen könnten manche von ihnen früher aus dem Winterschlaf aufgewacht sein und ihren Organismus hochgefahren haben. Vor allem ältere Tiere könnten plötzliche Kälte vielleicht nicht überleben. Junge, starke Tiere würden sich davon aber wieder erholen. Borasch rechnet nicht damit, dass es überhaupt noch zu so niedrigen Temperaturen kommt: "Ausschließen lässt es sich nicht aber es wird immer unwahrscheinlicher."

Doch nicht nur die Tierwelt, sondern auch Allergiker wurden bereits eher vom Frühling überrascht. Bäume und Sträucher treiben teilweise schon seit Januar. Die Haselnuss blüht seit Ende Dezember - einen Monat früher als üblich. Allergiker, die auf verschiedene Arten reagieren, könnten dieses Jahr überhaupt keine Erholungspause haben. "Es wird immer irgendetwas blühen", sagt Borasch.

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