Ende der Amtszeit:"Pionierarbeit geleistet"

Neubiberg, Günter Heyland, Porträt zum Abschied, Foto: Angelika Bardehle

Hat seinen Abgang aus dem Rathaus selbst bestimmt: Günter Heyland.

(Foto: Angelika Bardehle)

Günter Heyland über seine zwölf Jahre als Neubiberger Bürgermeister, Individualisten und Interessen, seinen selbst gewählten Rückzug und seine künftige Rolle in der Kommunalpolitik

Von Daniela Bode, Neubiberg

Nach zwei Amtszeiten als Bürgermeister in Neubiberg ist Günter Heyland (Freie Wähler) bei der Kommunalwahl im März nicht noch einmal angetreten. Nun überlässt der 59-Jährige seinem Nachfolger Thomas Pardeller (CSU) das Feld. Im SZ-Interview erzählt er, was ihm in den zwölf Jahren besonders wichtig war und womit er gehadert hat.

SZ: Hand aufs Herz - waren Sie Bürgermeister mit Leib und Seele oder sind sie froh, dass es vorbei ist?

Günter Heyland: Ich war Bürgermeister mit Leib und Seele. Es wird nicht einfach sein, von hundert Prozent auf null umzusteigen. Ich habe meine Aufgabe sehr ernst genommen und mich mit voller Energie reingehängt. Froh zu sein, dass die Zeit jetzt endet, ist die Kehrseite der Medaille. Denn die Work-Life-Balance hat gelitten unter dem Amt. Ich brauche wieder mehr Zeit für die Familie, meine Kinder, meine drei Enkel, für Freunde und auch, um Sport zu treiben.

Zwölf Jahre sind eine lange Zeit. Hat das Amt Sie verändert?

Ja, ganz bestimmt. Zum einen lernt man sehr viel an Fertigkeiten, etwa wie man zu einem Konsens kommt in einer Gruppe mit lauter Individualisten. Andererseits fordert dies viel Geduld und Kraft. Austarieren und kompromissbereit sein erfordern Geschick. Denn manche Kompromisse lassen die anfängliche Zielsetzung gar nicht mehr erkennen. Das prägt schon, das ist sehr anspruchsvoll. Es geht dabei nicht nur um den Gemeinderat. Auch die Bürgerinnen und Bürger spielen immer mehr eine politische Rolle. Niemand ist mehr automatisch zufrieden mit dem, was an Veränderungen vorgeschlagen wird.

Die Rahmenplanung Unterbiberg, der Ausbau der Kindertagesstätten - Sie haben viele Projekte erfolgreich vorangetrieben. Worauf sind Sie besonders stolz?

Auf das Thema Kinderbetreuung. Die gesellschaftliche Herausforderung Anfang der 2000er Jahre war ja, im Rekordtempo für alle Altersgruppen genügend Kita-Plätze zu schaffen und gleichzeitig die Schulen in einen Ganztagsbetrieb umzuwandeln. Dieses ist gelungen. In Neubiberg ist es so, dass in vielen Familien beide Eltern berufstätig sind und sie auf verlässliche Betreuungsplätze dringend angewiesen sind. Es brauchte vertrauensvolle Zusammenarbeit, da alle Kindertageseinrichtungen unter der Führung freier Träger und Unternehmen sind.

Die kontinuierliche Expansion hat es uns ermöglicht, dass wir in Neubiberg und Unterbiberg immer genügend Plätze vorhalten konnten. Auch als es voriges Jahr wegen der kurzfristig veränderten Einschulungsvoraussetzungen bei den Kindergartenplätzen überraschend knapp war, konnten wir mit Partnern kurzfristig neue Einrichtungen ins Leben rufen. Da bin ich stolz drauf, dass dies gelungen ist. Mir war es außerdem immer wichtig, dass wir unsere Planungen konzeptionell angingen und nicht als alleinstehende Einzelentscheidungen. Wir haben beispielsweise ein Nachverdichtungskonzept zum Erhalt unseres Gartenstadtcharakters entwickelt, die integrierte Rahmenplanung für Unterbiberg, die in ein interkommunales Strukturkonzept Hachinger Tal mündete. Ein Klimaschutzkonzept, ein Radverkehrskonzept, und vieles mehr. Zum Teil haben wir dabei Pionierarbeit geleistet. Darauf bin ich auch stolz.

Was war die größte Herausforderung?

Insgesamt ist es sehr anspruchsvoll, auf die Veränderungen in unserer Gesellschaft frühzeitig und adäquat zu reagieren. Eine der größten Herausforderungen war und ist das Thema bezahlbarer Wohnungsbau. Zusammen mit verlässlichen Partnern wie der Baugesellschaft München Land oder der Awohnbau Genossenschaft entstand in den letzten Jahren preisgünstiger Wohnraum für alle. Denn die Preisschraube am freien Markt geht so schnell in die Höhe, dass es Menschen mit geringen und mittleren Einkommen unmöglich ist, sich in Neubiberg anzusiedeln und zu bleiben. Es sollen aber nicht nur Großverdiener hier wohnen können, wir brauchen auch Menschen in der Dienstleistung.

Gibt es ein Projekt, das Sie gerne noch zu Ende gebracht hätten?

Das Bürgerzentrum hätte ich nicht zu Ende führen können, denn es war ja von Anfang an auf 2022 terminiert. Das Haus für Weiterbildung wurde in meiner Amtszeit zwei Mal renoviert. Jetzt gerade wird sein Innenbereich komplett erneuert. Ich hätte es gerne noch in meiner Amtszeit wiedereröffnet. Wegen einer unzulänglichen Firma kam es zu Verzögerungen des gesamten Bauablaufs. Das Haus für Weiterbildung wird im September wieder eröffnet. Ich werde sicher mit dabei sein.

Welchen Rat können Sie ihrem Nachfolger Thomas Pardeller mit auf den Weg geben?

Wichtig ist, dass man wahrhaftig und authentisch bleibt und das Gemeinwohl nicht aus den Augen verliert. Interessen Einzelner würde ich nachrangig verfolgen. Man muss auch Kompromisse schließen können, ohne dabei die Vernunft zu vernachlässigen. Die Themen Bürger- und Seniorenzentrum werden den Gemeinderat weiter beschäftigen. Die Aufgabe des Bürgermeisters ist es, zusammen mit der Verwaltung konstruktive Vorschläge zu unterbreiten. Und eines wird einem als Bürgermeister schnell klar: Ohne eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Verwaltung ist der Bürgermeister nichts.

Wie geht es bei Ihnen weiter?

Ich hänge meine politische Tätigkeit nicht ganz an den Nagel, sondern bringe mich im Kreistag mit übergeordneten Themen für alle 29 Gemeinden ein. Ich freue mich, dass die Bürger mich wieder gewählt haben. Ich werde wahrscheinlich kein zusätzliches Angestelltenverhältnis eingehen. Denn ich möchte ja Zeit für die Familie haben und muss unbedingt wieder Sport treiben. Sonst würde sich meine ständige Abwesenheit in der Familie fortsetzen. Dies möchte ich aber gerne ändern.

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