Ehrenamt:Kümmerer gesucht

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Peter Möws hat die Kirchheimer Tafel aufgebaut und jahrelang geleitet. (Foto: Claus Schunk)

Peter Möws leitet seit zwölf Jahren die Kirchheimer Tafel. Weil seine Frau krank ist, will er sich zurückziehen. Vorher würde er gerne noch einen Nachfolger einarbeiten.

Von Christina Hertel, Kirchheim

Peter Möws ist ein sorgfältiger Mensch. Er hat eine Tabelle ausgedruckt, auf weißem Papier, an den Ecken zusammengetackert. Dort hat er eingetragen, welche Aufgaben er erledigen muss und wie viel Zeit das kostet.

Ganz am Ende seiner langen Liste steht eine Zehn. "Zehn Stunden in der Woche sollte man etwa Zeit haben", sagt er. Peter Möws ist vorbereitet. Jetzt wartet er darauf, dass jemand mit ihm diese Liste durchgeht. Bis jetzt hat sich noch niemand gemeldet.

Peter Möws, ein Mann mit grauen Haaren, Pullunder und liebem Lächeln, hat 2006 die Kirchheimer Tafel gegründet, die auch Menschen aus Feldkirchen und Aschheim mit Lebensmitteln versorgt. Seitdem leitete er die Einrichtung. Doch weil seine Frau an Multipler Sklerose erkrankt ist und immer pflegebedürftiger wird, sucht Möws jemanden, der diesen Job übernimmt. Bis zum Sommer möchte der 70-Jährige einen Nachfolger gefunden haben. Dann sei noch genug Zeit dem Neuen alles zu erklären, sagt er.

Möws arbeitete als Betriebswirt für eine Computerfirma. Bis er 2003 vorzeitig in Rente geschickt wurde, wie er sagt. Damals war Möws 54 Jahre alt - zu jung, um den Rest seines Lebens auf Kreuzfahrtschiffen zu verbringen. Er wurde auf die Tafel im Nachbarort Poing aufmerksam und dachte sich: So eine Einrichtung könnte Kirchheim auch gebrauchen. "Man sieht es zwar nicht so", sagt Möws, "aber auch hier gibt es Menschen, denen es nicht gut geht." 15 kamen am Anfang, mittlerweile sind es um die 80 Leute, die sich regelmäßig am Donnerstagvormittag mit Lebensmitteln von der Kirchheimer Tafel versorgen. Weil aber viele, die hierherkommen, Kinder und Partner haben, schätzt Möws, dass etwa 200 Menschen ihr Essen über Tafel beziehen.

Begrüßung mit Handschlag

Auf einem großen Tisch stehen Krapfen, Croissants, Plundergebäck mit Zuckerguss und Puderzucker. Frauen und Männer mit grauen Haaren halten Kaffeetassen, wo sonst Jugendliche feiern, spielen, tanzen. Die Tafel ist im Kirchheimer Jugendzentrum untergebracht und soll für die Menschen, die hier ihre Nahrungsmittel abholen, nicht einfach nur ein Geschäft sein, sondern auch ein Treffpunkt. Die Leute grüßen Peter Möws mit Handschlag, bleiben kurz stehen, fragen ihn, wie es geht. Möws ist dieser Kontakt wichtig - auch wenn er immer weniger wird. Möws und seine Frau mussten aus dem Reihenhaus in Kirchheim mit den vielen Treppen ausziehen.

Seitdem wohnt das Paar in Markt Schwaben. Und weil er sich um seine Frau kümmern muss, kann Möws nicht mehr jeden Donnerstag da sein, wenn das Tafelcafé um 9.30 Uhr öffnet. Trotzdem ist es ihm wichtig, den Überblick über seine Kunden zu behalten. Manchmal, sagt er, bekomme er ganze Familiendramen mit. Meistens würde er sich aber mit Fragen zurückhalten. Denn bei vielen sei die Scham groß. Möws beobachtet häufig, dass Leute erst einmal eine Weile vor dem Eingang stehen, bevor sie sich zum ersten Mal reintrauen.

60 Menschen helfen ehrenamtlich in der Tafel. Jemand, der seine Aufgabe übernimmt, sollte Führungserfahrung haben, meint Möws, aber sich gleichzeitig nicht den Chef heraushängen lassen. "Wenn man etwas Bestimmtes möchte, muss man das genau erklären. Wir sind schließlich nicht bei der Bundeswehr."

Wenn die letzten Kunden weg sind und die Ehrenamtlichen alles aufgeräumt haben, setzen die sich alle noch mal zusammen. Trinken Kaffee, essen belegte Brote. Und fahren dann das Essen, das in Kirchheim nicht abgeholt wurde, zu den Tafeln nach München.

© SZ vom 06.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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