Energiewende:Sonnenstrom für die halbe Gemeinde

Energiewende: Besichtigung neuer Ökotechnik in der Gemeinde Türkenfeld: Module produzieren heute auf gleicher Fläche die vierfache Strommenge als früher.

Besichtigung neuer Ökotechnik in der Gemeinde Türkenfeld: Module produzieren heute auf gleicher Fläche die vierfache Strommenge als früher.

(Foto: Lukas Barth)

Haar plant zwischen Egling und Salmdorf mit 22 Megawatt Leistung die größte Freiflächen-Photovoltaikanlage im Landkreis München. Ein möglicher Betreiber steht schon bereit.

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Gemeinde Haar schickt sich an, mit einem Schlag zum Photovoltaik-Musterknaben im Landkreis München aufzusteigen. Der Gemeinderat hat kürzlich einstimmig einen ersten Beschluss gefasst, um den Bau der bisher mit Abstand größten Freiflächen-Photovoltaikanlage im Landkreis auf den Weg zu bringen. Die Anlage soll auf 18 Hektar Fläche zwischen Eglfing und Salmdorf entstehen und eine Leistung von 22 Megawatt/Peak haben. Damit könnten etwa 22 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr produziert werden, was etwa der Hälfte des Verbrauchs der 11 000 Haushalte der Gemeinde entspricht. Mehr als 7000 Tonnen CO₂ würden auf diese Weise eingespart. Nach ersten Planungsideen ist an dem Solarkraftwerk ein Speicher geplant. Ein Betreiber ist auch in Sicht.

Erst Ende Februar hatte der Leiter der Gemeindewerke Haar, Rainer Mendel, skizziert, wo ein Solarpark entstehen könnte und in welcher Größenordnung. Damals trat mit Stefan Fußeder auch ein Projektingenieur der Münchner Firma Vispiron auf den Plan, der auf bereits umgesetzte Solarparks in Verbindung mit Speichermöglichkeiten verwies und sich den Haarern als Partner empfahl. Das Unternehmen hat einen Solarpark in Verbindung mit einer Speicherkomponente in der Gemeinde Uffing am Staffelsee umgesetzt und ist gerade dabei, ähnliches in Egling im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zu verwirklichen.

Wenige Wochen später hat der Gemeinderat nun für das Vorhaben erste Pflöcke eingeschlagen. Das war auch möglich, weil es in der Vergangenheit bereits Gedankenspiele gab, entlang des Höglwegs auf einer Fläche, die zu 74 Prozent ein ehemaliges Kiesabbaugebiet ausmacht, einen Solarpark zu errichten. Die Fläche in Nachbarschaft zum Kieswerk Mühlhauser gehört der Gemeinde. Die Solarpaneele würden in einem Grünzug entstehen, der den Riemer Park über Salmdorf mit Eglfing verbindet.

Mit der Anlage in Haar würde die in Freiflächen-Photovoltaikanlagen installierte Leistung direkt verdreifacht. Der Energieatlas Bayern zählt im Landkreis München aktuell zwölf solcher Anlagen, die insgesamt auf eine installierte Leistung von 10,4 Megawatt/Peak kommen. Dort werden knapp elf Millionen Kilowattstunden Strom produziert. Bei einem Haushalt von drei Personen wird ohne Warmwasseraufbereitung von einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden im Jahr ausgegangen.

Agri-Photovoltaik, also gemeinsame Nutzung mit Landwirtschaft, ist am Ort umstritten

Den Haarer Kommunalpolitikern liegt jetzt daran, die Stromerzeugung zügig auszubauen. Der Bauausschuss des Gemeinderats beschloss einstimmig, dafür den Flächennutzungsplan zu ändern. Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) sagte, der Strombedarf wachse stetig. "Wir sollten rasch vorangehen." Ulrich Leiner (Grüne) sprach von einem "tollen Projekt" und forderte Tempo ein, weshalb die Grünen auch darauf verzichten würden, auf eine Prüfung einer Agri-Photovoltaikanlage zu bestehen. Eine solche Vorrichtung mit hoch aufgeständerten Solarmodulen, unter denen noch Landwirtschaft möglich ist, bleibt in Haar umstritten. Andreas Rieder (CSU) hat solche Modelle mehrmals als untauglich verworfen.

Aus Sicht der Grünen fehlt es in Haar trotz der Fortschritte noch an einem schlüssigen, durchdachten Vorgehen in Sachen Klimaschutz. Ulrich Leiner pochte auf einen "Klimafahrplan", bei dem auch die notwendigen Schritte hin zu einer Wärmewende benannt würden. Peter Schießl (SPD) brachte diesbezüglich den Vorschlag ein, über eine Biogasanlage in Eglfing nachzudenken, um den am Ort anfallenden Grünschnitt und Bioabfall zu verwerten und eventuell das Biogas-Kraftwerk damit zu speisen, das die Bayernwerk Natur in Eglfing betreibt. Dieses Kraftwerk versorgt Wohnblocks in Eglfing und könnte womöglich mit einem Ausbau des Leitungsnetze weiteren Teilen der Gemeinde Fernwärme liefern.

Energiewende: In Unterhaching weiden Schafe unter und neben den Solar-Paneelen. In Haar hält man nichts davon.

In Unterhaching weiden Schafe unter und neben den Solar-Paneelen. In Haar hält man nichts davon.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Dietrich Keymer (CSU) zeigte sich offen für diese Idee, warnte aber vor übertriebener Regulierung. Das Rathaus unternehme bereits das notwendige, wie sich alleine daran zeige, dass man gerade erst auf dem Dach der Konradschulen gemeinsam mit der Bürgerenergie Unterhaching (BEU) auf bewährte Weise eine Photovoltaikanlage als Pilotprojekt installiert habe.

Den Ausbau der Photovoltaik gerade auch auf Freiflächenanlagen bezeichnete Stefan Fußeder von Vispiron als zukunftsträchtiges Vorhaben. Moderne Anlagen brächten im Vergleich zu früher auf derselben Fläche die vierfache Leistung. Die Module der Anlage in Haar sieht er auf maximal 3,5 Metern Höhe. Diese könne man durch einen Zaun mit Eingrünung gut in die Landschaft einbinden. Fußeder regte an, mit dem Stromkraftwerk auch über den Ausbau einer Ladeinfrastruktur am Ort nachzudenken. In Uffing habe man eine Ladesäule für Linienbusse geschaffen. Ein Speichermodul könne helfen, über den Tag einen gewissen Ausgleich zwischen einer Spitzenproduktion und Dunkelzeiten herzustellen.

Ulrich Leiner (Grüne) forderte, das Rathaus müsse sich frühzeitig um Stromabnahme-Kapazitäten beim nächsten Umspannwerk bemühen. Jenes in Aschheim hat laut Gemeindewerkechef Rainer Mendel noch Kapazitäten. Aber das könne sich jederzeit ändern. Im Jahr 2008 hatte Haar schon einmal die größte Freiflächen-Solaranlage im Landkreis München in Betrieb genommen. Die Anlage produzierte auf 3,8 Hektar Fläche Strom für 1000 Bürger. Sie läuft bis heute und es gibt Überlegungen, sie mit leistungsstärkeren Modulen auszustatten.

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