Flüchtlinge in Dornach:Mittel gegen die Furcht

Die Regierung von Oberbayern muss sich stärker engagieren und die Ehrenamtlichen entlasten. Nur so kann Frustration vermieden werden.

Kommentar von Martin Mühlfenzl

Wer mag es den Dornachern verdenken, dass sie die Errichtung der Notunterkunft im Gewerbegebiet und deren geplante Fortführung als Erstaufnahmeeinrichtung kritisch betrachten, dass sie viele Fragen haben. Und dass es sie ärgert, wenn Antworten ausbleiben. In dem Dorf mit etwas mehr als 1400 Einwohnern herrscht weniger die Furcht vor dem Fremden, die mittlerweile sogar zur Gründung einer Bürgerinitiative geführt hat. Es ist die Angst davor, den eigenen Ort nicht mehr zu erkennen. Das Gefühl, erdrückt zu werden. Und vielen Dornachern hat diese Angst noch niemand nehmen können.

Nicht der eigene Bürgermeister. Nicht der Landrat. Und vor allem nicht die Regierung von Oberbayern, die für den Betrieb der Unterkunft verantwortlich zeichnet. Während sich Rathauschef Thomas Glashauser und Landrat Christoph Göbel aber den Ängsten ihrer Bürger stellen, duckt sich die Regierung weg - und noch schlimmer: Sie schiebt die Verantwortung ab. Bisher fangen die Johanniter, die unzähligen freiwilligen Helfer und auch der Sicherheitsdienst die ihnen zugeschusterte Verantwortung gut auf, sie haben ein Kommunikationsnetz aufgebaut, über das in kürzester Zeit Hilfe geleistet werden kann; etwa dann, wenn neue Schutzsuchende in Dornach ankommen oder dringend bestimmte Hilfsgüter gebraucht werden. Noch funktioniert dieses System der teils organisierten, zum noch größeren Teil freiwilligen Hilfe. Doch die Regierung von Oberbayern geht ein großes Risiko ein: Wenn die Abläufe in Dornach irgendwann einmal ins Stocken geraten, wenn die Helfer sich selbst und den ihnen Anvertrauten nicht mehr helfen können, wenn das Gefühl aufkommt, alleine gelassen zu werden - dann droht sich Frustration Bahn zu brechen. Dann gewinnen die Ängste die Überhand.

Die Regierung von Oberbayern kann das nur verhindern, wenn sie präsent ist und Fragen ehrlich und offen beantwortet. Sie wird die Hilfe professionalisieren und Ehrenamtliche aus der Verantwortung entlassen müssen. Nur dann hat die Furcht keine Chance.

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