Entscheidung im Gemeinderat:Hohenbrunn baut sich ein Hallenbad

Entscheidung im Gemeinderat: Das Hallenbad in Riemerling ist in die Jahre gekommen. Jetzt soll ein Ersatzbau her, für den die Gemeinde tief in die Tasche greift.

Das Hallenbad in Riemerling ist in die Jahre gekommen. Jetzt soll ein Ersatzbau her, für den die Gemeinde tief in die Tasche greift.

(Foto: Claus Schunk)

Der Gemeinderat beschließt mit der Mehrheit aus CSU, SPD und FDP die Investition von 19,5 Millionen Euro in eine neue Schwimmhalle. Die Gegner des Projekts warnen vor zu hohen Lasten. Sie werfen Bürgermeister Straßmair Verantwortungslosigkeit vor.

Von Stefan Galler, Hohenbrunn

Jimmy Schulz schloss sein Plädoyer mit einem Vergleich: "Wenn wir dieses Schwimmbad beschließen, springen wir vom Zehn-Meter-Brett und nicht vom Beckenrand. Wenn man unten ankommt, ist das ein wunderbares Gefühl", sagte der Hohenbrunner FDP-Gemeinderat.

Nachdem sich das Gremium einige Minuten später tatsächlich mit 13 zu sieben Stimmen für das 19,5 Millionen Euro teure neue Bad plus Zweifachturnhalle, Räume für die Mittagsbetreuung und zusätzliche Sport- und Funktionsräume mit einem Gesamtvolumen von 21,3 Millionen Euro entschieden hatte, nahm Martina Kreder-Strugalla, Gemeinderätin der Grünen, Bezug auf die Ausführungen von Schulz: "Das war ein Sprung vom Zehn-Meter-Turm in ein 50 Zentimeter tiefes Becken."

Erwartet emotional ging es zu am Donnerstagabend bei der gut dreistündigen Sitzung im Feuerwehrhaus. Der Besucherraum war gut gefüllt, zahlreiche Jugendliche in Vereinsshirts der Riemerlinger Haie wollten live mitbekommen, wie die Zukunft für ihren Schwimmklub aussieht - denn diesmal sollte es nach dem Willen von Bürgermeister Stefan Straßmair (CSU) kein Zurück mehr geben: Er strebte eine Entscheidung darüber an, welche der Neubauvarianten für Hallenbad, Turnhalle und Mittagsbetreuung realisiert wird.

Sieben Millionen Euro mehr für die teuerste Variante

Dabei stellte Projektsteuerer Jens-Wilhelm Brand von der Firma Constrata insgesamt sechs Modelle vor mit Gesamtkosten zwischen 19,5 und 26,5 Millionen Euro. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung nahm folgenden Vorschlag auf: 19,5 Millionen Euro für Schwimmbad mit sechs Bahnen und Zweifachturnhalle in verschränkter Bauweise plus 922 000 Euro für den Bau der Mittagsbetreuung und 870 000 Euro für zusätzliche Sport- und Funktionsräume - macht 21,3 Millionen Euro.

Das ist allerdings nur die vorläufige Rechnung, denn bislang ist keinerlei Ausstattung in dieser Prognose enthalten. Auch eine Baupreissteigerung von bis zu 2,5 Prozent müssen die Hohenbrunner einkalkulieren. Und dann kommen da natürlich auch noch enorme jährliche Betriebskosten auf die Gemeinde zu. Wie Thomas Meier, ein Konzeptentwickler für Schwimmbäder von der Firma GMF aus Neuried, dem Gremium vorrechnete, muss man mit einem jährlichen Zuschussbedarf von 750 000 bis einer Million Euro rechnen, alles bereits inklusive Zins, Tilgung, Abschreibungen. Darin enthalten sind Energiekosten im niedrigen sechsstelligen Bereich, 100 000 Euro Reinigungs- und 175 000 Euro Personalkosten, schließlich soll das Bad neun Stunden täglich für die Öffentlichkeit geöffnet sein, in dieser Zeit muss das Becken beaufsichtigt werden, wozu 1,4 Stellen zu besetzen sind. Verrechnet sind unter anderem Einnahmen aus dem Schulbetrieb und dem öffentlichen Betrieb.

Dass die etwa 9000 Einwohner zählende Kommune damit an die Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit stößt, machte die Kommunalaufsicht im Landratsamt in ihrer Plausibilitätsprüfung deutlich. Darin sind als notwendige Investitionen neben Schwimmbad, Turnhalle und Mittagsbetreuung die Erneuerung des Sportcampus, der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs, die Erweiterung des Rathauses, die Sanierung des Feuerwehrhauses sowie gemeindlicher Wohnungsbau explizit aufgeführt. Allerdings kommen die Beamten zu dem Schluss: "Die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde Hohenbrunn erscheint angesichts der geplanten Projekte als gewährleistet."

Schrillende Alarmglocke

Bei einigen Gemeinderäten schrillte bei dieser Formulierung jedoch die Alarmglocke. Martina Kreder-Strugalla hatte Akteneinsicht beim Landratsamt erbeten und stellte fest: "Ich würde diese Stellungnahme insgesamt nicht als Okay interpretieren. Eher als ein: ,Das kann so aufgehen'." Andere Projekte seien damit nicht mehr zu realisieren, wesentlich sinnvoller wäre ihrer Meinung nach ein bescheideneres Bad mit niedrigerer Investitionssumme.

Zudem kritisierte die Grüne, dass die Gemeinde das "Großprojekt an sich gezogen" habe. Zumindest bei der Turnhalle hätte man den Zweckverband beteiligen sollen, sagte Kreder-Strugalla. "Aber dass der Bürgermeister ständig betont hat, wir hätten das im Kreuz, war großspurig und falsch." Widerstand kam auch von der Fraktion der ÜWG-Freie Wähler/Bürgerforum. "Schon das Wörtchen ,erscheint' weicht die Stellungnahme der Kommunalaufsicht erheblich auf", sagte etwa Andreas Schlick vom Bürgerforum, der die Kosten für das Schwimmbad in den nächsten 30 Jahren auf 60 Millionen Euro taxierte: "Bei einer solchen Entscheidung bekomme ich nicht Magenschmerzen, sondern Magengeschwüre." Peter Berger von der ÜWG-FW nannte es gar "verantwortungslos, wie hier die Zukunft geplant wird".

CSU-Fraktionschef Anton Fritzmaier hielt den Argumenten entgegen, dass man über elf Millionen Euro an Rücklagen verfüge und beispielsweise das Muna-Gelände gekauft habe, um es dann als Bauland weiterverwerten zu können. Dies sei geschehen, um solche Investitionen tätigen zu können. Bürgermeister Straßmair unterstrich, dass er trotz der "Plausibilitätsprüfung mit Unschärfen guten Gewissens" zu dem Projekt stehe.

"Wir sind nicht dafür da, Rücklagen zu horten, sondern den Bürgern etwas zu bieten", sagte er. Dazu gehöre auch die Möglichkeit für die Kinder, am Ort schwimmen zu lernen. Letztlich folgten ihm die Fraktionen von CSU und SPD sowie FDP-Gemeinderat Jimmy Schulz.

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