Süddeutsche Zeitung

Coronavirus im Landkreis München:Kaum Treffer

An den ersten beiden Schultagen fallen lediglich 14 Schnelltests positiv aus - bei fast 41 000 Schülern. Wegen der massiv steigenden Inzidenz rechnet Landrat Göbel aber für kommende Woche mit Distanzunterricht

Von Stefan Galler und Iris Hilberth, Landkreis

Insgesamt 14 positive Schnelltests hat es an den beiden ersten Schultagen nach den Osterferien an den Schulen im Landkreis gegeben: acht am Montag, sechs am Dienstag. Dies sind zumindest die Fälle, von denen das Landratsamt München bislang erfahren hat. Mittlerweile dürfte der Großteil der 40 900 Schüler im Landkreis einmal getestet sein, da die meisten Schulen im täglichen Wechsel unterrichten. Landrat Christoph Göbel (CSU) reagierte am Dienstag über dieses erste Resultat der Reihentestungen angesichts der hohen Schülerzahlen in seinem Landkreis sehr erleichtert. Ob tatsächlich noch ein paar mehr Schüler nach dem ersten Check nach Hause geschickt wurden, weiß man in der Behörde nicht so genau. Denn ein positiver Schnelltest ist nicht meldepflichtig. Erst wenn das Ergebnis durch einen anschließenden PCR-Test bestätigt wurde, erfährt das Gesundheitsamt davon.

"Wir wissen auch nicht, ob einem tatsächlichen Infektionsfall ein Schnelltest vorangegangen ist", sagt Landratsamtssprecherin Christine Spiegel. Auch wie vielen Ergebnisse sich schließlich als falsch positiv herausstellen, erfährt die Behörde nicht. Möglicherweise war es bei dem einen oder anderen Schüler nur ein Fehlalarm, und er darf in den kommenden Tagen nach einem negativen PCR-Test wieder am Präsenzunterricht teilnehmen - falls die Schulen bis dahin nicht wieder geschlossen werden.

Vieles deutet nämlich darauf hin, dass dies in der nächsten Woche schon wieder der Fall sein könnte. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt im Landkreis nämlich seit Montag über dem Schwellenwert von 100; sollte das auch am Freitag der Fall sein, müssen alle Schüler - abgesehen von den Abschlussklassen - wieder in den Distanzunterricht. Maßgeblich hierfür sind ausschließlich die vom Robert-Koch-Institut (RKI) ermittelten Zahlen, nicht jene des örtlichen Gesundheitsamtes. "Es müsste schon ein Wunder passieren, wenn der Wert am Freitag wieder unter 100 liegen würde", betont Landrat Göbel.

Dennoch ist es nicht ausgeschlossen, dass die Schulen schon bald danach wieder öffnen, schließlich sehen die von der Bundesregierung am Dienstag auf den Weg gebrachten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes eine neue bundesweit einheitliche Regelung für die Schließung von Schulen vor: Künftig soll dieser "Bundes-Notbremse" zufolge für die Schließung von Schulen eine Grenze von 200 Neuinfektionen je 100 000 Einwohnern in sieben Tagen maßgeblich werden. Liegt dann in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Inzidenz über dem Wert, soll Präsenzunterricht untersagt werden, sieht der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vor. Der Landrat bleibt gelassen: "Wir werden sehen, ob es so kommt. Derzeit ändern sich die Voraussetzungen ja ständig."

Der Vorschlag wird schon jetzt heftig diskutiert, dabei gibt es Beispiele von Gebieten, die zuletzt sogar bei einer Inzidenz unter 100 auf Distanzunterricht setzten, etwa Stadt und Landkreis Bamberg in Oberfranken. Dort war der Inzidenzwert am Ende der Osterferien bei 95 gelegen, trotzdem wurden Distanzunterricht und Notbetreuung angeordnet. Mittlerweile liegt die Inzidenz in Bamberg bei 112, im Landkreis bei 119, also etwa auf dem Niveau des Landkreises München (ebenfalls 112 am Dienstag). "Ich habe nicht darüber nachgedacht, die Schulen zuzulassen", sagt Landrat Göbel dazu, "alleine schon, weil ich finde, dass es umso besser für die Kinder ist, je mehr Schule stattfinden kann". Zudem sei Wechselunterricht bei Inzidenzwerten zwischen 50 und 100 für ihn "nicht schlecht", weil dann genügend Abstände zwischen den Schülern möglich seien. "Bei vollen Klassen wäre ich selbstverständlich auch für strengere Maßnahmen."

Die Befugnis, weitreichendere Verordnungen zu erlassen, als sie die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vorsieht, hätte der Landrat sehr wohl: In Paragraf 28 des Katalogs steht ausdrücklich, dass Kreisverwaltungsbehörden im Einzelfall ergänzende Anordnungen erlassen können, "soweit es aus infektionsschutzrechtlicher Sicht erforderlich ist". Insofern haben die Bamberger korrekt gehandelt. Mit dieser Begründung hatte auch Göbel im November das Lise-Meitner-Gymnasium in Unterhaching für einige Tage komplett dicht gemacht, nachdem mehr als ein Drittel der Klassen wegen einzelner Fälle in Quarantäne musste. Die Maßnahme hatte damals gegriffen, das Infektionsgeschehen ging deutlich zurück.

Der Leiter des Gesundheitsamtes, Gerhard Schmid, und er hätten sich selbst einen "internen Maßstab" für solche Fälle gegeben: "Wenn 50 Prozent der Schüler an einer Schule in Quarantäne sind, schließen wir sofort. Sobald es ein Drittel der Schüler ist, diskutieren wir eine Schließung", so Göbel. Dabei folge man keiner Rechtsverordnung, sondern entscheidet je nach Fall individuell.

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SZ vom 14.04.2021
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