Meine Woche:Steckerlfisch und Red Kilau

Meine Woche: Sandra und Willi Kerschbaum betreiben das Geschäft "Fischdelikatessen Schrank" in Grünwald.

Sandra und Willi Kerschbaum betreiben das Geschäft "Fischdelikatessen Schrank" in Grünwald.

(Foto: Claus Schunk)

Sandra und Willi Kerschbaum probieren am Aschermittwoch etwas Neues aus.

Von Anna Lea Jakobs, Grünwald

Jeden Morgen füllen Willi und Sandra Kerschbaum 180 Kilogramm Eis in die Theke, bevor der Fisch darauf platziert und etikettiert wird. Um halb acht klopft dann der Fischlieferant an das Fenster ihres Grünwalder Geschäfts "Fischdelikatessen Schrank" und bringt, was sie bestellt haben. Am Mittag steht Willi Kerschbaum vor dem Herd, bereitet Backfisch mit Kartoffeln oder andere Fischgerichte in der offenen Küche zu. Die Kunden setzen sich dann oft an die Bar, um ihm zuzuschauen. Hin und wieder klingelt das Telefon, Bestellungen von Kabeljau, Lachs und Seeteufel trudeln ein. Das Ehepaar Kerschbaum hat aber auch schon extravagantere Wünsche erlebt. Katzenhai, Kapitänsfisch und Rochenflügel - das gab es alles schon in dem Fischgeschäft in der Grünwalder Schlosspassage.

Für den kommenden Aschermittwoch haben sich Willi und Sandra Kerschbaum auf etwas weniger Ausgefallenes geeinigt: Steckerlfisch mit Breze. Dafür stehen schon kleine Schilder auf der Theke, die auf das Aschermittwoch-Angebot aufmerksam machen sollen. Vergangenes Jahr kamen viele Kunden an dem ersten Tag der Fastenzeit vorbei, diesmal sind sie sich da nicht so sicher. "Komischerweise sind noch nicht wirklich Bestellungen für den Aschermittwoch eingegangen", erzählt Willi Kerschbaum. Er vermutet, dass viele Kunden womöglich in den Urlaub fahren werden, weil das jetzt wieder einfacher möglich ist.

Die Kerschbaums sind darüber eigentlich ganz erleichtert. Denn abends wollen sie für sich Fisch kochen: Red Kilau aus dem Amazonas, einer der größten Süßwasserfische. "Ein schwerer Newcomer", sagt Willi Kerschbaum. Den will das Ehepaar erst einmal selbst probieren, bevor es ihn ins Sortiment aufnimmt. Doch zuerst müssen die Ladenflächen geputzt, das Eis aus der Ladentheke gehoben und der Fisch verstaut werden. Normalerweise dauern die Aufräumarbeiten bis etwa 21 Uhr abends, bevor sie die Tür ihres Fischgeschäfts abschließen können. An Tagen, an denen viel los ist, kann es auch etwas später werden. Um die Weihnachtstage herum etwa, da haben Willi und Sandra Kerschbaum zuletzt regelmäßig nur fünf Stunden geschlafen. In einem Wohnmobil, das sie in die Nähe ihres Fischgeschäfts stellten. Denn damals mussten sie 50 bis 60 fürs Weihnachtsfest bestellte Hummer kochen, halbieren, und einpacken.

Eigentlich besaß Willi Kerschbaum ein Umzugsunternehmen, bevor seine Frau im Juni 2019 beschloss, den Laden in der Schlosspassage von seinen alten Besitzern zu übernehmen. Sandra Kerschbaum arbeitete zuvor viele Jahre in einem Fischgeschäft am Viktualienmarkt. "Ohne Fischerfahrung geht's nicht", betont sie. Schnell wurde klar, dass sie das Geschäft alleine nicht schafft. Mutter und Schwester von Willi Kerschbaum sprangen ein; er selbst verkaufte seine Firma, um hinter der Theke und am Herd stehen zu können. Als sich Monate nach der Eröffnung die Corona-Pandemie ausbreitete, bildeten sich Schlangen von wartenden Kunden auf dem Vorplatz. Die Restaurants waren geschlossen und die Nachfrage nach Fisch explodierte, denn den konnten die Kunden zuhause zubereiten.

Das Ehepaar versucht, in solchen Situationen den Stress nicht an sich heranzulassen. "Bei uns ist es immer lustig, keiner geht hier grantig raus", sagt Sandra Kerschbaum. Dann winkt sie einer vorbeigehenden Menschengruppe freudig zu. In der Schlosspassage kennen sie und ihr Ehemann so gut wie jeden. Ein paar Läden weiter sitzt Sandra Kerschbaums Mutter in ihrem Gemüsegeschäft; hin und wieder rennt der Sohn des italienischen Wirts von nebenan mit einem leeren Glas herein und fragt nach Kapern. "Sie brauchen Kapern, wir brauchen Semmeln, ganz einfach!", sagt die Fischladenbesitzerin lachend.

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