Der zweite Lockdown wird immer zäher. Noch immer arbeiten viele Eltern im Home-Office, nebenbei versuchen sie, ihre Kinder im Homeschooling zu unterstützen, ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen. Gleichzeitig darf man Freunde nur eingeschränkt treffen. Wen bringt das nicht an seine Grenzen? Da kommt ein Projekt von Manuela Pietraß, Professorin für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Medienbildung an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg, wie gerufen: "Wir bieten Familien mit digitalen Medien etwa über eine Mediathek mit nützlichen Links oder Expertenvorträgen Hilfe und Unterstützung an", sagt sie.
Das Projekt richtet sich vor allem an Angehörige der Bundeswehr. "Es gibt schwierige familiäre Situationen, etwa wenn ein Elternteil im Auslandseinsatz ist und der andere zeitweise alleinerziehend", sagt die Professorin. Eine Herausforderung sei es auch, wenn mehrere Kinder da sind. In der Pandemie nun konzentriere sich das Projekt stark auf die Hilfe beim Homeschooling. Es entstand durch das Anliegen von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Familien in Belastungssituationen wie dieser zu helfen. Die Beauftragte des Verteidigungsministeriums für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf/Dienst in der Bundeswehr, Sabine Bastek, begleitet das Vorhaben.
Unter dem Titel "Care" ( Concept for Advancement and Reinforcement in Education for Families and Students) setzt Pietraß auf eine Mischung aus Information, Vernetzung und Interaktion mit Hilfe digitaler Medien. In einer Mediathek auf der Homepage des Projekts finden Eltern beispielsweise Links zu Webseiten, die Hilfe beim Homeschooling anbieten. "Wir haben nur Angebote gewählt, bei denen eine fachlich-redaktionelle Qualitätssicherung besteht", sagt die Professorin. So ist dort beispielsweise die Lernplattform "Schule daheim" des Bayerischen Rundfunks genannt, die mit Lehrern zusammenarbeitet.
Außerdem finden sich Links zu sinnvollen Online-Freizeitangeboten. "Das Homeschooling birgt ja zudem die Problematik, dass die Eltern die Kinder nicht nur schulisch unterstützen sollen, sondern auch eine Freizeitgestaltung bieten müssen, weil man andere Familien oder Vereine nicht besuchen kann wie sonst", sagt Pietraß. Daher war die Idee, auch auf qualitativ hochwertige Freizeitangebote hinzuweisen. In der Mediathek finden sich beispielsweise unter der Überschrift "Kreativ Medien machen" vom Institut für Medienpädagogik JFF in München Tipps, wie man selbst etwas Kreatives mit Handy oder Tablet herstellen kann.
Außer Informationen bereitzustellen, ermöglicht das Projekt Eltern, sich über einen Messenger der Bundeswehr zu vernetzen. "Dort können sie sich beispielsweise über technische Probleme beim Homeschooling austauschen und sich mit der Weitergabe nicht mehr benötigter Hardware gegenseitig helfen", sagt Pietraß. Mit Hilfe der bundeswehreigenen sozialen Plattform soll möglichst vermieden werden, dass soziale Daten erhoben und weiterverwendet werden.
Außerdem können Eltern über eine Videokonferenzsoftware Expertenvorträge mit praktischen Tipps zu Themen wie Erziehung, Schule und Mediennutzung ansehen. Im Anschluss dazu können sie den Fachleuten Fragen stellen. Die Vorträge werden jeweils aufgezeichnet und stehen danach in der Mediathek zur Verfügung.
Was Eltern zudem eine große Stütze sein dürfte: Sie können über das Projekt auch Studierende finden, die bereit sind, ihren Kindern online beim Lernen zu helfen. "Das Gute daran ist die Doppelfunktion: Dadurch dass die Studierenden lehren, wie man lernt, lernen sie auch selbst, wie man lernt", sagt die Professorin. Ein Teil der Angebote des Projekts steht ausschließlich Bundeswehrangehörigen zur Verfügung wie etwa die Nachhilfe durch Studierende und die Teilnahme an den Expertenvorträgen per Videokonferenz.
Doch zu den Inhalten in der Mediathek, also etwa den Links zu sinnvollen Freizeitangeboten, hat jeder Zugang. Das könnte auch für alle anderen Eltern eine Bereicherung sein. "Ich freue mich über jeden, der die Seite besucht", sagt die Medienwissenschaftlerin.
Insgesamt ist das Projekt als Konzept angelegt, also eine Art Rahmen, der immer mehr gefüllt wird. Idee ist, das er Hilfe bereitstellt, aber Eltern sich auch durch Selbsthilfe behelfen. Ein großes Anliegen ist Pietraß auch zu erreichen, dass Eltern sich bei der Kinderbetreuung unterstützen. "Dass zum Beispiel eine Mutter ihrem Kind etwas vorliest und andere schalten sich per Videokonferenzsoftware dazu", sagt sie.
Unter normalen Umständen hätte es vermutlich noch etwas gedauert, bis das Projekt begonnen hätte. "Ich bin sehr froh, dass es möglich war, das Projekt in einem dynamisch wachsenden Format jetzt an den Start zu bringen", sagt die Professorin. Rückmeldungen von Eltern, warum sie sich für Angebote des Projekts anmelden, bestätigen sie in dieser Ansicht. "Wir hören immer wieder, dass die Kinder keine Lernmotivation mehr haben. Das ist sehr besorgniserregend", sagt sie.
Die Homepage des Projekts findet sich unter www.unibw.de/medienbildung/care.