Der ganze Stolz von Maria Leeb sind zwei Bücher, die ihr Yogalehrer Selvarajan Yesudian 1988 noch selbst signiert hat. "Steh auf und sei frei" hat er in sein gleichnamiges Buch geschrieben und eine Strich-Zeichnung dazu gemacht: eine Bergwand, aus der ein Baum wächst, unter dem ein Meditierender sitzt. Seit ihrem ersten Kontakt mit Yoga im Alter von 19 Jahren ist die heute 56-Jährige diesem Lebensstil treu geblieben - unter anderem weil der damals 70-jährige Yesudian sie so beeindruckt hat. Die SZ sprach mit der Yoga- und Meditationslehrerin aus Pullach darüber, wie man es schafft, auch nach der Fastenzeit auf seine Gesundheit zu achten.
SZ: Viele Menschen haben seit Aschermittwoch auf etwas verzichtet - Alkohol, Süßes oder ungesunde Gewohnheiten. Was können sie tun, um nach Ostern nicht in den gewohnten Trott zurückzukehren?
Maria Leeb: Indem sie sich einfach alles wieder erlauben, aber dabei das, was sie durch den Verzicht gelernt haben, einbauen. Das Fasten kann einem ja beispielsweise zeigen, dass man sich ohne Alkohol besser fühlt. Wenn man dann künftig auf sein Gefühl hört, wird man wahrscheinlich weniger oder gar nichts mehr trinken. Aber nicht, weil man im Kopf das Wissen hat, dass es ungesund ist, sondern weil man spürt, was es mit einem macht. Das Wichtigste für ein achtsames Leben ist, sich mit sich selbst zu verbinden und sich zu spüren.
Und das kann man mit Yoga und Meditation erreichen?
Ja, auf jeden Fall. Nehmen Sie allein die Bewegungen und Dehnungen bei den Yoga-Stellungen und das bewusste Atmen, dabei bekommt man ein Gefühl für seinen Körper. Ich sage meinen Schülern immer: Jeder ist ein Individuum und anders als die anderen. Wie man sich fühlt und was gut für einen ist, kann also bei jedem anders sein, da sollte man sich nicht von der allgemeinen Gleichmacherei beeinflussen lassen. Das gilt auch fürs Essen: Was schmeckt mir und was nicht? Das sollte den Ausschlag dafür geben, was man zu sich nimmt und nicht irgendwelche Diät-Theorien und Kalorienzählerei. Natürlich ist es sinnvoll, auf gute Qualität und auf natürliche Nahrungsmittel zu achten.
Viele Menschen, die abnehmen möchten, sind sehr ungeduldig und wollen, dass es möglichst schnell geht.
In meinem Leben hat sich durch Yoga und Meditation sehr viel getan - aber schrittweise. Eine gewisse Geduld sollte man mit sich haben und sich keinen Stress machen. Das sage ich auch meinen ehrgeizigen Schülern - manchmal sind das Manager im Einzelunterricht oder in Firmenseminaren -, dass sie sich spüren lernen während der Übungen und vor allem, bei Zeitmangel, lieber weniger, aber dafür regelmäßig üben sollen. Also eine weiche Disziplin mit sich selbst haben sollen. Sich keinen Leistungsdruck machen. Aber solche Menschen wollen oft am liebsten mit dem Kopfstand beginnen!
Was antworten Sie ihnen?
Es interessiert hier niemanden, was Sie können und was nicht, Sie tun es ganz allein für sich, also machen Sie es so, wie es sich gut anfühlt, wichtig ist, dass die Übungen korrekt ausgeführt werden und dass man den Blick nach innen richtet. Den Kopfstand muss man eben langsam vorbereiten, den sollte man nicht gleich in der ersten Stunde versuchen, auch nicht als athletischer, sportlicher Mensch.
Sie sagen, mit Yoga und Meditation kann man sich innerlich reinigen.
Ja, das ist wie sich unter die Dusche stellen - mit der Ruhe und der inneren Verbindung kann man sich reinigen. Manche Leute haben aber gerade gegen das Zur-Ruhe-Kommen eine Aversion. Sich nicht mehr richtig zu spüren, weil man ständig in Bewegung ist, birgt gewisse Gefahren in sich, wie etwa ein Burn-out! Innehalten, ruhig werden, reinigen, ist der Ausgleich für Stress und Betriebsamkeit. Das bringt Ausgeglichenheit und Kraft für neue Ziele. Natürlich konfrontiert man sich auch mit unverarbeiteten Gefühlen und Situationen, das gehört ja zum Reinigen dazu.
Wie sollte man mit diesen Dingen umgehen?
Das Wichtigste ist, ruhig und tief atmen. Sich einfach genau anschauen, was da in einem passiert. Man spürt vielleicht Wut, Ärger und andere Emotionen. Man empfindet deutlich nicht nur seine Stärken, sondern auch seine Schwächen und entdeckt Seiten an sich, die man nicht so gerne sehen möchte, aber auch die gilt es zu integrieren, denn jeder Mensch trägt Licht und Schatten in sich und das anzuerkennen bedeutet: Ich sehe mich so wie ich bin und kann dadurch auch Verantwortung für mich und mein So-sein übernehmen. Denn sich selbst kann man ändern, die anderen nicht.