Bildung:Ein Quantensprung im Unterricht

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In einem der neuen Unterrichtsräume des Erweiterungsbaus, einem sogenannten "XR-Makerspace", stehen den Schülern unter anderem VR-Brillen und 3D-Drucker zur Verfügung. (Foto: Claus Schunk)

Als erste Bildungsstätte in Bayern darf sich die Erich-Kästner-Schule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn "XRXplorer School" nennen - für den vorbildlichen Einsatz von Virtual Reality. Dafür gibt es im neuen Erweiterungsbau eigens zwei spezielle Räume.

Von Patrik Stäbler, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Der nicht gerade einladende Kellerraum wird an diesem Nachmittag beim Rundgang der Festgäste ausgespart. Kein Wunder, schließlich soll es anlässlich der Eröffnung des Erweiterungsbaus der Erich-Kästner-Schule in Höhenkirchen-Siegertsbrunn um eben jenes schmucke Gebäude gehen, das im vergangenen Jahr nördlich des Sportplatzes errichtet wurde. Dabei wäre es aus Gründen des Kontrasts durchaus interessant, auch einen Blick ins Untergeschoss des Schulhauses zu werfen. Denn dort musste unlängst noch eine Klasse der Grund- und Mittelschule unterrichtet werden. Der Grund: Das 1950 erbaute und seither mehrfach erweiterte Gebäude "platzte aus allen Nähten", erinnert sich Rektor Torsten Bergmühl.

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Abhilfe gegen diese Raumnot schafft nun also der zu Schuljahresbeginn bezogene Erweiterungsbau. Er selbst habe diesen "kürzlich und versehentlich" noch als Containerbau bezeichnet, erzählt Bergmühl - worauf ihn der zuständige Architekt sogleich korrigiert habe. "Er hat gesagt: Unser Neubau ist ein Modulbau auf Basis einer Stahlkonstruktion - in etwa so wie das Empire State Building." Acht Klassenzimmer sowie mehrere Nebenräume finden sich in dem zweistöckigen Gebäude mit der Holzfassade. Und: zwei besondere Zimmer, die mit ein entscheidender Grund sind, weshalb an diesem Tag nicht nur die Eröffnung eines "wunderbaren Neubaus" gefeiert wird, so der Rektor. Sondern als erste Bildungsstätte in Bayern erhält die Erich-Kästner-Schule auch die Auszeichnung als "XRXplorer School" für ihren vorbildlichen Einsatz von XR-Technologie im Unterricht.

Mit einer feierlichen Zeremonie und dem Segen der Pfarrer Manuel Kleinhans und Thomas Lotz ist am Freitagnachmittag der Erweiterungsbau in Modulbauweise eingeweiht worden. Im Hintergrund: Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD) und Rektor Torsten Bergmühl. (Foto: Claus Schunk)

Das Kürzel XR steht für Extended Reality - übersetzt: erweiterte Realität. Dieser Oberbegriff umfasst verschiedene Technologien wie Virtual Reality, also das Abtauchen in digitale Welten, meist mittels einer VR-Brille. Oder Augmented Reality, wobei digitale Inhalte über ein Display in die reale Umgebung projiziert werden. Wie derlei Technologien den Unterricht bereichern können, bekommen die Festgäste im Neubau vorgeführt. So kann man an einer Station mittels VR-Brille auf eine Reise durch den menschlichen Körper gehen. In einem anderen Raum wird ein virtuelles Rathaus vorgeführt, wo sich Schülerinnen und Schüler über die Abläufe dort informieren können. Nicht zuletzt sollen die Kinder und Jugendlichen aber selbst mit den neuen Technologien experimentieren. Hierfür steht ihnen einer der beiden angesprochenen Räume zur Verfügung - ein XR-Makerspace. "Das ist eine Art Virtual-Reality-Labor, wo Schülerinnen und Schüler mit VR-Brillen und 3D-Druckern neue, spannende Lernerfahrungen machen können", sagt Torsten Bergmühl. In dem zweiten Raum sollen derweil Lehrkräfte aus ganz Bayern in Sachen XR-Technologie geschult werden.

Wagt den Selbstversuch: Landratsstellvertreter Otto Bußjäger (Freie Wähler) mit einer VR-Brille. (Foto: Claus Schunk)

Der XR-Makerspace "macht aus dem neuen Gebäude eine Zukunftswerkstatt", lobt Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) in ihrer Videobotschaft zur Eröffnung. Ganz analog als Stellvertreter des Landrats anwesend ist dagegen Otto Bußjäger (Freie Wähler), der die technischen Möglichkeiten ungleich plastischer umschreibt. "Sie bringen den Schülern Ägypten, die Steinzeit und den Urwald näher - in einem Raum und in Echtzeit. Das ist ein Quantensprung", sagt Bußjäger. Und Thomas Gehring, der stellvertretende Landtagspräsident und bildungspolitische Sprecher der Grünen, betont: "Die Zeiten des ausnahmslosen Frontalunterrichts sind vorbei. Kinder und Jugendliche müssen selbst aktiv werden."

Unterdessen geht Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD) auf die Historie des Erweiterungsbaus ein - "eine Mammutaufgabe für die Gemeinde". Und eine, die länger dauerte sowie mehr kostete als geplant. Allein für den Bau habe die Gemeinde 4,7 Millionen Euro gezahlt, sagt Konwitschny. "Obwohl es ein Interimsgebäude ist, haben wir an den Standards nicht gespart - vor allem nicht, was die Energieversorgung angeht." Wie lange der Neubau, den die Pfarrer Manuel Kleinhans und Thomas Lotz später noch segnen, in Betrieb sein wird? Das ist offen - ebenso wie die Zukunft des gesamten Schulhauses. Schließlich bedarf dieses einer Sanierung; alternativ erwägt der Gemeinderat einen Abriss samt Neubau - am bisherigen Standort oder auf dem gemeindlichen Grundstück östlich des Gymnasiums. Als Entscheidungsgrundlage für das weitere Vorgehen wird eine Machbarkeitsstudie dienen. Sie soll dem Gemeinderat Ende des Jahres vorgestellt werden.

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