Kampf gegen die Wohnungsnot:Rundum-sorglos-Paket für soziale Vermieter

Kampf gegen die Wohnungsnot: Nina Hartmann, Sizar Haj Edress, Benno Gröniger und Susanne Kirchner (von links) vom neuen Verein "Fairmieten".

Nina Hartmann, Sizar Haj Edress, Benno Gröniger und Susanne Kirchner (von links) vom neuen Verein "Fairmieten".

(Foto: Claus Schunk)

Ein neuer Verein aus Oberhaching will Menschen zu einer Bleibe verhelfen, die auf dem Wohnungsmarkt kaum Chancen haben. Dazu nimmt er den Eigentümern alle Risiken ab - es gelten nicht einmal die normalen Kündigungsfristen.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Im Landkreis München eine Wohnung zu finden, ist für alle eine schwierige Aufgabe. Für manche aber ist es ein geradezu unlösbares Problem. Alleinerziehende, Arbeitslose, Geflüchtete und andere sozial schwächer gestellte Menschen haben meist keine oder sehr geringe Chancen auf eine eigene Wohnung, auch wenn die Miete das Jobcenter zahlt. Die Integrationsberaterin Nina Hartmann und die im Helferkreis engagierte Lehrerin Susanne Kirchner aus Oberhaching kennen die Notlage dieser Menschen. Helfen konnten sie bislang kaum. Jetzt haben sie den gemeinnützigen Verein "Fairmieten" gegründet.

Das Prinzip klingt einfach und hat sich bei einem ähnlichen Projekt in der Landeshauptstadt bereits seit fünf Jahren bewährt. Wie der Verein "Münchner Freiwillige - Wir helfen" will auch "Fairmieten" aus Oberhaching als Zwischenmieter den Wohnungsbesitzern die Angst nehmen, an Bedürftige zu vermieten. Das heißt: Der Verein mietet die Wohnungen an und vermietet sie an Hilfsbedürftige weiter. So sei der sichere Geldeingang gewährleistet, denn die Miete zahle der Verein, erläutert Hartmann das Konzept.

"Der Clou daran ist, dass die Vermieter überhaupt kein Risiko haben. Wir haften für den pünktlichen Mieteingang, zahlen die Kaution, übernehmen alle durch die Mietparteien möglicherweise verursachten Schäden", sagt Benno Gröniger, Vorstandsmitglied des Vereins. Sollte der Vermieter das Mietverhältnis beenden wollen, könne er dies, ohne die Kündigungsvorschriften beachten zu müssen. Möglich sei dies, da der Verein als privater Träger der Wohlfahrtspflege als Mieter mit dem Eigentümer einen gewerblichen Mietvertrag abschließen könne.

Der Vermieter kann sich den Mieter aussuchen

"Wir bieten ein Rundum-sorglos-Paket für Vermieter", betont Susanne Kirchner, und hofft, damit auch Wohnungseigentümer zu erreichen, die sich bisher nicht ans Vermieten herangewagt haben. Auch Nina Hartmann, die für die Grünen im Gemeinderat sitzt und Dritte Bürgermeisterin ist, ist überzeugt davon, dass es in der Gemeinde leer stehende Wohnungen und Häuser gibt. "Wir glauben, dass es in Oberhaching ein großes Potenzial an Vermietern gibt, die sich sozial engagieren möchten. Mit uns können sie das risikolos tun", sagt sie. An wen letztlich vermietet werde, bestimme der Wohnungseigentümer.

Entwickelt haben die sieben Gründungsmitglieder des Vereins diese Idee nach eine Anfrage aus dem Landratsamt. Der Münchner Verein war auf der Suche nach passenden Mietern für ein Haus im Landkreis gewesen und hatte sich an die Behörde gewandt, die sich wiederum in den Kommunen umhörte.

Da Hartmann und ihre Mitstreiter einen Notar in ihren Reihen haben, konnten sie relativ schnell einen solchen Verein auch in Oberhaching gründen. "Alle ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder bringen fundierte Berufserfahrung mit und sind größtenteils selbst Vermieter", heißt es in einer Mitteilung von "Fairmieten". Neben dem Finanzbuchhalter Sizar Haj Edress zählt auch Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) zu den Gründungsmitgliedern.

"Unsere Priorität ist im Moment, dass sich Vermieter von unserem Angebot angesprochen fühlen."

Seit Mitte November ist der Verein nun damit beschäftigt, eine Mieterdatenbank aufzubauen und Wohnungen zu suchen. "Unsere Priorität ist im Moment, dass sich Vermieter von unserem Angebot angesprochen fühlen. Jeder kann uns kontaktieren und wir nehmen uns Zeit, den passenden Mieter zu finden", sagt Sizar Haj Edress. "Wichtig ist eine gesicherte Bleibeperspektive", so Nina Hartmann.

Bewerber, die Vermietern vorgestellt werden, müssen einen einwandfreien Leumund haben, ausreichende Sprachfähigkeiten und Kenntnisse über die deutsche Mietkultur. "Sie sollten wissen, wie man bei uns den Müll trennt, dass es Ruhezeiten gibt, regelmäßiges Lüften erwartet wird und dass man sich bei den anderen Mietern im Haus vorstellt, wenn man neu einzieht", sagt Hartmann. Das könne nicht alles vorausgesetzt werden. In Syrien etwa bereiteten Neumieter ein großes Buffet vor und warteten dann auf die Nachbarn.

Um gerade auch auf solche Regeln zu achten, bekommen die Mieter des Vereins Paten zur Seite gestellt. "Einige haben diese bereits über den Helferkreis, die ihnen auch bei Behördengängen helfen", sagt Hartmann. Oberhachinger, die Interesse haben, sich ehrenamtlich in dieser Richtung zu engagieren, seien willkommen. "Sie müssen für das Thema brennen und sich vorstellen können, sich hier einzubringen", sagt Hartmann. Es gebe auch die Möglichkeit, passives Mitglied zu werden.

50 Euro beträgt der Jahresbeitrag. Aus diesen Einnahmen lassen sich noch keine Wohnungen anmieten, zumal der Verein auch die Kaution übernimmt. Daher ist "Fairmieten" auf Spenden angewiesen. Denn als gemeinnütziger Verein erzielt "Fairmieten" keinen Gewinn. Für administrative Aufgaben und Risiken werde lediglich ein kostendeckender Aufschlag kalkuliert.

Weitere Informationen gibt es unter der Telefonnummer 089/83 99 93 42 oder per E-Mail an fairmieten.oberhaching@gmail.com.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: