Neue SZ-Serie - Direktvermarkter im Landkreis:Konsum mit Kanne und Korb

Josef Brunner Endlhausen

Anders als etwa in Miesbach gibt es im Landkreis München bisher keine eigene Marke "Unser Land".

(Foto: Manfred Neubauer)

Lebensmittel direkt vom Hof sind gefragt. Doch nur wenige Landwirte im Landkreis verkaufen selbst an Kunden. Und eine eigene Marke "Unser Land" fehlt. In einer Serie stellt die SZ Selbstvermarkter und regionale Erzeuger vor

Von Alexandra Vettori, Landkreis

Mit der Milchkanne zum Bauern am Ortsrand, Karotten im Einkaufskorb, an denen noch die Erde vom Feld nebenan klebt, und dazu Eier von Hühnern, die vor dem Stall im Stroh scharren - so wünschen sich immer mehr Menschen die heile Konsumwelt. Sie wollen nicht nur gesunde und hochwertige Ware kaufen, die fair und ökologisch erzeugt ist, sondern sich zugleich auch ein gutes Gewissen mit nach Hause bringen - oder zumindest ein gutes Gefühl.

Regionale Produkte sind gefragt, Supermarktketten räumen immer mehr Regale für Lebensmittel aus der Region frei, Wochenmärkte, auf denen Bauern aus der Nähe ihre Waren anbieten, erfreuen sich ebenso regen Zuspruchs wie Hofläden. Auf der Erzeugerseite schaut es im Landkreis München allerdings mau aus. Von den mehr als 500 Landwirten, die es im Landkreis noch gibt, verkaufen gerade mal 35 direkt an Kunden. Die meisten Bauernhöfe sind längst spezialisiert und haben nicht mehr die Produktvielfalt, die für eine erfolgreiche und gewinnbringende Direktvermarktung erforderlich ist.

Ein Automat für frische Milch

"Kartoffeln ab Hof", "frische Eier" - solche Schilder finden sich sehr wohl, doch das reiche nicht zum klassischen Direktvermarkter und sei deshalb auch nicht in der Statistik enthalten, erklärt Gabriele Hierl-Dicker vom Amt für Landwirtschaft in Ebersberg, das auch für den Kreis München zuständig ist. "Das läuft halt dann so nebenbei", weiß sie und nennt weitere Beispiele: den Verkauf selbst gebackener Kuchen etwa oder einen Landwirt aus dem Süden des Landkreises, der sich kürzlich erkundigte, ob er nicht einen Automaten für frische Milch aufstellen könnte.

Hierl-Dicker schätzt, dass sich der Aufwand eines Marktstandes für die meisten Bauern im Landkreis schlicht nicht lohnt: "Das ist ein großer Aufwand. Man muss einen Verkaufswagen finanzieren, und ein Marktstand in München kostet eine Stange Geld. Dann muss man früh aufstehen, alles bestücken, den ganzen Vormittag verkaufen, daheim wieder alles reinigen und aufräumen. Das bringt es dann unter dem Strich oft nicht." Lieber vermieteten Landwirte Hallen oder stiegen auf Pferde-Pensionen um.

Peter Rosipal, Geschäftsführer beim Bauernverband im Landkreis München, bestätigt das. Auf 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen im Landkreis, die immerhin noch gut 60 000 Hektar umfasst, werde Ackerbau betrieben. Damit gebe es schon mal wenig Voraussetzungen für Direktvermarktung. Gemüsebauern finde man eher im Norden und Westen Deutschlands.

Die Höfe im Ballungsraum sind nicht mehr so vielseitig

Dort aber seien die Abnehmer oft die Großmärkte. Und die Viehhaltung beschränkt sich im Raum München auf einige wenige Betriebe im Süden mit fast ausschließlich Milchkühen. Die Folge: Die Höfe im Ballungsraum sind nicht mehr so vielseitig. Deshalb bleibe wenig für die Direktvermarktung. Dazu komme, sagt Rosipal, "dass es im Landkreis München viele andere Nebenerwerbsmöglichkeiten gibt, bei denen man mehr verdient."

Das ist wohl auch der Grund, warum es im Landkreis München keine Solidargemeinschaft "Unser Land" gibt, wie in den Landkreisen ringsum in der Region, wo die Palette der regional erzeugten Lebensmittel unter dem Logo mit dem weiß-blauen Himmel immer größer wird. "Wir haben im Landkreis München nur ganz wenige Erzeuger", sagt Marianne Wagner, die bei "Unser Land" für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

"Unser Land" ist 1994 von einer Handvoll Engagierten aus Kirchenkreisen und von Landwirten im Landkreis Fürstenfeldbruck gegründet worden, mit dem Ziel, eine Vermarktungsstruktur für Lebensmittel aufzubauen, die nicht nur regional und naturschonend erzeugt werden, sondern den Bauern auch sozial vertretbare Preise garantieren.

Angefangen hat alles mit einem Brot - heute gibt es 110 Lebensmittel

Angefangen hat damals alles mit einem Brot, heute gibt es 110 Lebensmittel und zehn Solidargemeinschaften in elf Landkreisen, so etwa in Ebersberg, Dachau, Miesbach und Tölz. 300 Landwirte erzeugen die Produkte, die unter dem Label angeboten werden: vom Saft über Marmelade, Fleisch und Gemüse bis hin zum Kleintierheu.

Unter ihnen ist auch das Ehepaar Dirl aus Heimstetten bei Kirchheim. Die Landwirte sind seit 30 Jahren Direktvermarkter, ihre Kartoffeln liefern sie auch an "Unser Land". Angefangen habe alles mit einem besonders schmackhaften Zuckermais, den ihr Mann aus Kanada mitgebracht hatte, erzählt Sonja Dirl. Den Hofladen auf dem Gasserhof gibt es fast ebenso lange, nur die Produkte sind immer mehr geworden. Saisonales Gemüse produziert man selbst, dazu kommen noch Waren von einem Cousin aus Ismaning, Eier und Nudeln von einem bekannten Landwirt aus Ebersberg und Honig von einem Freund.

"Wir sind da reingerutscht", sagt Sonja Dirl. Doch die Direktvermarktung sei genau das, was ihr und ihrem Mann zusage: "Wir mögen den Kontakt mit den Kunden und wir glauben fest daran, dass regionale Produkte am besten für Körper, Geist und Seele sind."

Weitere Informationen zu regionalen Erzeugern, Direktvermarktern und dem Netzwerk Unser Land gibt es im Internet unter www.bayerischerbauernverband.de/einkaufen-bauernhof, www.hofladen-bauernladen.info/in/muenchen-(landkreis)_k155, www.einkaufen-auf-dem-bauernhof.com/bayern/einkaufen-geniessen/bauernhof.html und unter www.unserland.info.

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