Wahlkampf der CSU:Fern vom Menschen

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Stadion statt Bierzelt: CSU-Anhänger lauschen in Unterschleißheim auf der Tribüne der Rede von Markus Söder. (Foto: Florian Peljak)

Zum Auftakt seiner Stadion-Tour schwört CSU-Chef Markus Söder seine Parteifreunde auf einen schwierigen Wahlkampf ein. Dass der Funke in Unterschleißheim nicht so recht überspringen will, liegt vor allem an den Abstands- und Hygieneregeln.

Von Martin Mühlfenzl, Unterschleißheim

Grau hängt der Himmel an diesem Dienstagabend über dem Unterschleißheimer Hans-Bayer-Stadion. Auf den grünen Hügeln hinter der Arena ziehen die Polizisten der Reiterstaffel auf ihren Pferden vorbei. Viel zu tun und zu sichern haben sie nicht; nur vor der Arena haben sich ein paar Demonstranten aufgebaut. "Landtag abberufen", steht auf dem Schild eines mutmaßlichen Querdenkers. Und immer wieder schallt von draußen der Ruf "Söder muss weg" auf die gut besetzte Tribüne im Stadion.

Aber Markus Söder hat nicht vor, so schnell zu verschwinden. Vielmehr läutet der bayerische Ministerpräsident im Landkreis München mit dem Auftakt seiner Stadion-Tour durch alle Regierungsbezirke die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes ein. Und es ist - wie sollte es bei der CSU auch anders sein - ein sehr bayerischer Start. Söder schafft es, in seiner Rede vor mehreren hundert Besuchern, darunter zahlreiche oberbayerische Bundestagsabgeordnete und Direktkandidaten, den Namen des Kanzlerkandidaten der Union spät, aber immerhin drei Mal zu erwähnen.

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:Markus Söder will niemals als Kanzler kandidieren

Auch in vier Jahren möchte Bayerns Ministerpräsident nicht antreten: "Ich habe einmal ein Angebot gemacht, ein zweites Mal bringt überhaupt nix."

Bekenntnis zu Laschet

"Wir wollen, dass Armin Laschet Bundeskanzler wird", sagt der Ministerpräsident und schiebt hinterher, er betone dies ausdrücklich. Ein Bekenntnis, das Söder offensichtlich nicht nur nach den harten Auseinandersetzungen im Kampf um die Kanzlerkandidatur wichtig ist, sondern auch angesichts der derzeit schwachen Umfragewerte für CSU und CDU. Denn auch ihm ist mit Blick auf die Wahl am 26. September klar: "Es wird knapp werden."

Die Christsozialen versuchen im herbstlichen Unterschleißheim mitten im August, Zuversicht zu verbreiten; doch Wahlkampf in Corona-Zeiten ist kompliziert. Auf der überdachten Tribüne sitzen die Menschen auf Abstand und mit FFP2-Maske, Zutritt hat nur erhalten, wer einen 3G-Nachweis hat - also geimpft, genesen oder negativ getestet ist. Vom Bierzelt-Flair oder gar den Jubelarien der Aschermittwoch-Veranstaltungen der Vor-Corona-Zeit ist die Stadion-Tour weit entfernt. Während der Begrüßung durch den CSU-Kreisvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Florian Hahn und der Rede des CSU-Landesgruppenchefs Alexander Dobrindt liegt eine gedämpfte Stimmung über dem Stadion, der Applaus kommt spärlich und leicht gedämpft daher.

Die Inhalte, die Wortbeiträge aber ähneln jenen früherer Wahlkämpfe, als die CSU getreu ihrem Motto tatsächlich noch näher am Menschen sein konnte. Für Jung und Alt mache die CSU Politik, sagt Hahn bei seiner Begrüßung, für Stadt und Land, für Ökonomie und Ökologie. "Wir denken die Dinge zusammen und nicht gegeneinander", so der Putzbrunner. "Wir stehen für eine Politik fürs Leben."

Dabei hallen in diesen Tagen die Entwicklungen in Afghanistan auch in Unterschleißheim nach - oder wie es Markus Söder sagt: "Heute ist alles anders. Wir leben in ernsten Zeiten." Zwar würde auch er lieber in einem Bierzelt Wahlkampf machen, sagt der Ministerpräsident, aber vielleicht sei dieses Stadion dann doch der richtige Rahmen für diesen Wahlkampf.

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Dann beginnt der Ritt durch die wichtigen Themen dieser Zeit. Die Politik, so Söder, müsse beim Klimaschutz ein Verspreche abgeben, den jungen Menschen die Welt so zu übergeben, wie die jetzt Handelnden sie bekommen hätten: "Es wird unsere Schande sein, wenn wir keinen Beitrag leisten, dieses Erbe zu bewahren." In der Corona-Krise werde in Bayern weiter der Kurs der Vorsicht gefahren, 3G werde der neue Standard und nach den Ferien beginne auch das Impfen in den Schulen. Rückblickend sagt der Ministerpräsident zum Kurs in der Pandemie: "Wir haben diesem Land einen guten Dienst erwiesen." Steuererhöhungen erteilt er eine klare Absage, vielmehr müssten die Abgaben gesenkt werden.

Söder will eine "linke Regierung" verhindern

Und Söder wäre nicht Söder, würde er sich nicht an der politischen Konkurrenz abarbeiten. Er wolle nicht irgendein Wahlprogramm herunterbeten, die Unterschiede müssten herausgearbeitet werden, sagt er - und vor allem ein "linke Regierung" verhindert werden. Fast scheint es so zu sein, als packe die CSU die Rote-Socken-Kampagne wieder aus und der neue, alte Gegner heißt plötzlich wieder SPD und nicht mehr die Grünen. Denn was aus seiner Sicht eine mögliche Regierung unter SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bedeute, fasst Söder so zusammen: "Instabilität, Verschuldung und der Verlust von Wohlstand."

Da kommt dann im zugigen Stadion doch etwas Stimmung auf. Vor allem als Söder sich an Franz Müntefering orientiert, der die Rolle in der Opposition als Mist bezeichnet hatte: "Ich weiß, regieren ist schwer, aber nicht regieren ist sinnlos."

© SZ vom 26.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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