Ende der Schulzeit:Abiteuer

Ende der Schulzeit: Manche Absolventen gönnen sich für ihre Abiturfeier auch eine Fahrt mit der Stretchlimousine.

Manche Absolventen gönnen sich für ihre Abiturfeier auch eine Fahrt mit der Stretchlimousine.

(Foto: Niels P. Jørgensen)
  • Die letzte Rechenaufgabe kommt erst nach dem Mathe-Abitur: Bei der Kostenplanung rund um die Abifeier sind zwölf Jahre Algebra durchaus notwendig.
  • Für Garderobe, Friseur und Ball geben Gymnasiums-Absolventen heute viel Geld aus.
  • Auch bei der Auswahl der Feier-Location gibt es einiges zu beachten - Beobachtungen aus dem Landkreis München.

Von Jana Treffler und Trang Dang

Kaum das Abiturzeugnis in der Hand, geht es in der Stretch-Limousine zur exklusiven Venue, wo Eis-Skulpturen und Mehr-Gänge-Menüs warten und Geld keine Rolle spielt. Das ist das Bild, das momentan häufig von den Abschlussfeiern der Abiturienten gezeichnet wird. Doch was kostet es wirklich, das bestandene Abitur zu feiern? Die SZ hat sich von Garching bis Gräfelfing unter Absolventen der Gymnasien im Landkreis München umgehört und die Rechnung gemacht: vom Sektempfang bis zur Aftershow-Party.

Das Outfit

Einmal im Leben aussehen wie ein Filmstar, davon träumen viele. Und sind auch bereit, etwas Kleingeld dafür springen zu lassen. Julia Morkel, Abiturientin aus Garching, erzählt, dass das normale Budget für Schuhe und Kleid bei etwa 500 Euro liege. Das hat auch Mutter Anna Determann aus Aschheim für Tochter Clara ausgegeben. Konkret: 200 Euro für das Ballkleid, 120 Euro für die Schuhe. Für die Mutter ist der Wunsch ihrer Tochter verständlich, bei der Zeugnisverleihung und dem anschließenden Ball wie eine Prinzessin gekleidet sein zu wollen.

In Schale schmeißen sich auch die Jungen: Etwa 300 Euro kostet ein neuer Anzug. Der von der Firmung passt ja nur in den seltensten Fällen noch beim Abitur. 500 Euro hat Vincent von Geldern, Abiturient aus Gräfelfing, für einen Anzug ausgegeben, den er noch nach dem Ball tragen will. Manch einer gebe auch 1000 Euro für einen Anzug und 400 Euro für Schuhe aus, weiß Vincent von Mitschülern. Nach oben hin gebe es keine Grenze.

Bei Maniküre, Pediküre, Make-up und Haaren geht es dann weiter. Do it yourself ist beim Schminken ganz offensichtlich nicht unbedingt Standard. Eine Mitarbeiterin des Friseursalons Christine Hanrieder in Garching bestätigt, dass jedes Jahr zur Abi-Ballzeit viele Abiturientinnen zu ihr kommen - zum Schminken (ab 29 Euro) und Frisieren (ab 30 Euro).

Wer also alle Angebote zum Höchstmaß ausreizt, hat schon um die 600 Euro ausgegeben, bevor die Feier überhaupt begonnen hat. Bei dem Preis sollte es dann schon etwas Einzigartiges sein - und so haben die Abiturientinnen aus Kirchheim extra eine Facebook-Gruppe gegründet, in der jede ihr Kleid postet, damit am Ende nicht zwei im gleichen Kleid über den traditionsmäßigen Laufsteg zur Zeugnisverleihung schreiten.

Das Dinner

Meist wird ein Caterer engagiert, um die nach der langen Zeugnisverleihung knurrenden Mägen zu füllen. Ein Drei-Gänge-Menü ist bei den Abiturbällen im Landkreis mindestens dabei, Kaviar muss es aber nicht unbedingt sein. Woran sich die Geister scheiden, ist die Frage ob Service oder Buffet. Der Abiturjahrgang des Werner-Heisenberg-Gymnasiums in Garching lässt sich das Essen mit Service 12 000 Euro kosten, was pro Person am Ende 25 Euro ausmacht. Die Gräfelfinger geben für das Catering 10 500 Euro aus, macht 21 Euro pro Person. Die Abiturienten vom Gymnasium Neubiberg haben ein Zwei-Gänge-Menü bestellt, allerdings müssen alkoholische Getränke extra bezahlt werden. Getränke werden auch in Gräfelfing extra bezahlt. Dort ist es in früheren Jahren schon vorgekommen, dass der Caterer 2000 Euro als Nachzahlung verlangte, mit der Begründung, es hätten mehr Leute gegessen als vereinbart. Ein Puffer sollte also durchaus mit eingeplant werden.

Die Location

Hier gilt: Der frühe Vogel fängt den Wurm. Wer erst ein halbes Jahr vorher zu suchen beginnt, muss den Abiturball am Ende vielleicht am Grill mit Bier feiern. Glück im Unglück hatten so gesehen die Garchinger Abiturienten. Unter Termindruck und weil ihnen das Ballhausforum im nahen Unterschleißheim mit 9000 Euro Miete zu teuer war, landeten sie als ortsansässiges Gymnasium schließlich mietfrei im Bürgerhaus Garching.

Den Neubibergern ist der Sarah-Palast in Ottobrunn als Gesamtpaket für 24 000 Euro den Preis wert. Aus Traditionsbewusstsein heraus und wegen der Nähe zur Alt-Schule feiern die Gräfelfinger in der Mehrzweckhalle der Gemeinde. Einziges Manko: Freunde der Abiturienten müssen quasi draußen bleiben. Hier dürfen wegen behördlicher Auflagen nur 450 Personen feiern. Dafür sind Hausmeister, Security-Dienst und die Malteser vor Ort. Nach München zieht es dagegen die 42 Schäftlarner samt Familien: ins Künstlerhaus am Lenbachplatz. Abiturientin Emilia Gerhold hat den Abend für 2100 Euro inklusive Nachtzuschlag für ihren Ball gebucht.

Die Party

Die Party ist sozusagen die Kür des Abends. Zwölf Jahre Stillsitzen können jetzt abgeschüttelt werden. Die Liveband, die den Abend begleiten soll, kostet die Abiturienten des Gymnasiums Kirchheim 3000 Euro extra, doch das ist ihnen die gute Stimmung wert. Wenn der offizielle Teil des Abends um Mitternacht vorbei ist, wird bis 4 Uhr auf der Aftershow-Party weiter gefeiert. Für 900 Euro werden die Abiturienten aus Schäftlarn mit guter Musik beschallt, Technik inbegriffen. Bei den Neubibergern sorgen die Abiturienten im Sarah-Palast erst selbst für Musik, ehe die Gäste mit DJ (100 Euro) bei der Aftershow-Party in der für 1700 Euro angemieteten Tanzschule Siebenhüner in Hohenbrunn weiterfeiern werden. Mehr zahlen die Gräfelfinger: Sie leisten sich einen DJ für 150 Euro und leihen sich für 3000 Euro Technik. Allerdings ist hier um 2 Uhr morgens Schicht im Schacht, denn dann ist in der Halle Sperrstunde.

Sonderposten

Zusätzlich zu den Grundkosten des Partyabends kommt noch die ein oder andere Ausgabe, beabsichtigt oder nicht. Wer wirklich stolz ist auf seine Hochschulreife, lässt sich mit der Limousine zur Feier fahren. Michal Kayal vom MK Limousinenservice München-Krailling kann jedes Jahr zur Abiball-Zeit auf seine Stammkunden aus der Holzkirchner Gegend zählen, die sich für 200 Euro vor den Bayerischen Hof chauffieren lassen. Eine Ausgabe, die Mutter Anna Determann allerdings für ein Fest wie die Abiturfeier für unnötig hält. Was auch oft bei der Addition vergessen wird, sind unvorhergesehene Ausgaben wie die Packung Aspirin für drei Euro und die Blasenpflaster zum selben Preis.

Unterm Strich

Unterm Strich zahlen die Abiturienten im Landkreis zwischen 30 und 70 Euro für ihre Abiturballkarte und zwischen 150 und 600 Euro für ihr Outfit. Benedikt Hermann, Geschäftsführer der Münchner Eventagentur Abistars, der bis 2014 mehr als 130 Abiturbälle ausgerichtet hat, ermittelte in einer Umfrage unter seinen Kunden, dass ein Abiturient im Raum München im Schnitt etwa 380 Euro für den gesamten Abend ausgibt. Aber woher kommt das Geld? Die Kosten für den Abiturball erarbeiten sich die Abiturienten meist neben der Schulzeit durch Partys, etwa im Juz in Kirchheim, durch Kuchenverkauf auf Elternabenden oder das Anwerben von Sponsoren. In Gräfelfing verdienen sich die Elftklässler bereits als Helfer auf dem Ball ihrer Vorgänger einen Teil des Budgets. Es ist also nicht der Fall, dass nur die Eltern den Geldbeutel aufmachen müssen. Für den Abiturball ihrer Tochter hatte auch Mutter Determann nicht mehr ausgeben müssen als erwartet.

Meistens sind die 120 Euro für eine Abiturballkarte, der Preis, den man laut Hermann für ein Top-Event, wie es sich viele Abiturienten anfangs vorstellen, rechnen müsste, nicht drin. Aus Sicht von Emilia Gerhold aus Schäftlarn wären bei 120 Euro pro Karte manche Schüler und ihre Eltern ausgeschlossen. Eventmanager Hermann hat bei seiner Arbeit beobachtet, dass die jungen Erwachsenen letztendlich immer solidarisch entscheiden und nicht die teuerste Option wählen, um Mitschüler, die dabei nicht mithalten können, nicht auszuschließen.

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