Drogen auf Rezept:Dealer in Weiß

71 Mal hat sie unerlaubt Betäubungsmittel verschrieben: Eine Ärztin verliert ihre Zulassung, weil sie Süchtige illegal mit Stoff versorgte.

Ekkehard Müller-Jentsch

Sie ist zierlich, in fortgeschrittenem Alter und macht einen etwas zerstreuten Eindruck - so würde man sich einen "Dealer in Weiß" nicht vorstellen. Und doch muss diese Münchner Ärztin nun ihre Zulassung abgeben, weil sie Süchtige illegal mit Betäubungsmitteln versorgt hat. Die Medizinerin hatte das Verwaltungsgericht zwar noch mit dem Hinweis umzustimmen versucht, dass sie sich von dieser Klientel getrennt habe und inzwischen vor allem Senioren betreue. Doch vergeblich: Sie sei unwürdig, weiter als Ärztin zu praktizieren, stellte die 16. Kammer fest und wies die Klage der Ärztin gegen den Freistaat ab.

Arzt

Arzt Arzt mit Pillenpackung

(Foto: iStockphoto)

Strafrechtlich ist die Ärztin bereits rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe von elf Monaten verurteilt worden: 71 Fälle von unerlaubtem Verschreiben "in Tatmehrheit" mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln hatten Amts- und Landgericht ihr nachweisen können. Gleichzeitig wurde der Frau für vier Jahre die Behandlung von Drogenabhängigen untersagt. In dem rechtskräftigen Urteil heißt es, dass die Ärztin durch ihre Taten "der Betäubungsmittelkriminalität erheblichen Vorschub geleistet und zur Suchtförderung beigetragen" habe.

Die Regierung von Oberbayern ordnete daraufhin an, dass die Medizinerin darüber hinaus ihre Approbation zurückgeben müsse. Dagegen erhob die Frau Klage. Die von ihr verordneten Mittel seien weniger gefährlich als etwa Alkohol, meinte ihr Anwalt. Diese habe sie auch ausschließlich "bereits drogensüchtigen Patienten" verschrieben und damit letztlich "etwas Gutes tun" wollen. Und wenn sie damals nicht nur Kleinpackungen, sondern größere Mengen verschrieben hätte, "wären es weniger Straftaten gewesen".

Vor dem Verwaltungsgericht erklärte die Ärztin am Dienstag, dass sie diese Art von Patienten in ihrer neuen Praxis nicht mehr haben wolle. Sie und ihr junges Praxisteam seien damals den Lügen der Süchtigen nicht gewachsen gewesen. "Wir waren damit überfordert", räumte sie ein und versicherte, "wir brauchen auch eine solche Klientel nicht." Sie sei in neue Räume umgezogen, deren Adresse in den einschlägigen Kreisen niemand kenne. Ihr neuer Patientenstamm bestehe überwiegend aus älteren Herrschaften, einer betreuten Wohngruppe und Senioren eines Altenheims.

Regierungsdirektor Christian Konrad pochte als Prozessvertreter der Regierung von Oberbayern darauf, dass die Rechtsprechung bei solchen Delikten sehr streng sei - gegen die Pflicht eines Arztes zur gewissenhaften Berufsausübung habe diese Medizinerin auf geradezu gewissenlose Weise verstoßen. Das sah das Gericht offenbar ähnlich: Auch ein geläutertes Verhalten nach der Tat könne diese Unwürdigkeit nicht beseitigen - schon wegen geringerer Strafen sei Ärzten die Zulassung aberkannt worden.

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