Coronavirus:Gestrandet auf der Trauminsel

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Großer Andrang am Flughafen - viele Menschen wollen zurück in ihre Heimat, doch die Flüge werden knapp. (Foto: Privat)

Als Linus Maisch und Annalena Jakob zum Urlaub auf die Philippinen fliegen, ist die Corona-Pandemie noch weit weg. Jetzt sitzen die Studenten aus Unterhaching seit zehn Tagen fest. Ihr Geld wird knapp und Rettung ist fern.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Es sollte ein vierwöchiger Traumurlaub werden, an Traumstränden bei Traumwetter auf den Philippinen. Cebu zählt zu den Top Ten der schönsten Inseln der Welt. Als die Unterhachinger Linus Maisch und Annalena Jakob dorthin aufbrachen, war Corona noch weit weg, ein chinesisches Problem. Doch die weltweite Krise hat die beiden Studenten dort böse eingeholt. Sie sitzen fest, keiner weiß wie lange noch.

Denn eigentlich hätten sie seit zehn Tagen zurück in der Heimat sein sollen, die gebuchten Inlandsflüge allerdings wurden gestrichen. So kamen die beiden 21-Jährigen nicht in die Hauptstadt Manila und folglich auch nicht weiter nach München. Längst hebt kein regulärer Flieger mehr von Cebu ab. Seit dem 15. März herrschen auf den Philippinen Ein- und Ausreisesperren auf dem Land-, See- und Luftweg. Ausländer dürfen zwar ausreisen. So hoffen die beiden Unterhachinger gemeinsam mit weiteren 110 Deutschen auf der Insel auf die von der Bundesregierung derzeit weltweit gestartete Rückholaktion. Bislang vergeblich. "Die Flüge werden angekündigt und kurz vorher wieder gestrichen", sagt Linus Maisch am Telefon.

Linus Maisch und Annalena Jakob warten schon seit vielen Tagen. (Foto: Privat)

Als sich die Lage nach dem Ausfall des ersten Flugs zuspitzte, haben er und seine Freundin sich an die Deutsche Botschaft in Manila gewandt und auf die Rückholerliste setzen lassen. Seither tragen sie sich täglich in neue Listen ein, werden immer wieder vertröstet. An diesem Mittwoch sollte ein Flieger in Richtung Köln/Bonn starten. Doch hieß es am Dienstag: "Dieser Flug kann erst zu einem späteren als dem geplanten Termin stattfinden." Auch die Hoffnungen auf einen Flug an diesem Freitag haben sich mittlerweile wieder zerschlagen. Zwar sind die beiden Unterhachinger mit dem Taxi zum Flughafen geeilt, um sich möglichst rasch auf einer neuen Liste einzutragen. Doch dann hieß es, dass mit diesem Flieger nur Familien mit Kindern, Personen über 60, mit Behinderung oder medizinischen Betreuungsbedarf mitkommen. Falls das Flugzeug überhaupt abhebt. Inzwischen hat sich eine Whatsapp-Gruppe der deutschen Urlauber auf Cebu gegründet. Den anderen ergeht es auch nicht besser.

Medizinische Versorgung ist ein enormes Problem

Gestrandet im Urlaubsparadies also? Es ist alles andere als das. Die jungen Leute sitzen in ihrem Hotelzimmer fest und warten auf neue Nachrichten aus der Botschaft. "Es gibt Ausgangssperren, vor allem für Leute über 60 und unter 21 Jahren", sagt Linus Maisch, der froh ist, gerade nicht mehr unter diese untere Altersgrenze zu fallen. So können sie wenigstens etwas zu essen kaufen. "Restaurants aber haben alle zu, auch die Wäsche wird nun knapp, wir reinigen, was nötig ist, im Handwaschbecken." Vor allem aber geht vielen Leuten langsam das Geld aus, weil sie die Flüge buchen und zahlen müssen, die dann ausfallen.

Zu Hause in Unterhaching machen sich die Eltern große Sorgen. "Am Anfang war ich noch zuversichtlich. Doch das dauert jetzt schon ziemlich lang", sagt Vater Manfred Maisch. Besonders die medizinische Versorgung sei ein enormes Problem. "Inzwischen laufen die Einheimischen alle mit Mundschutz herum. Für uns gibt es aber keinen zu kaufen", berichtet Linus Maisch. Es werde zwar jedes Mal die Körpertemperatur gemessen, wenn man einen Supermarkt betrete, "aber das Thermometer zeigt dann 32 oder 34 Grad an. Ist also ein Witz." Noch gehe es ihnen zum Glück aber gesundheitlich gut.

Geht der Flug? Die Ungewissheit, wie lange Urlauber auf den Philippinen noch ausharren müssen, ist groß. (Foto: Privat)

Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin heißt es: "Die Bundesregierung will allen gestrandeten Deutschen eine Rückkehr nach Deutschland ermöglichen." Mehr als 130 000 Menschen seien in den letzten Tagen bereits zurückgekehrt. "Wo noch Möglichkeiten zur Rückreise mit eigenen Mitteln bestehen, sollten diese genutzt werden. Wo dies nicht mehr möglich ist, bemühen sich das Auswärtige Amt und seine Auslandsvertretungen mit Hochdruck um Lösungen, auch auf den Philippinen. "Wir arbeiten mit den Flugunternehmen und den Behörden vor Ort mit Hochdruck daran, dass die verschobenen Flüge schnellstmöglich stattfinden können. Unsere Botschaft in Manila wird die Betroffenen umgehend informieren, sobald konkrete Daten feststehen."

Die Rahmenbedingungen ändern sich täglich

Auch in der Regierungspressekonferenz am Montag hatte die Sprecherin des Auswärtigen Amts, Maria Adebahr, sich dazu geäußert: "Wir sehen allerdings auch, dass sich der weltweite kommerzielle Flugverkehr nach und nach noch weiter reduziert. Das wird ein Trend sein, von dem wir befürchten müssen, dass er diese Woche anhält." Deswegen werde die Zahl der Chartermaschinen der Bundesregierung weiter steigen, versprach Adebahr.

Die deutsche Botschafterin auf den Philippinen, Anke Reiffenstuel, wandte sich inzwischen in einem Brief an die auf Cebu fest sitzenden Urlauber. Sie schreibt: "Wir alle erleben, dass sich die Situation sehr dynamisch entwickelt und die Rahmenbedingungen sowie die von der philippinischen Regierung vorgegebenen Regeln und Vorschriften, insbesondere zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit sich fast täglich ändern." Sie bezeichnete es als große Herausforderung, dass viele Touristen auf den Inseln festsäßen, und kündigte das Ausloten "alternativer Optionen" an. Konkrete Termine nannte sie nicht.

© SZ vom 25.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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