Pandemie-Bekämpfung:Landkreis soll Corona-Modellregion werden

Pandemie-Bekämpfung: Konsequent Testen - und dann verantwortungsvoll öffnen: Das soll künftig der Weg sein.

Konsequent Testen - und dann verantwortungsvoll öffnen: Das soll künftig der Weg sein.

(Foto: Claus Schunk)

Impfende Hausärzte, eine eigene Corona-App und weniger Bürokratie: Schon bisher schreitet Landrat Göbel im Kampf gegen die Pandemie voran. Jetzt strebt er nach dem Vorbild von Tübingen eine konsequente Test-Strategie mit abgestuften Öffnungen an.

Von Martin Mühlfenzl

Landrat Christoph Göbel (CSU) möchte den Landkreis München zu einer Modellregion nach Art des "Tübinger Modells" erklären lassen. Eine entsprechende Erklärung habe er gegenüber dem bayerischen Gesundheitsministerium abgegeben. Dieses soll einem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung folgend, nach Ostern mehrere Städte oder Regionen auswählen, in denen entsprechend des sogenannten Tübinger Wegs Lockerungen der Corona-Beschränkungen erprobt werden sollen - also etwa Besuche in der Gastronomie, eines Kinos, eines Theaters oder Sportstudios nach einem negativen Corona-Test.

Die entsprechende Infrastruktur, um eine solche Modellregion werden zu können, werde im Landkreis derzeit auf- und ausgebaut, sagte Göbel in seinem wöchentlichen Pressegespräch. Dabei spiele der Erwerb von Lizenzen der App "Darf ich rein?" eine entscheidende Rolle, die laut Göbel auch bayernweit zum Einsatz kommen könnte. Es müsse für die Menschen ganz klare Öffnungsperspektiven geben, einen dauerhaften Lockdown würde die Bevölkerung nicht mitmachen, stellte der Landrat eindeutig klar. "Wir schränken so wenig wie möglich ein, aber mit einem nachgewiesenem negativen Test. Das würden die Menschen mitmachen", sagte Göbel.

Mit Blick auf die turbulenten Verhandlungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten und der am Mittwoch erfolgten Rücknahme der sogenannten Ruhetage über Ostern, sagte Göbel, er erwarte von den politisch Handelnden Taten: Es müsse endlich zwingend eine richtige Teststrategie eingeführt werden - und zudem das Tempo beim Impfen gesteigert sowie unnötige Bürokratie etwa in den Impfzentren beseitigt werden. Kritik übte der Landrat auch an der Entscheidung, Urlaubsreisen im eigenen Bundesland zu untersagen. "Klar, wir müssen Bewegungen einschränken." Er verstehe aber nicht, dass Menschen nicht in ihre Ferienwohnung oder eine angemietete Wohnung dürften, während gleichzeitig Hunderte in einem Flieger nach Mallorca säßen. Es drohe ein Vertrauensverlust in die Politik, weil vielen Menschen Maßnahmen nicht mehr als "logisch" erschienen. "Dennoch hoffe ich, dass sich die Menschen vernünftig verhalten", so der Landrat.

Von April an stehen im Landkreis vor allem beim Impfen Veränderungen an. Göbel geht davon aus, dass bis Ostern die Menschen in der Priorisierung 1 - also älter als 80 Jahre - im Landkreis durchgeimpft sind, dann kommt die Priorisierungsgruppe 2 an die Reihe; also Menschen im Alter von 70 bis 79 Jahren, aber auch hoch vulnerable Gruppen etwa mit einer Demenzerkrankung oder einer geistigen Behinderung. Auch Personal in Infektionsstationen und Praxen gehört dazu. Besondere Bedeutung wird dann den Hausärzten im Landkreis zukommen, die einen Großteil der Impfungen übernehmen sollen. Von April an, sagte Göbel, würden die Liefermengen an die Impfzentren auf einem bestimmten Niveau eingefroren, das er noch nicht kenne; der Großteil der Impfdosen werde dann über den Großhandel direkt an die einzelnen Apotheken ausgeliefert, bei denen die Hausärzte anschließend den benötigten Impfstoff bestellen könnten. Insgesamt 140 Hausarztpraxen gibt es im Landkreis München, 40 Ärzte beteiligen sich mittlerweile am Pilotprojekt, bei dem bereits in den Praxen geimpft wird. "Je mehr Hausärzte sich ab April am Impfen beteiligen, desto mehr Impfstoff wird dann auch im Landkreis verfügbar sein. Und die Bereitschaft der Ärzte ist groß", sagte Göbel.

Corona-Lage im Landkreis

Aktuell Vgl. Vortag

Infizierte gesamt 12 017 + 55

Infizierte ges. mit Mutanten 573 + 26

Infizierte aktuell 400 + 27

Genesene gesamt 11 344

Tote gesamt 273 + 0

Menschen mit 1. Impfung, 36 733 + 494

davon mit 2. Impfung 16 918 + 490

Impfungen insgesamt 53 651 + 984

Schulen in Quarantäne 18 - 1

Sieben-Tage-Inzidenz 78,8 82,5

Quelle: Landratsamt München

Nach wie vor erreicht den Landkreis aber zu wenig Impfstoff. In dieser Woche sind es insgesamt 6952 Dosen, die allermeisten vom Hersteller Biontech/Pfizer, für kommende Woche sind lediglich 3964 Dosen angekündigt. Vom britischen Hersteller Astra-Zeneca sind wie schon in dieser Woche auch kommende Woche keine neuen Vakzine zu erwarten.

Außer der Säule des Impfens stellt für Landrat Göbel weiterhin das Testen den wichtigsten Baustein bei der Pandemie-Bekämpfung dar. Denn die britische Mutation grassiert im Landkreis München immer stärker. Mittlerweile gibt es 573 Verdachts- oder bestätigte Fälle auf die Variante des Virus. Auch in den Schulen und Kindertageseinrichtungen nimmt das Infektionsgeschehen volle Fahrt auf; An insgesamt 37 Einrichtungen, davon 18 Schulen, befinden sich Gruppen oder ganze Klassen in Quarantäne - vergangene Woche waren es lediglich acht Schulen. Da kämen die Osterferien jetzt gerade recht, sagte Göbel dementsprechend. Ziel sei es, nach den Osterferien, im Landkreis täglich bis zu 9000 Corona-Tests zu abzuwickeln; auch Schüler sollen dann zwei Mal in der Woche getestet werden, die notwendigen Test-Kits würden noch diese Woche geliefert, sagte Göbel nicht ohne einen kleinen Seitenhieb in Richtung Freistaat: "Gerade noch rechtzeitig vor den Osterferien."

Als Ausblick sagte der Landrat, die Impfkampagne werde sich noch über Monate hinziehen. Umso wichtiger sei das häufige Testen- am besten in einer Modellregion.

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