Bis vor Kurzem war Michael Schamberger für viele Feldkirchner ein Phantom: Im Zentrum vieler Spekulationen, stellte sich der ehemalige Gastronom, der gemeinsam mit drei weiteren Investoren ein umstrittenes Seniorenheim an der Münchner Straße 22 plant, bislang nie persönlich den vielen offenen Fragen. An diesem Wochenende jedoch war er plötzlich präsent: Unscheinbar in dunkelblau und schwarz gekleidet erschien er zum Bürgerdialog in der Feldkirchner Mehrzweckhalle, erkennbar nur am kleinen Namensschild - und an der großen Menschentraube, die sich um ihn bildete.
Lange wurde in der Gemeinde die Veranstaltung zum Seniorenheim erwartet: Seit vergangenem Sommer ist das Bauvorhaben das bestimmende Thema im Ort, in nahezu jeder Sitzung des Gemeinderats tragen Kritiker ihre Bedenken vor. Bürgermeister Andreas Janson (Unabhängige Wählervereinigung) verwies dabei meist auf den Dialog.
Seit dem Sommer habe die Gemeinde die Planungen nicht mehr vorangetrieben, sagte Janson, lediglich Gutachten etwa zu den Themen Verkehr oder Schattenwurf habe man eingeholt. Die Ergebnisse sowie grundlegende Informationen zum Planungsstand wurden nun auf Plakaten präsentiert: Wie würde das Seniorenheim vom aktuell gültigen Bebauungsplan abweichen? Wie würde es sich auf den Verkehr auswirken? Welche weiteren Schritte stehen im Prozess an? Fragen, die in den vergangenen Monaten immer wieder gestellt wurden und die die Gemeinde nun zu beantworten versuchte.
Ebenso im Fokus standen die vier Investoren. Nicht erst, seitdem kürzlich unter anderem ein dubios wirkendes Geflecht aus Vermögensverwaltungsgesellschaften bekannt wurde, gibt es Zweifel an Michael Schamberger, Sabina Frohwitter, Jürgen Seeber und Joachim H. Während die drei männlichen Projekt-Verantwortlichen vor Ort waren, ließ sich Frohwitter krankheitsbedingt entschuldigen.
Schamberger wird in heftige Diskussionen verwickelt
Besonders Schamberger zeigte sich bemüht, die Vorstellungen der Investorengruppe zu verteidigen. Stets im Zentrum von Besuchergruppen, wurde er in heftige Diskussionen verwickelt. Angesprochen auf die Gerüchte über seine Verbindungen zum Feldkirchner Bürgermeister reagierte Schamberger sichtlich verärgert: "Was bringt mir denn der Kontakt zum Janson? Der Gemeinderat entscheidet", rief er.
"Da geht's aber ab, oder?", fragte ein Mann wenig später, als Schamberger etwas abseits stand, weg vom Gedränge. Der Investor schnaufte lachend. "Dass es mal hitziger wird, ist in Ordnung", sagte er. "Aber ich bin überzeugt, dass hier mehr aufgeklärt werden kann." Er habe durchaus positive Rückmeldungen erhalten, berichtete Schamberger - und betonte immer wieder die Bedeutung des Projekts, das seinen Worten zufolge "das modernste Seniorenzentrum im Münchner Osten" werden soll. "Aber Querulanten gibt es überall."
Damit meint Schamberger wohl in erster Linie die Mitglieder der Bürgerinitiative Pro Feldkirchen, die seit Monaten heftig gegen das Vorhaben protestieren. Martin Steuer, einer von ihnen, stand kurz nach Beginn des Bürgerdialogs vor einem Plakat, auf dem eine Simulation des Schattenwurfs des Baus zu sehen ist. "Mir wird hundeübel, wenn ich das anschaue - nicht als Anwohner, sondern bei dem Gedanken, dass ich selbst da rein müsste." Die Zimmer seien zu klein und zu schattig, so Steuer, ein solches Konzept sei nicht mehr zeitgemäß. "Ich glaube nicht, dass einer der Investoren seine Eltern selbst in dem Heim unterbringen würde." Schamberger widersprach: "Das kann ich nur kopfschüttelnd zurückweisen."
Nicht nur Mitglieder der Bürgerinitiative trieb es in die Mehrzweckhalle. Zahlreiche weitere Menschen besuchten den Dialog, die meisten gehörten der Altersgruppe an, die sich in absehbarer Zeit mit dem Thema Wohnen im Alter beschäftigen müssen. Doch auch zwei jüngere Feldkirchnerinnen, die lieber anonym bleiben möchten, interessierten sich für die Diskussionen. Sie sehen das Projekt kritisch, die Planungen seien überdimensioniert und enthielten keine Grünanlagen. "Es betrifft auch unsere Generation später", sagte eine der beiden. "Ich würde mir im Alter moderne Konzepte wünschen. Es wäre spannend, wenn Feldkirchen sich so etwas traut."
Ähnliche Gedanken treiben viele Feldkirchner um, das zeigte sich an einer Tafel, auf der die Besucher Anregungen aufschreiben konnten: "Unwürdige, zu enge Betreuung" war dort zu lesen, die fehlenden Grünanlagen wurden bemängelt. Auf einem Kärtchen wird der "Mammutbau" kritisiert, ein weiterer Bürger schrieb gar von "irrsinnigen Plänen" des Investors Schamberger. Doch auch andere Meinungen gab es: "Ich bin absolut für das Pflegeheim, es wird seit Jahren dringend benötigt."
Für Bürgermeister Janson war der Dialog eigener Aussage nach eine Gelegenheit, die "vielfältigsten Meinungen zu hören". Die Rückmeldungen der Bürger sollen nun protokolliert, veröffentlicht und im Gemeinderat besprochen werden. "Unsere Aufgabe ist es, einen Kompromiss zu finden, der alle zufriedenstellt. Das wird sicher nicht einfach." Auf dem Weg zu dieser Lösung soll es weitere Dialog-Veranstaltungen geben, kündigte Janson an.