Frauen in der Politik:Gegen die Übermacht der Männer

Frauen in der Politik: Zwei starke Frauen in der CSU, die sich gegen starke Widerstände in der Partei durchsetzen mussten: Kerstin Schreyer (links) und Barbara Stamm.

Zwei starke Frauen in der CSU, die sich gegen starke Widerstände in der Partei durchsetzen mussten: Kerstin Schreyer (links) und Barbara Stamm.

(Foto: Claus Schunk)

Barbara Stamm und Kerstin Schreyer erzählen in Brunnthal von den Schwierigkeiten ihres Aufstiegs in der CSU.

Von Iris Hilberth, Brunnthal

Für "starke Frauen" hat die CSU vor ein paar Jahren mal ein ganzes Veranstaltungspaket zusammengestellt, Leitlinien nebst pinkfarbenen Einladungen zur After-Work-Party in die Ladys Lounge. Mit Aufklebern, Gewinnspielen und DJ erhoffte sich die CSU weiblichen Mitgliederzuwachs. Den Frauenmangel gibt es noch immer, und wie Barbara Stamm, die Landtagspräsidentin, bei einer Wahlkampfveranstaltung am Mittwoch in Brunnthal bedauernd feststellt, ist die Anzahl der Frauen in der Kommunalpolitik sogar rückläufig.

Stamm ist auf Einladung der Sozialministerin und CSU-Stimmkreisabgeordneten aus dem südlichen Landkreis München, Kerstin Schreyer, in den kleinen Ortsteil Otterloh gekommen. Und man merkt bei diesem gemeinsamen Frühstück unter der Überschrift "Starke Frauen", recht schnell, dass die beiden Politikerinnen nicht nur das gemeinsame Thema Soziales verbindet - Schreyer ist immerhin eine Nachfolgerin Stamms im Amt als Sozialministerin. Beide eint auch der Weg von der Kommunalpolitik bis in die Spitze der Landespolitik und dabei das zum Teil mühevolle Durchsetzen gegen die Vorbehalte und die Übermacht der Männer. "Starke Frauen" im ländlichen Café Momm ist keine schicke Lounge-Veranstaltung in cooler Location, dafür aber ein echter, kleiner Einblick in die Welt und den Alltag von CSU-Politikerinnen.

Schon 1972 habe die CSU Frauen für ihre Stadtratsliste in Würzburg gesucht, berichtet Stamm. "Aber so willkommen war ich da eigentlich gar nicht", erinnert sie sich. 28 Jahre alt war sie damals, "aber die Junge Union war nicht so nach meinem Geschmack". Stamm rechnete sich dem bürgerlichen Lager zu, "sehr sozial eingestellt". Das blieb auch so. Heute noch wird sie als das "soziale Gewissen der CSU" bezeichnet.

"Die soll doch besser zu Hause bleiben."

Man gönnte ihr damals nicht mehr als den 23. Platz auf der Liste, die Würzburger allerdings wählten sie auf Rang 14 nach vorne und so wurde sie eine von zehn Stadträtinnen im 50-köpfigen Gremium. "Für 1972 war diese Quote deutschlandweit sensationell", so Stamm. 1974 war die CSU dann schon wieder auf Frauensuche, diesmal für die Landtagswahl. Dort zog Stamm zwei Jahre später als Nachrückerin ein. Dass man in ihrer Heimatstadt aber auch 1990 nicht wirklich bereit war für Frauen in der Politik, sieht sie in dem Ausgang der Oberbürgermeisterwahl. Ihre jüngste Tochter war damals zehn und Kandidatin Stamm bekam in der Straßenbahn Dinge zu hören wie: "Die soll doch besser zu Hause bleiben" oder: "Die armen Kinder!" Stamm verlor die Wahl - "ein Fehlschlag", wie sie sagt, den sie noch immer bedauere.

Auch im Landtag war es mühsam. "Ich sollte in den sozialpolitischen Ausschuss, in dem alle Frauen drinsaßen, die es im Landtag gab", erinnert sie sich. Stamm aber wollte in den Bildungsausschuss, doch dafür brauchte sie einen langen Atem. Franz Josef Strauß hatte als Ministerpräsident ihr damals zu verstehen gegeben, man müsse erst einmal trocken hinter den Ohren werden, bevor man sich zu Wort meldete. "Ich habe mich trotzdem eingebracht", sagt sie, etwa als sie ihm vorschlug, Frauen für den Polizeivollzugsdienst zuzulassen. Das kam für Strauß lange überhaupt nicht in Frage. "Doch irgendwann sagte er zu mir: Frau Kollegin, ich muss Abbitte leisten", erzählt Stamm. Allein dass Strauß sie mit "Frau Kollegin" und nicht mit "gnädige Frau" ansprach, war ein kleiner Triumph.

Für die Quote gekämpft

Einen eigenen Stimmkreis hat Stamm übrigens nie bekommen. Sie schaffe es auch so, war man in der Partei überzeugt. Wie schwierig es ist, sich bei einer solchen Kandidatenaufstellung durchzusetzen, weiß auch Kerstin Schreyer. Zwei Stimmen waren 2008 ausschlaggebend, und dann wollte man ihr nachträglich die Nominierung noch einmal streitig machen, als der damalige Finanzstaatssekretär Georg Fahrenschon sein Interesse bekundete. "Wenn es eng wird, gibt es nur wenige, die den Kopf rausstrecken", sagt Schreyer beim Frühstück in Otterloh. Es gehe ihr heute noch nah, wenn sie darüber rede, wie Ulrike Beck damals für sie sprach, und es ihr gelang, die Stimmung herum zu reißen. "Es ist nicht immer unbedingt so, dass Frauen in der Verantwortung auch Frauen fördern", betont Landtagspräsidentin Barbara Stamm im Café Momm.

Beide, Schreyer und Stamm, haben in der CSU für die Einführung einer Quote gekämpft. "Dabei war ich zu Beginn meiner politischen Laufbahn eine strikte Gegnerin der Quote", so Stamm, "aber das geht alles viel zu langsam, und selbst wenn einige Frauen auf der Liste stehen, schafft es oft nur eine oder keine." Vom ehemaligen Präsidenten des Verbands der Bayerischen Wirtschaft, Randolf Rodenstock, hat sie mal "gleichen Lohn für gleiche Arbeit" gefordert. Der habe sie für "hinterm Mond" erklärt und so getan als lebe sie in der Steinzeit. Auch heute steht sie zu ihrer Forderung: "Es ist noch so."

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