Festtagsbraten:Den Weihnachter gibt's zum Zwölfeläuten

Einfach nur Wiener oder Weißwürste an Heiligabend? Ernährungsberaterin Johanna Heigl aus Grasbrunn bereitet für die SZ etwas Besseres zu: ein gefülltes Wammerl, das an die Mettensau früherer Zeit erinnert und es locker mit Ente und Gans aufnehmen kann

Von Michael Morosow, Grasbrunn

Die "Mettensau" kennt heute kaum noch jemand. Dabei war sie auf dem Land über Jahrhunderte fester Bestandteil des Weihnachtsfestes. Das Schwein wurde besonders nahrhaft gemästet, am Thomastag (21. Dezember) geschlachtet und am Heiligen Abend nach der Christmette als Festbraten serviert, Mettsuppe sowie Leber- und Blutwürste wurden im christlichen Sinne an die Armen verteilt. Der "Weihnachter", wie man das Schlachtschwein auch nannte, sättigte die Bauersleut', Knechte und Mägde und das halbe Dorf auf das Beste, war es doch damals, als Fleisch eine rare Delikatesse war, von besonderer Güte, wenn die Sau eine dicke Fettschicht unter der Speckschwarte hatte. "Jeder Bauer, der was auf sich gehalten hat, hatte eine Mettensau", weiß der Unterhachinger Heimatpfleger Günter Staudter. Heute stehen auf dem Speiseplan für Heiligabend warme Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat oder Weißwürste und Brezn und wird in jedem zweiten Haushalt am ersten Weihnachtsfeiertag Gans oder Ente aufgetischt. Schweinsbraten unter dem Christbaum scheint Schnee von gestern zu sein.

Nicht ganz. "Die dicke Fettschicht wurde weggezüchtet, weil die Leute sie nicht mögen", sagt Johanna Heigl, öffnet das Bratrohr und verrührt den dunklen Bratensatz, der sich am Boden der Bratreine gebildet hat, mit wenig heißem Wasser. Heigl ist langjährige stellvertretende Kreisbäuerin und beim Bayerischen Bauernverband (BBV) als Ernährungsfachfrau gelistet, in dessen Auftrag sie nunmehr Tipps rund um das Schweinefleisch gibt, ihr Rezept für einen gediegenen Festbraten verrät und den Reporter bei der Zubereitung über ihre Schultern schauen lässt.

Grasbrunn, Harthausen, Johanna Heigl und ihr Rezept für ein perfektes Schweinefilet, Foto: Angelika Bardehle

Knusprig, saftig, wohlschmeckend - das Weihnachtsmenü von Johanna Heigl ist zwar kein Klassiker mehr wie in früheren Zeiten, kann aber mit Gans und Ente leicht mithalten.

(Foto: Angelika Bardehle)

Ein Schweinefilet hatte sich der BBV vorgestellt, aber die vier Männer in ihrem Haus, Ehemann Jürgen und ihre drei Söhne, plädierten mehrheitlich für ein gefülltes Wammerl mit Semmelknödel, Kartoffel-Gurken-Salat und Rote Bete - ein bayerischer Klassiker, der es leicht mit Gans und Ente aufnehmen kann. Zum Zwölf-Uhr-Läuten soll der Musterbraten auf dem Tisch stehen, keine große Herausforderung für die Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft.

Früher hatten die Heigls selbst Schweine im Stall stehen und veranstalteten regelmäßig Hausschlachtungen. Weil die Qualität des Fleisches entscheidend ist für das Bratergebnis, würde Johanna Heigl niemals billiges blasses und wässriges Schweinefleisch mit einer weichen Konsistenz, das so genannte PSE-Fleisch, ins Rohr schieben. "Die Fleischqualität ist das A und O", betont sie. Frisches Schweinefleisch sei rosafarbig, habe kaum einen Eigengeruch und gebe bei Druck leicht nach, erklärt die Küchenchefin, die im Rahmen der Aktion "Landfrauen machen Schule" in Kindergärten und Schulen dem Nachwuchs die Landwirtschaft nahe bringt und nach eigenen Worten erschüttert ist, wie wenig viele Kinder von Ackerbau und Viehzucht verstehen und nicht einmal wissen, dass aus dem Getreidekorn das tägliche Brot hergestellt wird. "Die Migrantenkinder wissen das noch, die haben einen anderen Bezug zum Essen", sagt Johanna Heigl.

Grasbrunn, Harthausen, Johanna Heigl und ihr Rezept für ein perfektes Schweinefilet, Foto: Angelika Bardehle

Um halb zwölf hat die Soße bereits die gewünschte Farbe - zum Zwölf-Uhr-Läuten soll der Musterbraten auf dem Tisch stehen.

(Foto: Angelika Bardehle)

Das Wammerl hat sie beim Metzger Karl in Garching erstanden und sich dort auch gleich eine Tasche hinein schneiden lassen, die sie mit derselben Masse füllt, die sie später in Knödelform ins kochende Wasser gleiten lässt. Das Fleisch reibt sie von allen Seiten mit Salz, Pfeffer, Kümmel und Knoblauch ("nicht so viel!") ein und legt es unter Zugabe von etwas Wasser bei 150 Grad zuerst auf der Schwartenseite in die Bratreine, "damit sich später die Schwarte leichter einschneiden lässt", wie sie verrät. Damit die Knödelfüllung in der Tasche bleibt, wird diese mit Rouladennadeln verschlossen. Nach einer halben Stunde wendet Johanna Heigl das Wammerl, schneidet Rauten in die Schwarte und dreht die Hitze auf 200 Grad hoch. Klein geschnitten bräunen jetzt auch grob geschnittene Zwiebel, Karotten und Lauch im Bratgefäß.

Wer wie sie großen Wert auf ausreichend schmackhafte Soße ohne Zugabe von Fertigpulvern legt, für den beginnt die Herausforderung jetzt. Die Kunst einer guten Soße bestehe darin, zu den richtigen Zeitpunkten den Bratensatz unter Zugabe von warmem Wasser zu verrühren, erklärt die Fachfrau. Wer das zu früh macht, bekommt weder Farbe noch Geschmack hin. Wer zu spät kommt, der ärgert sich schwarz. Für Geschmack, Farbe und Bindung sorgt außerdem ein Stück Brotrinde.

Grasbrunn, Harthausen, Johanna Heigl und ihr Rezept für ein perfektes Schweinefilet, Foto: Angelika Bardehle

Mit mit Knödelteig gefülltem Wammerl, Kartoffel-Gurken-Salat und Semmelknödeln knüpft die Ernährungsfachfrau an die Tradition der "Mettensau" an, die einst in ländlichen Regionen traditionell nach der Weihnachtskrippe aufgetischt wurde, als Braten, in Wurstform und als Mettensuppe.

(Foto: Angelika Bardehle)

Es ist halb zwölf, die Schwarte ist schon fast knusprig,die Soße hat bereits die gewünschte Farbe - und die Küche von Johanna Heigl sieht aus wie nach einem Frühjahrsputz. Während der Zeit, die der Braten ohne Betreuung auskommt, kann man Ordnung schaffen, erfährt der darob erstaunte Reporter. Eine ordentliche Arbeitseinteilung stehe ganz oben, lehrt ihn die Köchin und formt mit ihren Händen Semmelknödel aus klassischen Zutaten wie geschnittenen Semmeln, Milch, Eiern, Salz, Pfeffer und Petersilie, wobei sie für zehn Knödel circa acht Eier verwendet, mehr als gewöhnlich, "damit sie lockerer werden".

Damit sich Knödel und Hausfrau nicht auflösen, sollten Anfänger zuerst einen Probeknödel ins siedende Wasser legen. Klassisch und sehr wohlschmeckend ist auch ihr bayerischer Kartoffel-Gurkensalat. Festkochende Erdäpfel sollten es sein, die, in Scheiben geschnitten, Brühe und Essig aufsaugen müssen. Salz, Pfeffer, Zucker und ein wenig scharfer Senf geben den Geschmack, der am Ende, aber wirklich erst am Ende, mit einem Schuss Pflanzenöl verfeinert wird, was dem Salat auch den gewünschten samtigen Glanz verleiht. Die fein geschnittenen Gurken werden, bevor sie ebenfalls in der Salatschüssel landen, gesalzen, damit sie an Feuchtigkeit verlieren und sich nicht vom Rest in der Schüssel isolieren.

Grasbrunn, Harthausen, Johanna Heigl und ihr Rezept für ein perfektes Schweinefilet, Foto: Angelika Bardehle

Als Beilagen zum gefüllten Wammerl gibt es Semmelknödel und Kartoffel-Gurken-Salat.

(Foto: Angelika Bardehle)

Es ist angerichtet, auf die Minute pünktlich zum Zwölfeläuten. Mit einem Elektromesser hat Johanna Heigl das gefüllte Wammerl in Scheiben geschnitten, auf die Teller neben die Semmelknödel gelegt und mit Soße übergossen. Kurz: Es ist ein vorweihnachtliches Festmahl geworden, das es leicht mit Gans und Ente aufnehmen kann. Als sie noch ein Kind war, so die Ernährungsfachfrau, habe es bei ihr zuhause am Hof an Heiligabend Weißwürste gegeben - "das war das schnellste und arbeitsbedingt das einfachste", erinnert sie sich. Jetzt aber nimmt sie sich die Zeit dafür, zur Freude ihrer Familie. "Der Heilige Abend ist bei uns schon was Besonderes", sagt Johanna Heigl, und stellt dann auch noch selbstgebackene Plätzchen auf den Tisch.

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