FreizeitFreie Bahn für Isar-Gaudi

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Frische Bohlen für die anstehende Saison: Die Floßgasse am Kraftwerk Höllriegelskreuth ist für die neue Saison ebenso erneuert worden wie die anderen Floßrutschen an der Isar.
Frische Bohlen für die anstehende Saison: Die Floßgasse am Kraftwerk Höllriegelskreuth ist für die neue Saison ebenso erneuert worden wie die anderen Floßrutschen an der Isar. (Foto: Claus Schunk)

Rechtzeitig zu Saisonbeginn sind die Floßrutschen an den Kraftwerken zwischen Wolfratshausen und München-Thalkirchen überprüft und ausgebessert. Damit steht dem beliebten Freizeitvergnügen auf den 18 Tonnen schweren Gefährten nichts mehr im Wege.

Von Iris Hilberth, Straßlach-Dingharting

Auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen in der Frühlingssonne kann man sich Anfang April noch getrost im Biergarten des Gasthauses zur Mühle an die warme Hauswand lehnen, in Richtung Isarkanal in den wolkenlosen Himmel blinzeln oder einer Wasseramsel zuschauen, wie sie auf einem Treibholz vor der Floßrutsche das Gleichgewicht sucht. Nur wenig Isarwasser plätschert derzeit bei Straßlach die abschüssige Gasse herunter. Doch schon bald werden wieder die Flöße hinab donnern.  Am 1. Mai beginnt die Saison. Dann ist es vorbei mit der Ruhe.

An keiner Stelle der Isar zwischen Wolfratshausen und München-Thalkirchen ist die Fahrt so spektakulär und mit derart viel Geschrei verbunden wie im Mühltal, wo nach 17 Metern Gefälle unterhalb des Kraftwerks Kanal und Fluss wieder zusammentreffen. Wo Radfahrer und Spaziergänger sich auf den Brücken drängen, um sich darüber zu amüsieren, dass die Leute auf den Flößen bei Tempo 40 nass gespritzt werden. Damit das aber das einzige, einkalkulierte Missgeschick bleibt, dass einem auf einer solch rasanten Talfahrt widerfahren kann, überprüft der Kraftwerkbetreiber Uniper regelmäßig sämtliche Floßgassen auf dieser Freizeitroute und bessert diese bei Bedarf aus.

Denn wer die Wasserkraftwerke zur Stromgewinnung an der Isar betreibt, ist seit jeher auch dafür zuständig, dass die Flöße auf ihrer Fahrt durch diese nicht eingeschränkt werden. Längst werden zwar keine Waren mehr auf dem Fluss transportiert, doch als Freizeitvergnügen haben sich die Floßfahrten seit vielen Jahrzehnten etabliert. Auch für die anstehende Saison, die bis 14. September dauert, sind die Flößer Josef Seitner und Michi Angermeier aus Wolfratshausen als Anbieter vor allem an den Wochenenden gut gebucht.

Das zumindest bestätigen beide bei der Begutachtung der Floßrutschen am Donnerstag, die gemeinsam mit den Kraftwerksbetreibern und der Aufsicht des Landratsamts München stattfindet. Laut Uniper sind im vergangenen Jahr fast 700 Flöße mit mehreren tausend Menschen – inklusive Brotzeit und Musikkapelle – die Isar heruntergefahren. Veranstalter Seitner spricht von sechs bis sieben, am Wochenende auch zwölf pro Tag, sein Konkurrent Angermeier sagt: „Früher haben wir Besoffene gefahren, jetzt interessieren sich auch viele andere für die Floßfahrt.“  Start ist immer morgens um neun im Fünf-Minuten-Takt. Das Geschäft brummt.

Im Gasthaus zur Mühle, das neben Europas längster Floßgasse liegt, wird bald wieder Trubel herrschen, wenn die Flöße hier vorbeikommen.
Im Gasthaus zur Mühle, das neben Europas längster Floßgasse liegt, wird bald wieder Trubel herrschen, wenn die Flöße hier vorbeikommen. (Foto: Claus Schunk)

An den Floßgassen in Pullach und Baierbrunn und im Mühltal sieht man deutlich die ausgebesserten Bereiche: Helles Holz leuchtet zwischen den älteren Bohlen. „Tannenholz hat sich im Wasser als besonders haltbar erwiesen“, sagt Reinhard Obermeier, Fachexperte Bau bei Uniper. 17 Kubikmeter wurden neu eingebaut. Die alten, vergammelten Hölzer lagern noch neben den Rutschen. Sie sollen zu Hackschnitzel verarbeitet und verbrannt werden. Aber auch Äste und herausstehende Nägel wurden zur Sicherheit entfernt. Außerdem hat der Kraftwerksbetreiber an der Wehranlage Icking 18 800 Kubikmeter Kies aus der Isar oberhalb der Anlage gebaggert und die Steine unterhalb des Wehrs dem Fluss als „Geschiebezuschlag“ wieder zurückgegeben.

Am Wehr in Icking hat Uniper 18 800 Kubikmeter Kies ausgebaggert.
Am Wehr in Icking hat Uniper 18 800 Kubikmeter Kies ausgebaggert. (Foto: Claus Schunk)

An den Anlegestellen Pullach, Höllriegelskreuth und Mühltal wurden die sogenannten Streichbäume erneuert. Das sind mächtige Holzstämme, die über Ketten gesichert parallel zum Ufer im Wasser liegen. Sie ermöglichen den Flößern, im spitzen Winkel ans Ufer zu fahren und so langsam abgebremst zu werden. Insgesamt, so Uniper-Sprecher Theodoros Reumschüssel, sei diesmal nicht so viel zu reparieren gewesen wie in anderen Jahren zuvor. Er beziffert die Investition auf 50 00 Euro und den Arbeitsaufwand auf 230 Stunden.

Den Kraftwerksbetreiber gehen 80 000 Kilowattstunden Strom verloren

Doch auch die Floßfahrten selbst kosten Uniper einiges. Indem nämlich die Floßgassen gespült werden, wenn die Gefährte dort abfahren, verliert der Kraftwerksbetreiber bei 700 Flößen im Jahr eignen Angaben zufolge etwa 80 000 Kilowattstunden an erzeugtem Strom, da rund zehn Kubikmeter Wasser in der Sekunde nicht über die Turbinen laufen, sondern für den Transport der Flöße durch die Floßgasse genutzt werden.

Allerdings müssen die Flößer im Gegenzug eine Gebühr für das Passieren der Wehre entrichten. Längst können sie selbst bei der Ankunft per Fernbedienung die Schleuse öffnen. Früher brauchte der Kraftwerksbetreiber dazu einen Mitarbeiter, der die Mechanik händisch bediente. Wäre das heute noch so, hätte das zumindest den Vorteil, dass jemand auch die Schlauchbootfahrer im Blick hätte. Denn obwohl diese die für sie gefährlichen Wehre eigentlich zu Fuß umgehen und ihre Boote tragen müssen, versuchen es immer wieder welche, hinter den Flößen die geöffneten Rutschen herunterzufahren. „Das ist sehr gefährlich“, warnt Kraftwerksmeister Thorsten Wendt.

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Vor allem die am Ende der Floßgasse eingebauten sogenannten Floßfedern – herausstehende, ungehobelte Fichtenstämme, die das Floß nach der Abfahrt bremsen sollen – sind für Schlauchboote ein großes Risiko. „Mir sind mal zwei Schlauchbootfahrer unterhalb der Rutsche unter das Floß geraten“, berichtet Flößer Seitner. Immerhin ist so ein Floß 18 Meter lang, sieben Meter breit und bis zu 18 Tonnen schwer. Die beiden hatten Glück und diesen Tauchgang unbeschadet überstanden.

Es komme immer wieder vor, dass die Bootfahrer Verbotsschilder ignorierten und auf Zurufe mit dem Mittelfinger reagierten, sagt Kraftwerksmeister Wendt. Floßrutschen seien eben nur für Flöße. „Viele Bootsfahrer sind vernünftig, manche leider nicht.“

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