Das Jahr 2020 im Landkreis München:Alarm am Reaktor

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Aufgrund der Corona-Pandemie steht der Forschungsreaktor in Garching seit 17 . März 2020 still. (Foto: Robert Haas)

Bei Reinigung tritt Ende März radioaktives CO₂ aus

Die Rufe der Kritiker der Forschungsneutronenquelle Heinz Maier Leibnitz FRM II in Garching werden besonders laut, als bekannt wird, dass Ende März radioaktiver Kohlenstoff in Form von Kohlenstoffdioxid aus dem Forschungsreaktor nach außen gedrungen ist. Zwar bestand nach Angaben der Technischen Universität München (TU), die die Anlage betreibt, zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für Mensch, Tier oder Umwelt; gleichwohl wurde der festgelegte Jahresgrenzwert für das Nuklid C14 überschritten.

Nachforschungen ergaben, dass ein Mitarbeiter des Reaktors bei der turnusmäßigen Trocknung einer Filteranlage ein vorgesehenes Abscheidegerät nicht eingeschaltet hatte; so konnte das radioaktive Kohlenstoffdioxid über den Kamin entweichen. Die TU musste sich dafür kritisieren lassen, dass sie den Vorfall erst Mitte Mai, als die Überschreitung des Grenzwerts feststand, miteilte. Um solche Vorfälle künftig gänzlich auszuschließen, entwickelt die TU aktuell neue Trocknungsmethoden und hat zugesagt, ihr internes Frühwarnsystem - technisch wie kommunikativ - zu überarbeiten.

Die Reaktorgegner stellen den Betrieb der gesamten Forschungsanlage seit Längerem infrage. Ein Gutachten, das der Verein "Bürger gegen Atomreaktor Garching" gemeinsam mit der Landtagsfraktion der Grünen, dem Bund Naturschutz und dem Münchner Umweltinstitut in Auftrag gegeben hatte, war 2019 zu dem Schluss gekommen, dass der Forschungsreaktor illegal sei, da die Anlage immer noch mit hoch angereichertem Uran laufe und nicht nach 2018 - wie vertraglich vereinbart - auf niedriger angereichertes Uran umgestellt wurde. Der Bund Naturschutz hat deshalb Klage gegen den Betrieb eingereicht. Ein Gutachten im Auftrag der TU kommt 2020 zum gegenteiligen Urteil. Anfang 2021 sollen in Frankreich zudem Tests mit einem neu entwickelten, niedriger angereichertem Brennstoff starten. Erste Ergebnisse erwartet die TU für das Jahr 2022.

© SZ vom 30.12.2020 / gna - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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