Süddeutsche Zeitung

Fridays for Future:Kurz vor zwölf

Das Unterschleißheimer Carl-Orff-Gymnasium beteiligt sich am globalen Klimastreik

Von Julia Fietz, Unterschleißheim

"Lieber Schmetterlinge im Bauch als Mikroplastik" steht auf dem Plakat eines Schülers der Unterstufe. "Die Zeit läuft ab", titelt ein anderes. Auf dem Schulhof des Carl-Orff-Gymnasiums in Unterschleißheim tummeln sich am Freitag Mädchen und Jungen aller Altersstufen. Es ist kurz vor zwölf, in wenigen Minuten startet die große "Fridays for Future"-Demonstration auf dem Königsplatz in München. Schülersprecherin Mathilda Storath sitzt mit Erik Melchner und Lennard Strobel, den anderen Schülersprechern, zusammen. Gleich wird sie auf dem Vordach im Innenhof stehen bei "COG for Future" - einer Aktion, die von SMV und Schulleitung gemeinsam erdacht wurde. Als Mittelweg im dem Dauerkonflikt um das Thema Schulpflicht versus Unterrichtschwänzen.

Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (FW) hatte am Mittwoch, zwei Tage vor dem globalen Klimastreik, Aufruhr hervorgerufen mit seinen Aussagen, er sehe keinen Sinn mehr in den Freitagsprotesten zur Unterrichtszeit, die gewünschte mediale Aufmerksamkeit sei schließlich erreicht. Piazolo verwies zudem auf die Sanktionsmöglichkeiten im Schulgesetz. Mathilda Storath kann den Minister verstehen. "Aus Sicht seines Amts hat er ja Recht", sagt die Schülersprecherin. Trotzdem sei es nicht fair, wenn Schwänzen für die gute Sache bestraft würde. Von Aussagen wie denen des FDP-Chefs Christian Lindners, wonach Klimaschutz den "Profis" überlassen werden sollte, hält die 16-Jährige wenig. "Hier geht es nicht um die Zukunft der Profis, hier geht es um unsere Zukunft", sagt sie.

Nach der vierten Stunde Unterrichtsstunde versammeln sich die Schülerinnen und Schüler auf dem Innenhof des Gymnasiums und beteiligen sich eine Stunde lang an Diskussionen über den Klimawandel mit Bürgermeister Christoph Böck (SPD), Schulleiter Andreas Hautmann und Mitgliedern der SMV. Wer nicht teilnehmen will, kann in die Klassen gehen, wo Lehrer sie beaufsichtigen.

In der sechsten Stunde gibt es noch einmal Anwesenheitskontrollen und die Möglichkeit zu weiteren Diskussionen. "Wir dürfen die Schüler gesetzlich nicht freistellen, außerdem kann die Aufsichtspflicht auf dem Königsplatz nicht garantiert werden", erklärt Schulleiter Hautmann, warum keine Teilnahme an der Demonstration in München geplant wurde. Über Sanktionen gegen Teilnehmer werde jede Woche individuell entschieden.

Eine Schülerin, die bereits mehrfach an den Protesten in München teilgenommen hat, ist Isabelle Tarano Garcia. Auch diesen Freitag will sie nach Schulschluss zum Königsplatz fahren. Die Stimmung bei den Protesten sei unglaublich, sagt die 16-Jährige, "ein Glücksgefühl, das man nicht so oft im Leben verspürt". Die Jugendliche hat sich Anfang des Jahres in einem langen Brief bei der Schulleitung erkundigt, wie diese zum Schwänzen fürs Klima steht, und eine ebenso ausführliche Antwort des Schulleiters zur gesetzlichen Lage erhalten. Ähnlich offen gestaltete sich der Dialog bei der Planung von "COG for Future". Mathilda Storath ist zufrieden: "Wenn einer unserer Vorschläge mal nicht machbar war, wurde uns das immer verständlich erklärt".

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SZ vom 21.09.2019/lb
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