Süddeutsche Zeitung

Finanzen:Der Landkreis ist so reich wie nie

Das Steueraufkommen erreicht einen neuen Rekordwert. Der Kämmerer rechnet mit einer Umlagekraft von 1,2 Milliarden Euro. Am Dienstag beginnen die Beratungen über den Kreishaushalt

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Die noch amtierenden Kreisräte werden sich in ihren vorerst letzten Verhandlungen über den Kreishaushalt erneut vor der Kommunalwahl am 15. März mit Rekordzahlen befassen. Der Fokus in den Etatberatungen, die an diesem Dienstag, 5. November, von 14 Uhr an im Landratsamt am Mariahilfplatz beginnen, wird dabei wieder auf zwei Kennzahlen liegen: zum einen auf der Umlagekraft, also den Kennzahlen des Steueraufkommens, sowie der Kreisumlage, den Zahlungen der 29 Städte und Gemeinden an den Landkreis München zur Finanzierung des Kreishaushalts.

Bereits jetzt steht fest, dass die Umlagekraft des bevölkerungsreichsten Landkreises im Freistaat nach einer kleinen Delle im laufenden Jahr wieder auf einen Rekordwert klettern wird: Kreiskämmerer Markus Kasper geht in seinem ersten Haushaltsentwurf davon aus, dass die weiter sprudelnden Steuereinnahmen die Umlagekraft im Jahr 2020 auf mehr als 1,2 Milliarden Euro werden anwachsen lassen. Vor allem die Gewerbesteuer hat mit einem Gesamtanteil an der Umlagekraft von mehr als 60 Prozent den Hauptanteil an dieser Entwicklung - von einem konjunkturellen Einbruch kann den Schätzungen Kaspers zufolge keine Rede sein; die Wirtschaft im Landkreis scheint vielmehr weiter an Fahrt zuzulegen. Vor allem den ohnehin wirtschaftsstarken Gemeinden Gräfelfing, Unterföhring sowie Ismaning sagt der Kreiskämmerer eine deutliche Steigerung bei der Umlagekraft vorher. In Gräfelfing dürfte diese bei nahezu 60 Millionen Euro liegen, in Unterföhring sind es mehr als 30 Millionen und in Ismaning etwa 25 Millionen Euro. Für Baierbrunn und Feldkirchen erwartet Kasper hingegen einen leichten Rückgang bei der Steuerkraft.

Welche Summen im Landkreis München tatsächlich bewegt werden, zeigt ein Blick in andere oberbayerische Landkreise: In Starnberg wird die Umlagekraft bei etwas mehr als 230 Millionen Euro liegen, in Rosenheim bei 314 Millionen Euro und in Ebersberg lediglich bei etwas mehr als 180 Millionen Euro. Im Vergleich zum laufenden Haushaltsjahr wird die Wirtschafts- und Steuerkraft im Landkreis München um nahezu 19 Prozent zulegen, im gesamten Regierungsbezirk Oberbayern liegt das Plus im Schnitt bei 10,8 Prozent.

Fraglich ist angesichts dieser wirtschaftlichen Prosperität und guten Aussichten, ob die Kreisräte in ihren Etatverhandlungen an der Stellschraube Kreisumlage drehen werden - egal in welche Richtung. Die Finanzverwaltung im Landratsamt spricht zumindest die Empfehlung aus, den Hebesatz bei den aktuell geltenden 48 Prozentpunkten zu belassen und die Kommunen somit nicht weiter zu belasten. Damit orientiert sich die Abteilung von Kämmerer Kasper auch an der Ankündigung der Regierung von Oberbayern, die Bezirksumlage ebenfalls nicht anheben zu wollen und auf dem Stand von 21 Prozentpunkten einzufrieren. Spannend dürfte es in Zeiten des bereits in Fahrt gekommenen Kommunalwahlkampfes zu beobachten sein, wie die Parteien im Kreistag mit dem Reizthema Kreisumlage umgehen werden. Denn Fakt ist: Der Landkreis wird in den kommenden Jahren gewaltige Aufgaben stemmen müssen, die es auch zu finanzieren gilt - von der rückwirkenden Neugestaltung der Finanzierung weiterführender Schulen, die den Kreishaushalt mit etwa 70 Millionen Euro belasten wird, über den Bau neuer Schulen bis zur Neuauflage des Nahverkehrsplans (30 Millionen). Grundsätzlich dürften die wenigesten Kreisräte - vor allem nicht die Bürgermeister unter ihnen - ein großes Interesse daran haben, die Städte und Gemeinden stärker zu belasten.

Denn mit der steigenden Umlagekraft wachsen die Zahlungen, die alle Kommunen zu leisten haben, ohnehin an. Den Hauptanteil an der Kreisumlage wird auch im kommenden Jahr die Gemeinde Grünwald leisten; mit etwas mehr als 111 Millionen Euro zahlt die Isartalgemeinde fast ein Fünftel der gesamten Kreisumlage in Höhe von 577 Millionen Euro. Gräfelfing wird etwas mehr als 60 Millionen Euro an den Kreis abtreten müssen, Unterföhring nahezu 56 Millionen Euro.

Kreiskämmerer Kasper zeigt sich in seinem Vorbericht zu den Etatberatungen erfreut darüber, dass die wirtschaftliche Entwicklung in den Kommunen des Landkreises "sehr homogen" ausfalle. Die Umlagekraft unterstreiche einen "erfreulichen Aufschwung in der Breite".

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Quelle:
SZ vom 04.11.2019
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