FDP:Ein sozialer und ein grüner Liberaler

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Jörg Scholler und Wolf-Dietrich Großer (von links) stehen im Mittelpunkt des Festabends der FDP an diesem Donnerstag in Oberschleißheim. (Foto: Claus Schunk)

Die FDP würdigt Jörg Scholler und Wolf-Dietrich Großer mit einem Festakt. Der eine machte einst Wahlkampf für Scheel und Genscher, der andere saß mit Hildegard Hamm-Brücher im Landtag.

Von Stefan Galler, Oberschleißheim

Im Bundestagswahlkampf 1976 war es, da fühlte sich Jörg Scholler berufen: "Es stand Spitz auf Knopf, ob die FDP reinkommt, und ich wollte alles dazu beitragen, dass wir kein Zwei-Parteien-Parlament bekommen", erinnert sich der 72 Jahre alte Liberale aus Gräfelfing. Deshalb trat er ein in die Partei von Scheel und Genscher, machte vom Start weg Wahlkampf und freut sich auch 40 Jahre später noch darüber, dass sein Wunsch damals in Erfüllung gegangen ist und die Freien Demokraten wieder einziehen konnten in den Bundestag und Platz nahmen auf der Regierungsbank von Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD).

Es war der Start einer langen und bewegten Parteilaufbahn für Scholler, der sich eher dem sozialliberalen Flügel der Partei zugehörig fühlt. 1979 wurde er Ortsverbandschef in seinem damaligen Wohnort Grünwald, engagierte sich von 1982 an auch bis 2002 mit Unterbrechungen als Kreisverbandsvorsitzender. Seit 1984 sitzt er zudem im Kreistag, von 2004 bis 2014 als Vorsitzender der FDP-Fraktion.

Und seit der letzten Landratswahl 2014 ist Scholler nicht nur Dritter Bürgermeister der Gemeinde Gräfelfing, sondern auch einer von insgesamt fünf Stellvertretern von Landrat Christoph Göbel (CSU). "Es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht Veranstaltungen aus seinem Büro geschickt bekommen, die wir dann unter uns Stellvertretern aufteilen", sagt Scholler. Und so bleiben dem pensionierten früheren Verwaltungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Biochemie nicht viele Ruhepausen.

"Großer war mein Mentor", sagt Scholler

Für sein 40 Jahre andauerndes Engagement in der FDP wird er nun geehrt. Diesen Donnerstag findet im Bürgerzentrum Oberschleißheim ein Festakt statt für Jörg Scholler und den langjährigen Vorsitzenden und heutigen Ehrenvorsitzenden des FDP-Bezirksverbandes, Wolf-Dietrich Großer, der auf 50 Jahre in der Partei zurückblickt. "Großer war mein Mentor", sagt Scholler über den 89 Jahre alten Parteifreund, der mittlerweile im Seniorenheim Augustinum im Münchner Westen lebt und zuletzt nicht bei allerbester Gesundheit war.

"Wir freuen uns, dass er trotz dieser Probleme sein Kommen zugesagt hat", betont der FDP-Kreisvorsitzende Ralph Peter Rauchfuss, der den Geehrten sehr schätzt: "Herr Großer ist eine wichtige Bezugsperson, wenn es um die Verantwortung für den Kreisverband geht", sagt der Haarer, den er "gerne um Rat" frage. Schließlich sei Großer "ein echter Rückhalt".

38 Jahre lang gehörte der Oberschleißheimer dem dortigen Gemeinderat an, er war neun Jahre lang Zweiter Bürgermeister, 32 Jahre lang Kreisrat, 16 Jahre lang Vorsitzender des Bezirksverbands Oberbayern sowie sechs Jahre Kreisvorsitzender. Darüber hinaus saß Großer zwölf Jahre lang, von 1974 bis 1986, im bayerischen Landtag, war unter anderem umweltpolitischer Sprecher der FDP, zu Beginn seines Mandates noch als Fraktionskollege von Hildegard Hamm-Brücher. Der frühere bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil hat einmal über Großer gesagt: "Wäre ihm die FDP öfter gefolgt, hätte es der Grünen vielleicht nicht bedurft." Zeil würdigte den entschiedenen Gegner eines Autobahn-Südrings zudem als "geradlinig, grundsatztreu und loyal".

Auch Rauchfuss' Betrachtung Schollers fällt positiv aus, obwohl sich die beiden zuletzt bei seiner Wiederwahl zum Kreisvorsitzenden nicht gerade als harmonische Einheit präsentiert hatten - Jörg Scholler hatte sich nämlich vehement für den Gegenkandidaten Rochus Kammer ausgesprochen. "Jörg Scholler ist ein verlässlicher und souveräner Parteikollege, der die FDP-Interessen im Kreistag bestens vertritt", sagt Rauchfuss.

Der 72-Jährige betont derweil, worum es ihm bei seiner politischen Tätigkeit geht: "Ich mache das gewiss nicht, um mich bei allen beliebt zu machen. Es geht vielmehr darum, divergierende Interessen auszugleichen und Kompromisse zu schließen. Manchmal kommt man dabei um faule nicht herum." In seiner Zeit als Kreisrat hat Scholler bislang vier Landräte erlebt, sie alle seien darauf aus gewesen, zu vermitteln, betont der Liberale: "Joachim Gillessen war ein Spitzenjurist, Heiner Janik ständig bemüht, alle Grenzen auszugleichen, Johanna Rumschöttel wurde das Leben von der CSU schwer gemacht, die den Verlust des Landratsamtes nicht hinnehmen konnte, und mit Christoph Göbel einen Gräfelfinger als Landrat zu haben, ist sowieso eine tolle Geschichte", sagt der Vater zweier Kinder.

Am Donnerstag nun werden Scholler und Großer von einigen prominenten Liberalen, aber auch von Politikern anderer Parteien gewürdigt, sogar eine Videobotschaft sei in Vorbereitung, sagt Rauchfuss. Mehr will der Kreisvorsitzende nicht verraten, denn: "Wir wollen unsere Jubilare überraschen."

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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