Chemieunternehmen:Wenig Druck im Kessel

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Auf lichte Reihen blickten die Teilnehmer der Podiumsgesprächs (von links): Geschäftsleiter Andreas Rutsch, Moderator Andreas Schneider (verdeckt), Werksleiterin Iris Nagl und Jürgen Weiß von der Bauverwaltung Pullach. (Foto: Claus Schunk)

Weil die Bürgerinitiative die Informationsveranstaltung in Baierbrunn über den Ausbau des Pullacher Werks United Initiators boykottiert, können die Betreiber ihre Pläne einem kleinen Publikum unwidersprochen darlegen

Von Michael Morosow, Baierbrunn

"Im Dialog" lautet der Titel einer zwölfseitigen farbigen Broschüre des Chemiewerks United Initiators (UI), die in großer Zahl auf den Bänken im kleinen Festzelt neben dem Fußballplatz des SC Baierbrunn platziert waren. Einige wenige hätten dabei gereicht. Zur Informationsveranstaltung, bei der das Unternehmen am Dienstagabend seine Ausbaupläne im Nachbarort Pullach erläuterte, fand sich, abzüglich einer Handvoll Gemeinderätinnen und Gemeinderäten aus Pullach und Baierbrunn, gerade einmal ein gutes Dutzend Bürgerinnen und Bürger aus Baierbrunn ein. "Diese Veranstaltung ist unter den Tisch gefallen, weil sie nicht kommuniziert wurde", begründete Christine Zwiefelhofer von der Überparteilichen Wählergruppe Baierbrunn die gähnende Leere im Festzelt.

Auf Erstaunen nicht nur bei Baierbrunns Bürgermeister Patrick Ott (ÜWG) stieß aber vor allem das Ausbleiben von Vertretern der Bürgerinitiative "Schutz der Isarauen". Der Sprecher der Initiative Christian Boeck habe wenige Stunden vor Veranstaltungsbeginn in einer E-Mail wissen lassen, dass er aus Protest nicht kommen werde, sagte Ott am Rande der Veranstaltung zur SZ. Boeck begründete am Mittwoch das Fehlen von Mitgliedern der Bürgerinitiative damit, dass für Fragen aus dem Publikum nur 30 Minuten vorgesehen gewesen seien.

Er sei rechnerisch davon ausgegangen, dass jeder Fragesteller gerade einmal eine Minute Zeit gehabt hätte, was ein Witz gewesen wäre. "Dabei hätten wir der Bürgerinitiative sogar erlaubt, einen Infostand im Eingangsbereich des Sportgeländes Festzelt aufzustellen. Schade, dass sie diese Chance nicht nutzten", sagte Ott. Auf die wenigen Besucher warteten in den Ecken des Zeltes vier Themeninseln für das persönliche Gespräch, wobei in der Themenecke "Produktion, Sicherheit, Umwelt und Energie" sich sogar eine Traube von Interessenten bildete.

Im Anschluss konnten die Gäste einem von Andreas Schneider von der Werbe-und Kommunikationsagentur Heller-Partner moderierten Podiumsgespräch mit Ul-Geschäftsführer Andreas Rutsch, Werksleiterin Iris Nagl und dem Leiter der Pullacher Bauverwaltung, Jürgen Weiß, beiwohnen. Rutsch und Nagl nutzten dabei die Gelegenheit, den vielen Vorwürfen und Unterstellungen der Bürgerinitiative die Darstellung des Unternehmens entgegenzusetzen, wie sie es schon mehrmals in Veranstaltungen und schriftlichen Erklärungen getan haben. Nein, es gebe keine Baurechtsmehrung, betonten mit Nachdruck Rutsch, Nagl und Weiß. Nein, UI verpeste nicht die Luft, sondern habe, im Gegenteil seinen C0₂-Ausstoß sogar deutlich reduziert, erfuhren die Besucher.

Auch der Vorwurf der Agenda, das Unternehmen sei der größte Wasserverbraucher am Ort, sei falsch und es werde auch kein verschmutztes Wasser zurück in die Isar geleitet, sondern das Wasser werde zuvor in einer werkseigenen biologischen Abwasserreinigungsanlage gesäubert.

Und wie groß ist wirklich die Gefahr vor folgenschweren Unfällen im Chemiewerk? "Wir haben großes Interesse, dass nichts passiert, wir würden das ja als erste spüren", sagte Werkleiterin Nagl in einer kurzen Presserunde vor der Veranstaltung und zählte dabei eine ganze Reihe von Sicherheitsmaßnahmen auf wie etwa die Anschaffung einer voll automatisierten Löschanlage. Die chemische Industrie sei die am stärksten und schärfsten überwachte Industrie, merkte kurz darauf vor Publikum Geschäftsführer Rutsch an.

Es sei für ihn nicht viel Neues dabeigewesen, sagte nach der Veranstaltung Baierbrunns Bürgermeister Patrick Ott. "Zu schwammig" vorgetragen sei ihm aber die Darstellungen zum Punkt "Gefahrentransporte" vorgekommen. Laut Werksleiterin Nagl dürfen beladene Gefahrenguttransporter auf dem Weg nach Pullach nicht durch Baierbrunn fahren, aber in umgekehrter Richtung schon. "Wir empfehlen den Speditionen, sie sollen über München fahren, aber wenn einer anders fährt, habe ich keine Handhabe." Das könne nicht sein, sagte Ott. "Empfehlen ist mir zu wenig, das muss mit den Speditionen vertraglich geregelt sein", forderte der Rathauschef. Er jedenfalls wolle es nicht sehen, dass ein Gefahrguttransporter an der alten Baierbrunner Kirche vorbeifahre.

© SZ vom 15.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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