Feuerwehrschulen :Retten, löschen, warten

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Wer bei der Feuerwehr aufsteigen will, braucht Lehrgänge - die gibt es etwa bei der Staatlichen Feuerwehrschule in Geretsried, allerdings oftmals nur nach langer Wartezeit. (Foto: Manfred Neubauer)

An den Feuerwehrschulen in Bayern fehlen Ausbildungsplätze. Das bekommen auch Einsatzkräfte aus dem Münchner Umland zu spüren. Im Landkreis München könnte daher jetzt ein eigenes Schulungszentrum entstehen.

Von Sabine Wejsada, Landkreis München

Im Notfall muss es schnell und geordnet zugehen: Wenn die Feuerwehr zu einem Einsatz gerufen wird, zählt jede Minute und alle alarmierten Kräfte müssen wissen, wo ihr Platz und was zu tun ist. Das lernen die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren in Lehrgängen und Kursen und bei regelmäßigen Übungen, an denen auch Einsatzkräfte anderer Blaulichtorganisationen beteiligt sind.

Allerdings kann es in Bayern dauern, bis Feuerwehrleute umfassend ausgebildet und wirklich einsatztauglich sind. Denn einen Ausbildungsplatz an einer der drei bestehenden Feuerwehrschulen in Geretsried (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen), Regensburg oder Würzburg zu bekommen, gestaltet sich seit geraumer Zeit schwierig. Die Einrichtungen sind an ihren Grenzen gelangt, die Wartezeiten auf einen Lehrgang lang. Ein Platz zum Lernen komme einem „Sechser im Lotto“ gleich, kritisieren die beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Claudia Köhler und Markus Büchler aus dem Landkreis München. Nur ein Drittel der Interessenten erhalte eine schnelle Zusage. Die beiden Abgeordneten fordern daher mehr Ausbildungsplätze für die Einsatzkräfte im Münchner Umland.

Aus der Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Landtags-Grünen geht hervor, dass zwischen dem Bedarf der bayerischen Feuerwehren und dem Angebot der staatlichen Feuerwehrschulen ein riesiges Missverhältnis herrscht. Allein an der Einrichtung in Geretsried wollten demnach mehr als 10 000 Feuerwehrleute aus Oberbayern an Lehrgängen teilnehmen, nur 3700 können laut Köhler jedoch einen Platz bekommen. Allein im Landkreis München gibt es insgesamt 45 Freiwillige Feuerwehren und acht Werkfeuerwehren. Diese rückten nach den Zahlen der Kreisbrandinspektion im vergangenen Jahr zu 13 500 Einsätzen aus.

Wenn es der Freistaat schon nicht schaffe, die Feuerwehrschulen so auszubauen, dass alle Ehrenamtlichen zeitnah die erforderlichen Kurse bekämen, dann müsse er zumindest die Landkreise und kreisfreien Städte in ihrem Bemühen, die Ausbildung ihrer Feuerwehren selbst in die Hand zu nehmen, unterstützen, findet die Grünen-Abgeordnete aus Unterhaching und fordert: „Für neue Standortschulen muss die Staatsregierung Geld rüberwachsen lassen.“ Schließlich handele es sich um Sicherheitsbelange, die nicht verhandelbar seien. Mit einer besseren finanziellen Ausstattung durch den Freistaat könnten die Landkreise zumindest eigene Formate und Standortschulungen anbieten.

17 Millionen Euro veranschlagt der Landkreis München für ein eigenes Ausbildungszentrum

Im Landkreis München gibt es seit Jahren Bemühungen, die Feuerwehren außerhalb der bestehenden Schulen auszubilden. Im Haushalt 2025 sind für ein eigenes Ausbildungszentrum 17 Millionen Euro veranschlagt. Über den möglichen Standort schweigen die Verantwortlichen im Landkreis. Laut einer Sprecherin des Landratsamts ist vorgesehen, dass der nötige Grundstückskauf in diesem Jahr über die Bühne geht.

Kreisbrandrat Harald Stoiber befürwortet die Pläne. Der Landkreis München unterhält seinen Worten zufolge bereits seit 1972 eine eigene Ausbildungsstätte, das Katastrophenschutzzentrum in Haar. Schon damals habe es einen Mangel an Kursplätzen gegeben. Dass nun eine Art Feuerwehrschule light geplant ist, hält der Kreisbrandrat für sinnvoll. „Wir haben angesichts der Aufgabenfülle einen hohen Verschleiß an Führungskräften“, sagt Stoiber. Nachfolger von ausscheidenden Kommandanten benötigten entsprechende Lehrgänge, zur Verfügung stünden allerdings nur Plätze für 26 bis 27 Prozent.

Kreisbrandrat Harald Stoiber befürwortet die Pläne für ein eigenes Schulungszentrum im Landkreis München. (Foto: Claus Schunk)

Laut Gesetz müssen neu gewählte Kommandanten sowie ihre Stellvertreter und auch Gruppen- und Zugführer innerhalb eines Jahres die erforderlichen Zusatzausbildungen absolvieren. Oft aber scheitere dies an freien Kursplätzen in den staatlichen Feuerwehrschulen. Stoiber spricht sich daher für Änderungen aus: „Ein- oder Zweitagesschulungen, wo es nur einen Lehrsaal und einen Beamer braucht, könnten auch woanders stattfinden.“ Statt in den drei Schulen etwa auf Ortsebene in den Gemeinden. Auf diese Weise würden Kapazitäten frei.

Menschen in Notlagen erwarteten „maximale Kompetenz“, weiß der Kreisbrandrat, dafür aber müssten die Kolleginnen und Kollegen „maximal ausgebildet“ sein. Dass Landkreise, Städte und Gemeinden eigene Kompetenzzentren einrichten, sei also ein logischer Schritt. Dabei solle der Freistaat die Kommunen finanziell unterstützen. Schon heute biete der Landkreis München 70 Kursformate an. Doch auf die Führungslehrgänge nach der Grundausbildung müssten die Kameraden lange warten.

Schulungen in Wohnortnähe haben nach Ansicht der beiden Grünen-Landtagsabgeordneten Büchler und Köhler auch einen weiteren Vorteil: Aufgrund starker beruflicher Belastung seien nicht alle ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleute darauf erpicht, in ihrer Freizeit lange Wochen an entfernten Feuerwehrschulen zu verbringen.

Beim Landesfeuerwehrverband in Unterschleißheim kennt man das Problem mit den langen Wartezeiten an den Feuerwehrschulen – und nimmt den Freistaat in Schutz. Nach den Worten von Jürgen Weiß, dem Referenten für Facharbeit, bemüht sich der Freistaat sehr wohl, die Kapazitäten der bestehenden Schulen auszubauen und gleichzeitig in Ausbildungsstätten in Landkreisen und Städten zu investieren. Allerdings könne an den Lehranstalten in Geretsried, Regensburg und Würzburg, wo rund 200 Feuerwehrbedienstete Unterricht hielten, aktuell wegen Krankheit, Elternzeit oder Teilzeit-Vereinbarungen das Kursangebot nicht zu 100 Prozent abgedeckt werden.

Nicht jeder Wunsch könne erfüllt werden, heißt es vom Landesfeuerwehrverband

Laut Weiß müsse aber auch der „Lehrgangsbedarf“ der einzelnen Feuerwehren hinterfragt werden. Nicht jeder Wunsch eines Kommandanten könne erfüllt werden, „auch wenn Bildung niemals schadet“ und es verständlich sei, wenn Kommandanten mehr Funktionsträger für ihre Truppe wollten. Verfüge eine Feuerwehr aber bereits über die vorgeschriebene Anzahl an Gruppenführern, die eine entsprechende Ausbildung absolviert hätten, brauche es nicht zwingend weitere. „Bei 7500 Freiwilligen Feuerwehren würde das den Rahmen sprengen“, so der Fachreferent.

Dass die Aus- und Fortbildung dezentral in Kreisen und Städten stattfinden, begrüßt der Landesfeuerwehrverband aber grundsätzlich. Auch der Kreisbrandrat Harald Stoiber sieht darin Vorteile. Köhler und Büchler beurteilen derartige Modelle ebenfalls als positiv, vorausgesetzt die Kosten blieben nicht an den Landkreisen hängen. Und: „Wir brauchen für die Zukunft dringend Jugendwarte sowie Ausbilder und Ausbilderinnen, um langfristig die Einsatzbereitschaft zu gewährleisten.“ Doch ausgerechnet bei den Kursen zu elementaren Führungs- und Technikfertigkeiten sei die Quote an den Schulen bayernweit fatalerweise besonders niedrig.

Zudem müssen laut den Grünen-Politikern weiterführende Formate für die Ausbildung von Führungskräften entwickelt werden, etwa für Zug- und Gruppenführer. Denn in den nächsten Jahren würden Zehntausende Feuerwehrleute in den Ruhestand gehen. Diese drohende Lücke müsse bereits jetzt mit engagiertem Nachwuchs geschlossen werden.

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