Kreisverband München-Land:Der direkte Draht zu Söder ist abgerissen

Kreisverband München-Land: Da waren sie sich noch nah: Markus Söder mit Florian Hahn und Kerstin Schreyer (von links) bei einem Besuch der neuen TU-Fakultät in Ottobrunn.

Da waren sie sich noch nah: Markus Söder mit Florian Hahn und Kerstin Schreyer (von links) bei einem Besuch der neuen TU-Fakultät in Ottobrunn.

(Foto: Claus Schunk)

Parteifreunde im Kreisverband München-Land verhehlen nicht ihre Enttäuschung über die Abberufung von Kerstin Schreyer aus dem Kabinett. Außerdem fragen sie sich, was eigentlich die Aufgabe des neuen "internationalen Sekretärs" Florian Hahn sein soll.

Von Iris Hilberth und Bernhard Lohr, Unterhaching

Es war ein steiler Aufstieg, den die CSU-Politikerin Kerstin Schreyer aus Unterhaching in den vergangenen Jahren hingelegt hatte. So steil, dass manchen Mitstreitern, die gerne auch mal einen Posten in einem Kabinett abbekommen hätten, beim Zusehen fast schwindelig wurde. Von der einfachen Landtagsabgeordneten im Jahr 2008 zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, danach zur Integrationsbeauftragten und schon wenig später zur bayerischen Sozialministerin. Vor zwei Jahren schließlich machte Ministerpräsident Markus Söder sie zur Ministerin für Wohnen, Bau und Verkehr in Bayern - der Höhepunkt ihrer bisherigen Laufbahn. Am Mittwoch nun schickte Söder seine Parteifreundin zurück auf die Abgeordnetenbank. Minister ist nun ein anderer - Christian Bernreiter aus Niederbayern - und der Landkreis München damit nicht mehr im Kabinett vertreten. Insbesondere CSU-Vertreter aus Schreyers Heimatgemeinde und aus der Frauen-Union bedauern das.

Richard Raiser, der Dritte Bürgermeister von Unterhaching, kennt die 50-Jährige schon lange aus dem Ortsverband. Er schätze sie sehr, sagt Raiser, und sei sehr enttäuscht, dass Unterhaching und der Landkreis München eine "äußerst engagierte, fleißige und kompetente Ministerin" verliere, "eine Politikerin mit Herz und Verstand, nahe am Menschen". Die Ablösung aus dem Kabinett habe sie sicherlich nicht verdient, sie habe ihren Job wirklich gut gemacht. Raiser hätte sich eine Rückkehr Schreyers in ihr früheres Ressort Arbeit, Familie und Soziales gewünscht.

Ähnlich äußert sich Annette Reiter-Schumann aus Ismaning, die Vorsitzende der Frauen-Union im Landkreis München, die einst den Einstieg in die Politik mit Unterstützung durch Kerstin Schreyer fand. "Sie war meine Mentorin", sagt Reiter-Schumann, die die Entscheidung von Söder sehr bedauert. "Kerstin Schreyer ist eine herausragende Politikerin, die das Ohr am Menschen hat, die man immer auf dem kurzen Weg erreicht." Jeder wisse, dass das Ministerium für Bauen, Wohnen und Verkehr ein sehr schwieriges Ministerium sei, "vieles kann man nicht selbst bestimmen". Auch wenn viele Schreyer als Sozialpädagogin am liebsten im Sozialministerium gesehen hätten, findet Reiter-Schumann: "Sie war auch bei Bauen, Wohnen und Verkehr super in den Themen drin, hat sich in alles reingekniet und reingearbeitet."

Die Kreisrätin und frühere Bürgermeisterin von Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Ursula Mayer, bedauert sehr, dass ihre Parteifreundin Kerstin Schreyer als Ministerin abtritt. "Als Frau sage ich natürlich: sehr schade." Sie sei eine klasse Sozialministerin gewesen und sie habe sie auch als sehr gute und engagierte Bau- und Verkehrsministerin erlebt, "die ihren Mann und ihre Frau gestanden ist". Schreyer habe "viel Gutes auf den Weg gebracht" und sei im Landkreis München sehr präsent gewesen. Insbesondere habe sie beim Ausbau der S7 mit angeschoben und auch die Nöte der Menschen in den Orten mit dem Verkehr sehr ernst genommen. Grundsätzlich, sagt Mayer, sei es wichtig, auch die besondere Kompetenz von Frauen in Sachgebieten zu erkennen, die als typische Männerdomänen angesehen würden.

Was eigentlich Florian Hahn in der nächsten Zeit auf Parteiebene macht, das einzuordnen, fällt nicht nur Jan Kämmerer, dem Kreisvorsitzenden der Jungen Union wie vielen an diesem Tag des Umbruchs im Kabinett und auch der Partei schwer. Das Aufgabengebiet eines "internationalen Sekretärs" wurde bisher nicht beschrieben. Innerhalb der JU werde schon diskutiert, was der Kreischef wohl fortan für Aufgaben habe. Kämmerer hält es für einen Auszeichnung, dass Hahn jetzt der Mann für die Außenpolitik sein solle. Es sei eine "neue Säule", die da in der Partei aufgebaut werde, und Hahn bringe als europapolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion die Erfahrung mit, um auf internationalem Parkett zu agieren. "Er kann sich auf sein Steckenpferd konzentrieren."

Der CSU-Kreisvorsitzende Florian Hahn ist selbst nicht ganz so überschwänglich mit dem Lob. Er sagt: "Kerstin Schreyer hat in den vergangenen Jahren eine tolle Arbeit für den Freistaat Bayern und den Landkreis München geleistet. Sie hat sich sowohl in ihrer Funktion als Familien- und Sozialministerin als auch als Bau- und Verkehrsministerin verdient gemacht." Von Verlust spricht er nicht. Der Landkreis München werde mit ihr und Ernst Weidenbusch "auch weiterhin hervorragend auf bayerischer Ebene vertreten sein", teilt er mit.

Hahn selbst muss sich seit Mittwoch auch schon wieder neue Visitenkarten drucken lassen. Statt wie bisher stellvertretender CSU-Generalsekretär ist er nun "Internationaler Sekretär" der Partei - ein neu geschaffener Posten, den Hahn als "CSU-Außenminister" interpretiert. Er möchte mit diesem Amt "das außenpolitische Profil der CSU schärfen und die Partei noch besser auf internationaler Ebene vernetzen", so der Bundestagsabgeordnete aus Putzbrunn. Die Erfahrungen aus dieser neuen Aufgabe werde er auch im Landkreis München mit seinen zahlreichen international orientierten Unternehmen einbringen.

Landrat Christoph Göbel bezeichnet die neue Aufgabe von Hahn als "Vertrauenszuspruch" in der jetzigen Zeit. Hahn mache ja schon immer Außen- und Sicherheitspolitik, "und wenn wir die Wahl gewonnen hätten, hätten wir in Berlin wohl ein Kabinettsmitglied", glaubt er. Der neue Posten sei das richtige Signal zu zeigen, "wir haben da auch Verantwortung". Dass Kerstin Schreyer nun ihren Ministerposten aufgeben muss, sei "natürlich keine schöne Nachricht". Schließlich habe sie mit einem "unermüdlichen Fleiß einen sehr guten Job gemacht", sowohl im Sozial- als auch im Bauministerium. "Das ist keine Strafabsetzung, sondern hat wahlstrategische Gründe", so Göbel. Söder habe den ländlichen Raum stärker einbinden wollen. Zwar fehle im Landkreis jetzt der direkte Draht ins Kabinett, doch müsse das nicht unbedingt nachteilig sein. "Jetzt habe ich sie wieder voll und ganz an meiner Seite, ohne dass sie Kompromisse machen muss. Ich hoffe, dass ihre Stimme für den Landkreis München jetzt wieder lauter wird."

Von Kerstin Schreyer selbst gab es am Mittwoch keine Stellungnahme. Auf eine Anfrage reagierte die Stimmkreisabgeordnete nicht. Auf Facebook postete sie lediglich: "Knapp vier Jahre im bayerischen Kabinett als Ministerin. Dankbar blicke ich auf die gelungene Arbeit und die vielen tollen Menschen, denen ich begegnet bin, für und mit denen ich für unser wunderschönes Land Bayern arbeiten durfte. Es war mir eine Ehre und Freude zugleich."

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