Brunner-Prozess:Zu krank für die Verhandlung

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Wegen gesundheitlicher Probleme kommt der 80-jährige Vater von Dominik Brunner nicht mehr in den Gerichtssaal. Dort haben am Montag Betreuer aus dem Leben der Angeklagten erzählt.

Christian Rost

Oskar Brunner wird im Prozess um den gewaltsamen Tod seines Sohnes Dominik vermutlich nicht mehr als Zeuge aussagen. Der 80-Jährige sei "schwer krank", informierte Anwältin Annette von Stetten am Montag die Jugendkammer des Münchner Landgerichts. Sie führt für die Eltern des Opfers die Nebenklage in dem Verfahren gegen Markus Sch., 19 Jahre alt, und den 18-jährigen Sebastian L.

Der Vater von Dominik Brunner geht im Gerichtssaal an Markus Sch., einem der beiden Angeklagten, vorbei. (Foto: dpa)

Die beiden sind angeklagt, am 12.September 2009 am S-Bahnhof in Solln Dominik Brunner brutal zusammengeschlagen zu haben. Der 50-Jährige, der vier Schüler vor den aggressiven Jugendlichen in Schutz nehmen wollte, erlitt nach der Attacke einen Herzstillstand und starb. Sch. und L. müssen sich wegen Mordes vor Gericht verantworten.

Oskar Brunner haben die in den ersten Prozesstagen geschilderten Details um den Tod seines Sohnes schwer zugesetzt, aber auch die Hitze von mehr als 30 Grad im voll besetzten Saal 101 des Justizzentrums an der Nymphenburger Straße belastete ihn. Seit Ende vergangener Woche blieb er dem Prozess fern. Ärzte haben ihm einen stationären Klinikaufenthalt angeraten, was Brunner jedoch ablehnte. Er werde auf absehbare Zeit nicht im Gericht erscheinen können, sagte Annette von Stetten.

Die 82-jährige Felicitas Brunner ist nach dem Tod ihres Sohnes Dominik zum Pflegefall geworden. Oskar Brunner hätte im Prozess etwas über das Leben seines Sohnes berichten können, nun wird dazu am heutigen Dienstag eine frühere Lebensgefährtin des Managers befragt.

Am Montag, dem siebten Prozesstag, stand die Vergangenheit der Angeklagten im Mittelpunkt. Ehemalige Lehrer, Sozialpädagogen und Mitarbeiter der Jugendhilfe berichteten über Markus Sch. und Sebastian L. Dabei wurde deutlich, dass bei der Entwicklung der beiden die Eltern keine oder kaum eine Rolle spielten. L.s Mutter erlitt eine Hirnblutung, als er 15 Jahre alt war, und ist seitdem ein Pflegefall. Der Vater starb 2008 nach einem Hirnschlag. Bis zu seiner Festnahme nach der Attacke auf Brunner lebte L. in Jugendwohnheimen, zuletzt wegen seiner Drogenprobleme in einer Wohngemeinschaft von Condrobs.

Briefe an Dominik Brunner
:"Hilfst Du morgen?"

Trauer und Fassungslosigkeit: Am Sollner Bahnhof legten in den Tagen nach der Bluttat unzählige Bürger Briefe an Dominik Brunner nieder.

Seinen Betreuern kam er "traumatisiert vor", berichtete der sozialpädagogische Leiter der Wohngruppe, Oliver D. "Er schottete sich ab." L. hatte die Schule ohne Abschluss verlassen und war bereits wegen Diebstahls und Drogenbesitzes aufgefallen. Von den Joints kam er trotz Condrobs-Betreuung nicht los. Orientiert soll er sich an Markus Sch. haben. "Er ist groß, stark und cool", hat L. laut Zeugen über seinen Kumpel gesagt.

Das Vorbild im Leben von Markus Sch. war unterdessen eindeutig der ältere Bruder, bei dem er zeitweise auch wohnte. Die Mutter sei überfordert gewesen und habe ihre "Kinder klein gehalten bis zur Demütigung", berichtete ein Mitarbeiter der katholischen Jugendhilfe vor Gericht. Der Vater habe sich hinter seine Arbeit zurückgezogen. In der Schule galt Sch. als "völlig unauffällig", wie eine ehemalige Lehrerin berichtete. Einen Abschluss schaffte er aber weder auf der Real-, noch auf der Hauptschule.

Vom großen Bruder hat Sch. angeblich eine Beretta-Gaspistole bekommen, mit der er in München auf offener Straße einen Mann überfiel und ihm 60 Euro abnahm. "Er wollte mit dieser Tat offenbar ein Zeichen setzen, weil der Bruder ins Gefängnis musste", deutete der Jugendbetreuer die Tat. Das Amtsgericht verurteilte Markus Sch. im April 2009 wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Bewährungsstrafe. Vor Ablauf der Bewährungsfrist griff er mit Sebastian L. Dominik Brunner an.

© SZ vom 27.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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