Entgangene Gewerbesteuer:Armes Taufkirchen

Zehn Unternehmen entrichten fälschlich seit Jahren ihre Gewerbesteuer an die Nachbargemeinde Ottobrunn

Von Iris Hilberth, Taufkirchen/Ottobrunn

Taufkirchen hat im Osten des Gemeindegebiets einen Ortsteil, der bislang eher für Verdruss gesorgt hat, als dass er im Rathaus Freude ausgelöst hätte. Liegen der Birkengarten und das Gewerbegebiet rund um die Firmen Airbus und Ikea doch näher an der Bebauung der Nachbargemeinde Ottobrunn als an dem einige Kilometer entfernten Hauptort Taufkirchen. Entsprechend schwer tut man sich jenseits der Autobahn A 8 damit, sich als Taufkirchner zu fühlen. Dass eine solch gefühlte Zugehörigkeit tatsächlich auch finanzielle Auswirkungen haben kann, wurde nun durch Zufall entdeckt. Tatsächlich haben einige dort angesiedelte Firmen einige Jahre in dem irrigen Glauben gewirtschaftet, sie seien Ottobrunner Unternehmen. Daher flossen die Gewerbesteuern auch in die entsprechende Gemeindekasse.

Das wäre vermutlich auch länger nicht weiter aufgefallen, wenn nicht der Gemeinderat von Taufkirchen auf der Suche nach einer Unterkunft für Asylbewerber sich vor einiger Zeit auf den Weg hinüber in das Gewerbegebiet gemacht hätte, um dort die Immobilien auf ihre Tauglichkeit für eine solche Herberge zu überprüfen. In der Lise-Meitner-Straße mussten die Kommunalpolitiker allerdings zu ihrem großen Erstaunen feststellen: Die Gebäude direkt an der Grenze zu Ottobrunn stehen ja gar nicht leer. Im Rathaus allerdings waren keine Firmen unter dieser Adresse gemeldet. Kein Wunder, denn in Taufkirchen gibt es überhaupt keine Lise-Meitner-Straße.

Die örtlichen Verhältnisse an der Stelle, wo Taufkirchen, Ottobrunn und Brunnthal aufeinandertreffen, sind reichlich kompliziert. Zu einer zusätzlichen Verwirrung führt seit geraumer Zeit die Regelung der Postleitzahlen. Denn bis zu Beginn des vergangenen Jahres hatten auch die Taufkirchner in diesem Gebiet praktischerweise eine Ottobrunner Postleitzahl und Postadresse. Das wurde zum 1. Januar 2016 geändert, weil es die Taufkirchner leid waren, dass große Firmen auf ihrer Flur immer den Nachbarn zugeordnet wurden. Finanziell war das zwar alles ordnungsgemäß geregelt, Unternehmen auf Taufkirchner Gebiet zahlten auch ihre Steuern an die richtige Adresse. Es ging in Fällen von Airbus oder dem neuen Ludwig-Bölkow-Campus allein um einen Image-Gewinn für Taufkirchen. Man wollte auch mal international erwähnt werden.

Bei den Unternehmen an der Lise-Meitner-Straße war es nun noch etwas komplizierter. Hier wussten die Firmenchefs offenbar noch nicht einmal, dass sie sich eigentlich auf Taufkirchner Grund befinden. Denn die Grenze zwischen den beiden Gemeinden verläuft exakt in der Mitte der Straße. So sind die Grundstücke auf der östlichen Seite der Lise-Meitner-Straße Ottobrunner Gebiet, westlich allerdings befindet man sich bereits in Taufkirchen.

"Die Straße gehört zu Ottobrunn, die Gebäude zu uns", bestätigt Taufkirchens Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei). Er selbst sei auch erst bei dem Ortstermin auf die komplizierte Lage und die damit verbundenen falsch verbuchten Gewerbesteuer aufmerksam geworden. Insgesamt zehn Firmen seien davon betroffen, "aber man kann den Unternehmen keinen Vorwurf machen", sagt der Bürgermeister. Schließlich gebe es die Adresse Lise-Meitner-Straße in Taufkirchen gar nicht und so käme man als Firmenchef auch nicht auf die Idee nachzufragen. Seine Gemeinde werde die Lise-Meitner-Straße nun widmen.

Für Taufkirchen gibt es dadurch zumindest eine unerwartete kleine Nachzahlung und auch zukünftig ein paar Euro mehr in der Kasse. Schließlich ist die Gemeinde derzeit Schlusslicht bei den Gewerbesteuereinnahmen im Landkreis. Die Fehlbuchung selbst soll Taufkirchen eine fünfstellige Summen für mehrere Jahre bescheren. Eine genaue Summe wollte Sander nicht nennen. Ottobrunn zahlte das Geld an die Firmen zurück, dann müsste das Finanzamt tätig werden, "der Messbescheid läuft noch", sagte Sander. Das Ganze sei aber zwischen den beiden Gemeinden kein großes Thema gewesen. "Wir haben das auf ganz kleiner Flammen abgewickelt", betont Sander.

Weiterhin ein Thema bleiben wird dem Rathauschef allerdings die Änderung der Postleitzahl vor gut einem Jahr in diesem Gebiet und der Ärger damit. Denn noch immer beklagen sich Anwohner über falsch oder nicht zugestellte Sendungen oder Lagerungen im entfernten Taufkirchen statt wie vereinbart im Postamt in Ottobrunn. Sander hat hierzu bei den Betroffenen eine Umfrage veranlasst, die derzeit noch ausgewertet wird. Auch mit dem Image-Gewinn durch dort ansässige Firmen holpert es noch. War man doch im Taufkirchner Rathaus stolz auf den Neubau von Jochen Schweizers Event-Tempel, nun wirbt der Unternehmer mit Jochen-Schweizer-Arena München.

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