Katholische Kirche:„Für mich hat es immer etwas Anziehendes gehabt“

Lesezeit: 3 Min.

Angehende katholische Priester werfen sich bei der Weihe im Freisinger Mariendom vor dem Bischof auf den Boden. Das Bild stammt aus dem Jahr 2017, heuer wird nur Sebastian König geweiht. durch den Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. (Foto: Marco Einfeldt)

Sebastian König studierte Medizin und lebte in einer Beziehung. Dann entschloss er sich, Pfarrer zu werden. An diesem Samstag wird der Taufkirchner zum Priester geweiht, als einziger Kandidat im gesamten Erzbistum München-Freising.

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

An diesem Samstag wird Sebastian König aus Taufkirchen zum Priester geweiht – als einziger Weihekandidat im gesamten Erzbistum München und Freising. Im Interview spricht der 32-Jährige über seinen Weg zum Glauben, seine Erwartungen an die Priesterweihe und sein Leben in der Priester-WG.

SZ: Herr König, am Tag nach Ihrer Priesterweihe feiern Sie Primiz – unter dem Spruch „Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige“. Wieso dieser Vers?

Sebastian König: Diese Bibelstelle verbinde ich mit einem Erweckungserlebnis. Ich war 2012 in den USA und habe bei einem Sozialprojekt in den Ghettos von New York mitgearbeitet, zusammen mit vielen altgedienten Missionaren. Einer von ihnen hat mir eines Abends einen Fünf-Dollar-Schein in die Hand gedrückt. Ich war völlig perplex und wollte ihm das Geld zurückgeben. Doch er hat das abgelehnt und geantwortet: So ist es auch mit dem Glauben – den kann man sich nur schenken lassen.

Und das hat Ihnen die Augen geöffnet?

Ich hatte bis dahin oft das Gefühl: Ich würde gerne glauben, aber ich kann es nicht. Vor allem mit Jesus Christus hatte ich ein Problem und habe mich immer gewundert: Warum geht’s den Christen so um Jesus? Am Morgen nach dem Erlebnis mit dem Fünf-Dollar-Schein bin ich beim Lesen der Bibel dann auf jenen Vers in der Offenbarung des Johannes gestoßen – und das hat mich tief getroffen. Das war eine Art spirituelle Erfahrung, wie wenn plötzlich ein Licht angeht.

Sebastian König stammt aus Taufkirchen, lebt heute im Dachauer Hinterland und tritt demnächst eine Pfarrstelle in Olching an. (Foto: privat)

Ihre Primiz feiern Sie in Ihrem Heimatort Taufkirchen. Was bedeutet Ihnen das?

Sehr viel – und zwar auf drei Ebenen. Erstens, weil mit der Primiz wieder etwas zusammenfindet, nachdem ich in der Jugend eine On-off-Beziehung zu meiner Heimatpfarrei hatte. Zweitens wird dieser Tag für mich ein großes, freudiges Fest mit vielen Bekannten und Freunden, fast wie bei einer Hochzeit. Und drittens, das ist sicher die tiefste Ebene: Die Primiz ist die erste Messe, die ich als Priester feiere. Das wird für mich ein krasser Rollenwechsel, bei dem ich viel Demut verspüre.

Dabei hätte nicht viel gefehlt, und Sie stünden heute nicht am Altar, sondern im weißen Kittel im Krankenhaus. Schließlich haben Sie zunächst sechs Semester Medizin studiert…

Ich habe mit dem Medizinstudium angefangen, obwohl ich schon seit meiner Rückkehr aus den USA die Frage mit mir herumgetragen habe, ob ich Priester werden soll. Ich habe damals auch in einer Beziehung mit meiner damaligen Freundin gelebt, doch zunehmend Unfrieden und eine innere Zerrissenheit verspürt. Im Jahr 2015 habe ich mich dann zu dem Schritt entschieden, meine Beziehung beendet und bin ins Priesterseminar gegangen. Deshalb ist mein Zugang zum Zölibat auch nicht: Ich will Priester werden, deshalb muss ich zölibatär leben. Sondern für mich hat es immer etwas Anziehendes gehabt, für Gott zu leben und in Gott zu leben.

Sie wohnen mit zwei anderen Priestern in einer Wohngemeinschaft. Wie kann man sich da den Alltag vorstellen? Geht es von früh bis spät um tiefreligiöse Fragen?

Wir wohnen zu dritt im Dachauer Hinterland und brechen nach dem morgendlichen stillen Gebet oft schon recht früh zur Arbeit auf. Wir versuchen aber, zumindest einmal am Tag gemeinsam zu essen und alle fünf, sechs Wochen einen gemeinsamen Tag zu verbringen. Unsere Themen sind dabei breit gefächert. Das reicht von Fragen wie „Hey, was predigst du am Sonntag?“ bis dazu, dass wir abends nach einem anstrengenden Tag zusammen vor dem Fernseher sitzen und ein Glas Wein oder Whisky trinken.

Sie haben Ihren Pastoralkurs im Pfarrverband Oberschleißheim absolviert; Ihre erste Kaplanstelle treten Sie im Pfarrverband Esting-Olching an. Zuvor wartet am Sonntag aber noch die Priesterweihe. Mit welchen Erwartungen sehen Sie dem Gottesdienst im Mariendom entgegen?

Für mich ist die Priesterweihe wie eine Tür, die schon seit Längerem offensteht, und durch die ich jetzt hindurchgehe. Ich weiß, es klingt kurios, aber auch wenn ich mich stark binde, fühle ich mich unglaublich frei. Zugleich verspüre ich aber auch eine große Demut. Ich lasse mich in etwas fallen, was ich nicht vollends verstehe.

Am Samstag, 29. Juni, spendet Kardinal Reinhard Marx dem Taufkirchner Diakon Sebastian König die Priesterweihe. Der Gottesdienst im Freisinger Mariendom beginnt um 9 Uhr und wird per Livestream auf www.erzbistum-muenchen.de/stream im Internet übertragen. Tags darauf feiert König von 10 Uhr an in der Pfarrkirche St. Georg in Taufkirchen seine Primiz. Am Sonntag, 7. Juli, folgt dann noch die Nachprimiz in St. Wilhelm in Oberschleißheim.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusPopkultur
:Als Marilyn Manson das Southside ins Chaos stürzte

Bei der Erstauflage des Festivals vor 25 Jahren erleben 25 000 Fans zwei ausgelassene Tage mit Bands wie "Massive Attack", "Blur" oder "Placebo". Doch der letzte Auftritt provoziert einen Bühnensturm.

Von Stefan Galler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: