Frauengefängnis München:Der Komfort-Knast

Das Münchner Frauengefängnis ist vor einem Jahr umgezogen. Im Vergleich zu dem alten Knastgebäude ist der Neubau ein wahrer Luxus. Ein Besuch.

Renate Silberbauer

Bis man drinnen ist, kann es eine ganze Weile dauern - zumindest auf straffreiem Weg. Klingeln, Ausweis abgeben, persönliche Gegenstände in einen Spint sperren. Zum Schluss geht es noch durch einen Metalldetektor, bevor sich endlich die große Sicherheitstüre zur Münchner Justizvollzugsanstalt für Frauen öffnet.

Frauengefängnis München

Hinter Gittern sitzen im Münchner Frauengefängnis etwa 140 Häftlinge.

(Foto: Foto: Renate Silberbauer)

Vor einem Jahr ist die JVA von Neudeck in der Au nach Giesing umgezogen - in die Schwarzenbergstraße 14, in unmittelbarer Nachbarschaft zur JVA Stadelheim. 160 Haftplätze stehen zur Verfügung - zehn davon für Frauen mit Kleinkindern. Rund 140 Plätze sind derzeit belegt. Die Frauen sitzen meist wegen Betäubungsmitteldelikten, kleinerer Straftaten oder sind in Untersuchungshaft. Länger als drei bis vier Jahre muss keine der Frauen bleiben.

Christina (Name geändert) büßt bereits seit Anfang 2009 ihre Haftstrafe ab - wegen eines Betäubungsmitteldeliktes. Die zierliche Frau ist eine der letzten Häftlinge, die den Umzug der JVA mitbekommen haben. "In Neudeck war es schmutzig und unkomfortabel. Die Betten waren hart und zum Zudecken gab es braune Pferdedecken, von denen die meisten Ausschlag bekommen haben", sagt Christina.

Außerdem gab es in den Zellen keinen Strom und kein warmes Wasser. In Giesing sind die Zustände im Vergleich dazu fast paradiesisch. Die Zellen sind teilweise größer als ein Zimmer im Studentenwohnheim, jeder Häftling hat einen kleinen Flachbildfernseher und die Nasszellen können mit jeder Mietswohnung konkurrieren.

"Da die wenigsten Insassinnen Neudeck noch erlebt haben, wissen sie den Komfort hier kaum zu schätzen", sagt Tobias Pretsch, einer der Leiter. "Früher gab es keinen Strom auf den Zimmern, heute diskutieren wir über zusätzliche Fernsehsender."

Die Frauen müssen sich an viele Regeln halten, können aber im Gegenzug einige Annehmlichkeiten genießen. Es gibt Mal-, Bastel- und Sportkurse. Beim einstündigen Hofgang können sich die Frauen jeden Tag mit Volleyball, Tischtennis oder Basketball austoben. Außerdem findet jeden Sonntag ein evangelischer und ein katholischer Gottesdienst statt - musikalisch umrahmt vom knasteigenen Kirchenchor.

Auf der nächsten Seite: Christina will wieder zu ihrem Hund.

Christina will raus

Auch Arbeitsmöglichkeiten bietet die JVA. "Die Frauen können in der Schneiderei, als Hausmädchen, als Reinigungskraft oder als Verpackerin arbeiten", sagt Pretsch. Beispielsweise werden derzeit für die Modekette C&A Etiketten an Armbändern angebracht. Die Insassinnen reißen sich förmlich um die Arbeit. Im Knast ist die schlimmste Strafe die Untätigkeit.

"Man muss sich hier beschäftigen", sagt Christina. Von 6 bis 18 Uhr arbeitet die Brünette mit der Bob-Frisur als Hausmädchen. Sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr. "Ich habe immer viel gearbeitet", erinnert sie sich. Bevor sie ins Gefängnis kam, hat sich die Mittdreißigerin "draußen" als Immobilienmaklerin ihre Brötchen verdient.

Das Einzige, das Christina in der neuen JVA fehlt, ist das Flair, das es in Neudeck gab. "Der Innenhof sieht noch so kahl aus und auch an den Wänden fehlen Farbtupfer." Letzteres Problem könnte bald beseitigt sein. Der Malkurs möchte seine Bilder aufhängen. Christina ist auch im Malkurs, außerdem besucht sie den Kirchenchor und die Sportgruppe.

Aber nicht nur für die Häftlinge hat sich im vergangenen Jahr einiges verändert, auch für die JVA-Beamten. "Unsere Wege sind hier viel weiter, als sie es in Neudeck waren", sagt Dienstleiterin Rita Baier. "Die Arbeit ist ebenfalls mehr geworden." Denn die Zahl der Häftlinge hat sich verdoppelt.

Zum 1. Juni erfolgt eine erneute Personalaufstockung im Frauenknast. Dann werden etwa 60 Uniformierte in der JVA arbeiten - nur Frauen. "Obwohl die Arbeit mehr geworden ist, ist sie teilweise einfacher geworden." Die Beamten im Justizvollzugsdienst werden nun von modernster Technik unterstützt.

Eine Umstellung war es trotzdem. "Wir mussten von heute auf morgen unsere Tagesabläufe verändern. Bis diese optimiert waren, hat es schon einige Zeit in Anspruch genommen", sagt Baier. Nach einem Jahr ist Routine eingekehrt und man hat sich an das neue Gemäuer gewöhnt.

Christina weiß indes die Annehmlichkeiten der neuen JVA bereits seit dem ersten Tag zu schätzen. Trotzdem will sie raus. "Ich will wieder zu meinem Hund. Der war noch ein Welpe, als ich ins Gefängnis kam", sagt sie. Von ihrer dreijährigen Haftstrafe hat sie bisher ein Jahr abgesessen.

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