Debatte im Gemeinderat:Falsche Frage

Debatte im Gemeinderat: Der Fokus der Untersuchung liegt darauf, die Bahnschranken loszuwerden. Die Mehrheit der Gemeinderäte hält das für den falschen Ansatz.

Der Fokus der Untersuchung liegt darauf, die Bahnschranken loszuwerden. Die Mehrheit der Gemeinderäte hält das für den falschen Ansatz.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

In Oberschleißheim streiten CSU, SPD und Grüne mit Bürgermeister Kuchlbauer über eine Studie zur Tieferlegung der Bahn

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Eine neue Variantenstudie zur Tieferlegung der Bahnlinie durch Oberschleißheim befeuert den Streit zwischen dem Gemeinderat und Bürgermeister Christian Kuchlbauer (FWG). Denn die Aufgabenstellung an die Gutachter durch Kuchlbauer war einzig auf die Beseitigung der Bahnschranke in der Dachauer Straße verengt, alle anderen Aspekte der Tieferlegung von der Lärmverbesserung bis zum städtebaulichen Effekt blieben außen vor. Entsprechend riet die Studie mehrfach zu einer umgekehrten Lösung durch die Untertunnelung der Bundesstraße unter die Bahn - zufällig die Variante, die Kuchlbauer seit Jahren verfolgt und für die er einst vergeblich ein Bürgerbegehren initiiert hatte. Für die vom Gemeinderat verfolgten Alternativen zur aktuellen Machbarkeitsstudie kam die neue Studie zu dem Ergebnis, diese seien zwar machbar, aber teuer und schwer zu finanzieren.

Die vom Gemeinderat zuletzt wieder einhellig verfolgte Tieferlegung der Bahn werde vom Bürgermeister viel zu halbherzig betrieben, monierten mehrere Gemeinderäte. "Wir haben hier das Versprechen bekommen, dass Gespräche geführt und Initiativen unternommen würden", rief Peter Benthues (CSU) in Erinnerung, davon sei nichts erkennbar oder gar aktenkundig. Florian Spirkl (SPD) kritisierte, es sei "schade, dass der Bürgermeister nicht so mit Leuten spricht, dass wir weiterkommen". Bei der jahrzehntealten Vision sei durch die Ansiedlung der Tierärztlichen Fakultät der Uni und die Notwendigkeit deren Verkehrsanbindung eine völlig neue Situation entstanden, "aber der Zug, der dadurch reinkommen könnte, ist wieder abgeflaut".

Einhellig wurde die gedankliche Verengung auf die Beseitigung der Bahnschranke gerügt. Die ersatzlose Beseitigung dieses Hindernisses werde den Verkehr auf der Bundesstraße 471 durch den Ort anschwellen lassen, so die Erwartung mindestens bei SPD, CSU und Grünen. Und wenn die B 471 dann vor und hinter Oberschleißheim mittelfristig vierspurig ausgebaut sein wird, werde sich das Verkehrschaos potenzieren.

Eine Straßenunterführung anzulegen, hieße für die SPD daher, "den Durchschuss für den Verkehr zu bekommen ohne den Benefit, die Bahn unterirdisch zu haben", übersetzte Spirkl. Diese Bündelung der Nachteile werde die SPD "definitiv nicht mittragen". Markus Büchler (Grüne) appellierte an die Kollegen, "nicht wie das Kaninchen vor der Schlange auf die Bahnschranke zu starren", sondern den Verkehr in Oberschleißheim zu gestalten durch alternative Mobilitätskonzepte oder eine Konzentration auf Beruhigung der Ortsstraßen, "die wir selbst in der Hand haben".

Einzig für die FWG nannte Hans Negele weiterhin die Straßenunterführung das optimale Ziel. "Der Durchgangsverkehr wird mit dem Bahntrog nicht beseitigt", sagte er, ließ aber offen, wie das mit der Straßenunterführung geschehen könne. Mit der Tieferlegung der Bahn werde "immer nur die alte Leier" wiederholt.

Die Machbarkeitsstudie, die im Vorgriff der Optimierung des öffentlichen Verkehrs zur Uni erstellt worden war, hatte einen tiefergelegten Trog für die Bahngleise mit Verlegung des Bahnhofs in den Trog auf Höhe der Dachauer Straße vorgesehen. Das gefiel dem Gemeinderat überhaupt nicht. Die neue Studie bezeichnete nun die Alternativen als machbar, den Bahnhof in den Trog zu legen, aber weiter nördlich, also zwischen bestehendem Bahnhof und Dachauer Straße, oder auch eine Troglösung ohne Bahnhofsverlegung mit Ergänzung eines zweiten S-Bahnhalts für den Uni-Campus.

Die Varianten wurden auf Kosten von 100 bis 140 Millionen Euro taxiert. Die standardisierte Kosten-Nutzen-Berechnung, ein Koeffizient zur Förderwürdigkeit von Verkehrsprojekten ergebe für alle Optionen völlig untaugliche Resultate. Ab einem Faktor von 1,0 gibt es Fördermittel, die Oberschleißheimer Varianten wurden bei rund 0,7 bewertet.

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