Corona-Pandemie im Landkreis:Die Infektionszahlen steigen wieder

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Wenige Tage nach der Rückkehr der Kinder in Grundschulen und Kitas gibt es dort bereits mehrere Corona-Fälle. Vor allem die Ausbreitung von Virus-Mutanten bereitet Sorge. Das Gesundheitsamt will mehr testen und impfen

Von Sabine Wejsada, Landkreis

Impfen und Testen: Nur über diese zwei Säulen dürfte es überhaupt einen Weg aus der Pandemie geben. Da sind sich Landrats Christoph Göbel (CSU) und Gesundheitsamtschef Gerhard Schmid einig. Denn aktuell zeigt auch im Landkreis der Trend bei den Infektionszahlen wieder nach oben. Vor allem die Ausbreitung von Mutanten gibt Anlass zur Sorge.

Seit Montag sind Grundschulen und Kitas wieder geöffnet, und schon mussten zahlreiche Kinder, Lehrer und Betreuer wegen positiver Corona-Tests wieder nach Hause geschickt werden. Insgesamt 170 Personen sind in Quarantäne, davon 130 Kinder; bei 15 von ihnen hat der Abstrich eine Corona-Infektion ergeben, ebenso bei zwölf Lehrern und Betreuern, wie es am Donnerstag beim wöchentliche Pressegespräch zur Corona-Lage heißt.

Am Donnerstag waren im Landkreis Klassen von fünf Grundschulen von Quarantänemaßnahmen betroffen. Galten diese am Mittwoch nur für Grundschulkinder aus Haar und Ottobrunn, gibt es nun auch Fälle an der Grundschule am Kirchplatz in Ismaning, an der Silva-Grundschule in Kirchheim sowie an der Schule in Putzbrunn. Außerdem waren Kinder von acht Kitas in Quarantäne, je eine in Haar, Ismaning, Pullach, Putzbrunn, Sauerlach und Unterföhring sowie zwei in Ottobrunn.

Angesichts der steigenden Infektionszahlen bei Kindern hat der Ottobrunner Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) scharfe Kritik an Kultusministerium beziehungsweise Staatsregierung geübt. "Ich komme aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus", sagte Loderer im Gemeinderat. Er verstehe nicht, warum man nicht erst Schnelltests verpflichtend eingeführt habe und erst danach den Schulbetrieb wieder aufgenommen habe, sagte der Bürgermeister.

Auch Landrat Göbel ist überzeugt, dass es eine konsequente Teststrategie braucht. Noch ehe vermehrt Schnelltests zum Einsatz kommen können, laufen seinen Worten zufolge zum Beispiel in einer Gräfelfinger Arztpraxis Versuche, den Schulbesuch über sogenannte Gurgeltests für Kinder und Lehrer sicherer zu gestalten. Er rechne sehr bald mit einer "Institutionalisierung" der regelmäßigen Testungen mit niederschwelligen Angeboten.

So werde der Landkreis auch seine große Infrastruktur mit den Testzentren aufrecht erhalten und unter Umständen bei den geplanten und am nächsten Mittwoch startenden Impftagen in den einzelnen Kommunen nicht nur Immunisierungen, sondern auch Tests anbieten. Ohne negative Abstriche seien weitere Lockerungen wohl kaum möglich, sagt Göbel und verweist vor allem auf die steigende Gefahr durch Mutationen. Im Landkreis gibt es aktuell 116 derartige Ansteckungen. "Die Zahlen sind im Februar deutlich angestiegen", sagte der Landrat. In 96 Fällen ist die britische Mutante B. 1.1.7 bereits nachgewiesen worden, bei den restlichen 21 Proben gebe es keine eindeutigen Anzeichen. 72 Menschen sind laut Göbel aktuell infiziert. Die südafrikanische Mutante ist im Landkreis München nach Erkenntnissen des Gesundheitsamtes bislang noch nicht aufgetreten. Dass das Infektionsgeschehen in den 29 Städten und Gemeinden diese Woche wieder an Fahrt aufgenommen hat, zeigen die Inzidenzwerte. Das Ziel, die Neuinfektionen unter die Marke von 35 je 100 000 Einwohner pro Woche zu drücken, ist nun wieder in die Ferne gerückt. Nach Berechnungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag bei 42,2 gelegen, nach 37,1 am Mittwoch. Vor einer Woche war der Wert erstmals unter die 35er-Marke gefallen, ab der Lockerungen der geltenden Einschränkungen denkbar sind. Göbel und Schmid führen den Anstieg der Infektionen auf die ansteckendere Virus-Mutation zurück. "Der Trend zeigt nach oben", so der Landrat.

Dies lässt sich nicht nur an den Daten aus Schulen und Kitas ablesen, auch in Einrichtungen für Senioren und Behinderte haben sich die Zahlen verdoppelt. In zwei Pflegeheimen sind sieben Bewohner infiziert; in insgesamt vier Einrichtungen haben sich fünf Mitarbeiter angesteckt. Unterdessen haben in allen 42 stationären Alten- und Pflegeeinrichtungen Immunisierungen stattgefunden, 4642 Bewohner und Mitarbeiter sind geimpft worden. Noch nicht abgeschlossen sind die Impfungen in fünf der 23 Behinderteneinrichtungen und sieben der insgesamt elf Anlagen des betreuten Wohnens.

Gerade bei der Immunisierung muss nach Überzeugung von Göbel weiter aufs Tempo gedrückt werden. Erst knapp sechs Prozent der Landkreisbewohner sind geimpft. Er appelliert an alle Bewohner, sich registrieren und impfen zu lassen. Nicht zuletzt deshalb, weil das Vakzin von Astra Zeneca nur für Bevölkerungsgruppen unter 65 Jahren zugelassen ist. Dieser ist in den drei Impfzentren reichlich vorhanden: Von den 4400 Dosen, darunter 2700 in dieser Woche gelieferte, sind etwas mehr als die Hälfte verimpft worden; 14 Prozent all jener, denen ein Angebot gemacht worden ist, sich mit Astra Zeneca spritzen zu lassen, haben dieses abgelehnt, heißt es aus dem Landratsamt. Vom Biontech/Pfizer-Impfstoff hat der Landkreis in dieser Woche 3954 Impfdosen erhalten, nächste Woche kommen weitere 3600 dazu. Von Moderna sind 700 Dosen geliefert worden, nächste Woche gibt es keine. Dafür erwarten die Impfzentren weitere circa 2000 Dosen von Astra Zeneca. Also eine Chance für die Jüngeren.

© SZ vom 26.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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