Theater:Wer am längsten durchhält, gewinnt

Theater: Dass die Männer in Ober- und Unterzwickelbach ihren gemeinsamen Bürgermeister nach der Länge des Maibaums bestimmen, wollen sich die Frauen im Stück "Die Maibaumwache" nicht mehr gefallen lassen.

Dass die Männer in Ober- und Unterzwickelbach ihren gemeinsamen Bürgermeister nach der Länge des Maibaums bestimmen, wollen sich die Frauen im Stück "Die Maibaumwache" nicht mehr gefallen lassen.

(Foto: Claus Schunk)

Vor drei Jahren hatte der Feldkirchner Theaterverein sein neues Stück fertig einstudiert - dann musste es wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Bei der jetzigen Premiere von "Die Maibaumwache" zeigt sich: Das Stück hat dadurch sogar an Dynamik gewonnen.

Von Anna-Maria Salmen, Feldkirchen

Mitte der 1920er-Jahre ist das hart erkämpfte Frauenwahlrecht schon seit einigen Jahren in Kraft. Bis in die bayerischen Ortschaften Ober- und Unterzwickelbach ist das aber noch nicht durchgedrungen, zumindest haben die Männer es ihren Frauen bisher verheimlicht. Sie bestimmen ihren Bürgermeister nach wie vor lieber auf altbewährte Weise: Wer den längsten Maibaum hat, gewinnt.

Die Berliner Studentin Maria von Sturm, die in ihrer Magisterarbeit die Sitten und Bräuche der Bajuwaren erforscht und dafür in die bayerische Provinz gereist ist, nimmt das verwundert zur Kenntnis: Ob man denn hier noch nie etwas von Emanzipation gehört habe? Von Frauenrecht und Widerstand? Das gebe es auch in Bayern, sagt Kellnerin Lisl Staudinger. "Frauen haben immer Recht und Männer leisten Widerstand." Dieses Verständnis soll sich mithilfe der Berlinerin allerdings entscheidend verändern.

Bereits vor drei Jahren hatte der Feldkirchner Theaterverein das Stück Die Maibaumwache einstudiert. Alles war bereit, sagt die Vorsitzende Gabriele Brandmeier. Doch wenige Tage vor der Premiere im März mussten alle Vorstellungen pandemiebedingt abgesagt werden. "Es war sehr frustrierend. Das Stück hätte damals ja perfekt gepasst." Immerhin sollte in Feldkirchen 2020 ein Maibaum aufgestellt werden, man befand sich in der heißen Phase des Wahlkampfs um das Bürgermeisteramt. Lange habe man gedacht, man könne das Stück vielleicht doch nur einige Wochen später noch zeigen, sagt Brandmeier. Die Bühne blieb bis zum Sommer aufgebaut, bis man schließlich aufgab - vorerst.

Mit mehreren Jahren Verspätung nun dennoch das gleiche Stück zu präsentieren, war der Truppe wichtig, wie Brandmeier erzählt. Man hatte bereits investiert: "Die Kostüme waren da, das aufwendige Bühnenbild war fertig. Das sind ja alles Kosten." Dass damals schon alles einstudiert war, half laut Brandmeier nun auch bei den neuerlichen Proben. "Natürlich musste man den Text neu lernen, aber er war schneller wieder da."

Theater: Die Frauen haben immer Recht, die Männer leisten Widerstand - eine Erkenntnis des Stücks.

Die Frauen haben immer Recht, die Männer leisten Widerstand - eine Erkenntnis des Stücks.

(Foto: Claus Schunk)

Brandmeier merkt nach eigenen Worten, wie gierig die Menschen auf Theater sind. Die ersten Vorstellungen seien schnell ausverkauft gewesen. "Die Leute wollen mal wieder etwas anderes hören als Krieg und Pandemie." Und auch die Schauspieler auf der Bühne zeigten sich sichtlich motiviert, nach der langen Pause waren sie keineswegs aus der Übung. Egal ob bei Raufereien zwischen verfeindeten Dorfbewohnern oder bei Tanzeinlagen mit der mondänen Berlinerin - die Darsteller überzeugten bei der Premiere am Samstagabend mit vollem Körpereinsatz. Die Pandemie hat die Freude am Spiel offensichtlich nicht gemindert.

Szenen, die früher humoriger waren, gehen jetzt mehr ans Herz

Dabei ist das Stück kein einfaches, sagt Regisseur Winfried Frey, der mittlerweile im zehnten Jahr mit den Feldkirchnern zusammenarbeitet. Der Schauspieler hat selbst in der Inszenierung im Komödienstadel eine Rolle übernommen. "In Feldkirchen muss alles auf viel kleinerem Raum funktionieren." Auf der nur einige Meter breiten Bühne mussten etwa drei Gebäude und der lange Maibaum Platz finden.

Während der Spielpause fielen zudem drei Schauspieler aus, die Neubesetzung war laut Frey nicht einfach. Dafür brachten die Neuen auch eine andere Dynamik in das Stück: "Szenen, die früher humoriger waren, gehen jetzt mehr ans Herz." Jeder Darsteller dürfe seine eigenen Ideen für seine Rolle einbringen, "das löst dann oft Kettenreaktionen bei den anderen aus". Das Ergebnis kann sich sehen lassen, findet Frey: "Die Truppe, die in Feldkirchen auf der Bühne steht, leistet Großes."

Der Feldkirchner Theaterverein präsentiert das Stück "Die Maibaumwache" noch an den beiden kommenden Wochenenden. Für die Vorstellungen am Freitag, 17. März, und Samstag, 18. März, sind noch Karten verfügbar. Bis spätestens einen Tag vor der Aufführung sind sie online unter www.theater-feldkirchen.de oder telefonisch von 16 bis 20 Uhr unter 0170/44 14 186 erhältlich. Gespielt wird jeweils um 20 Uhr im Saal der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe in Feldkirchen.

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