Haar:Klinik erinnert an ermordete Patienten

Haar: Der Gedenkstein auf dem Gelände des Isar-Amper-Klinikums (im Hintergrund) erinnert an die Ermordung der Psychiatriepatienten im Zuge des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten.

Der Gedenkstein auf dem Gelände des Isar-Amper-Klinikums (im Hintergrund) erinnert an die Ermordung der Psychiatriepatienten im Zuge des Euthanasie-Programms der Nationalsozialisten.

(Foto: Claus Schunk)

Vor 81 Jahren wurden die ersten Patienten aus der Klinik in Haar in die Tötungsanstalten in Grafeneck und Hartheim deportiert.

Die Leitung und Mitarbeiter des Isar-Amper-Klinikums in Haar haben am Montag in einer stillen Gedenkfeier mit Kranzniederlegung der Psychiatriepatienten gedacht, die in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet worden sind. Der Ärztliche Direktor Peter Brieger sagte: "Sie hätten unseren Schutz und unsere Hilfe gebraucht, aber sie sind allein gelassen worden in ihrem Schicksal. Niemand stand an ihrer Seite." Die Gedenkfeier aus Anlass des ersten Patiententransports in eine Tötungsanstalt am 18. Januar 1940 fand aufgrund der coronabedingten Einschränkungen im kleinen Kreis statt.

25 Männer waren an diesem Tag aus der damaligen Heil- und Pflegeanstalt nach Grafeneck deportiert und dort noch am selben Tag umgebracht worden. Die 25 Männer stünden stellvertretend "für über 2000 Patienten, die während der NS-Diktatur von Haar in die Tötungsanstalten Grafeneck und Hartheim deportiert und dort ermordet wurden", sagte Brieger und erinnerte auch an andere Patienten, die durch den sogenannten "Hungerkost-Erlass" des bayerischen Innenministeriums oder durch Vernachlässigung und aktive Tötung starben.

Die 90-jährige Lisa Wanninger hat ihre Tante verloren, die 1941 von Haar nach Hartheim deportiert und ermordet wurde. "Meine Tante Theodoline Diem, genannt Thea, wurde mit 33 Jahren ermordet", wird Wanninger in einer Pressemitteilung des Klinikums zitiert. "Sie hatte eine - heute meist heilbare - Krankheit und passte nicht mehr in die Gemeinschaft der Tüchtigen, der Gesunden, der Andersgläubigen, der Klugen, der ,Übermenschen', der ,Überlegenen'." Diese Gemeinschaft sei krank gewesen, sagt Wanninger, aus vielen Gründen, "krank im Kopf und im Herzen". "Es hat so harmlos angefangen, mit Stolz auf das Vaterland, aufgehört hat es mit Folter und Tod unschuldiger Menschen." Wanninger sagt, eine Gemeinschaft müsse Anderssein zulassen. "Empathie, Mitgefühl kann man auch lernen."

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