Bundestagswahl:Vorwärtsverteidigung

Bundestagswahl: Mit Menschen in Kontakt kommen, das mache ihm Spaß: Florian Hahn (rechts) im Biergarten in Aying.

Mit Menschen in Kontakt kommen, das mache ihm Spaß: Florian Hahn (rechts) im Biergarten in Aying.

(Foto: Claus Schunk)

Die Wiederwahl als Direktabgeordneter dürfte Florian Hahn kaum jemand nehmen. Dennoch rackert sich der 43-jährige Putzbrunner im Wahlkampf enorm ab. Der CSU-Sicherheitspolitiker möchte in Berlin weiter Politik für den Wirtschaftsstandort Landkreis München machen

Von Stefan Galler

Es fühlt sich wahrscheinlich ein bisschen an wie im DFB-Pokal. Erste Runde, der Titelverteidiger tritt gegen den Außenseiter an. Und doch gibt es eine gewisse Chance, dass dem haushohen Favorit ein Bein gestellt wird. So wie es dem FC Bayern einstmals in Vestenbergsgreuth oder Weinheim ergangen ist. Florian Hahn ist nicht nur leidenschaftlicher Anhänger des erfolgreichsten deutschen Fußballvereins und Gründer des FC-Bayern-Fanklubs der Bundestagsmitglieder, dem mittlerweile 61 Parlamentarier angehören.

Bei der bevorstehenden Bundestagswahl verkörpert er im Wahlkreis München-Land den FC Bayern sogar. Denn Hahn ist der große Favorit, abermals das Direktmandat zu holen, so wie bereits 2009 und 2013. Vor vier Jahren erhielt er 52,5 Prozent der abgegebenen Stimmen und setzte sich damit klar gegen die Herausforderer Bela Bach (SPD/20,3 Prozent) und Anton Hofreiter (Grüne/11,1 Prozent) durch.

Ihm macht Wahlkampf Spaß

Angesichts dieses Vorsprungs und der Tatsache, dass sich die CSU nach wie vor auch im Speckgürtel um München einer großen Beliebtheit erfreut, könnte sich Hahn zumindest ein bisschen zurücklehnen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen. Doch das würde nicht dem Naturell des 43 Jahre alten Putzbrunners entsprechen. Er ist Berufspolitiker, ein Profi, um im Fußballjargon zu bleiben.

Und dazu gehört es, einen Wettkampf professionell anzunehmen. "Erstens macht mir Wahlkampf Spaß. Mit Menschen in Kontakt zu kommen, sie für meine Positionen und Ideen zu begeistern", sagt Hahn. Und außerdem sei das Rennen keineswegs gelaufen. "25 Prozent der Leute entscheiden sich erst am Tag der Wahl. Da möchte ich so viele wie möglich mobilisieren."

Der Vorsitzende der CSU im Landkreis München geht zu den Bürgern, er will bis zum Wahltag rund 3000 Hausbesuche absolviert haben. "Ich war erst skeptisch, doch mittlerweile bin ich sehr überrascht davon, wie gut die Stimmung bei der Bevölkerung ist", sagt der Vater zweier Kinder. Nur einmal habe er eine unangenehme Konversation führen müssen, ansonsten reiche das Spektrum von "höflichem Desinteresse bis Dankbarkeit".

Ein Seitenhieb auf die SPD

Hahn findet es wichtig, den Bürgern im Wahlkampf vor Augen zu führen, dass es die Christsozialen "vor Ort" gibt, schließlich sei die CSU im Freistaat die "einzige Volkspartei". Ein Seitenhieb gegen die SPD, die in Bayern bei der Sonntagsfrage unter 20 Prozent liegt. Und doch will Hahn keinen Wahlkampf gegen jemand anderen machen, sondern die Werbetrommel für sich selbst rühren. "Meine Strategie geht nicht in die Richtung, dass ich mich mit den Konkurrenten reiben will. Ich will Bilanz ziehen, was ich in den letzten vier Jahren gemacht habe, und was ich für die nächsten vier vorhabe. Ich mache dem Wähler ein Angebot."

Florian Hahn sieht sich dabei als Verfechter klarer Inhalte. So setzt er sich mit Nachdruck dafür ein, dass der Landkreis seine Führungsrolle als innovativer Technologiestandort behält. "Es ist zum Beispiel gelungen, die etwas abgeplättete Marke Taufkirchen/Ottobrunn wieder sichtbarer zu machen", sagt er und meint damit die Tatsache, dass man den Weggang einzelner Airbus-Sparten wie Eurocopter durch zukunftsgerichtete Forschungscluster, etwa im Bereich der Suche nach alternativen Treibstoffen im innovativen "Algenlabor", kompensieren konnte. "Der Ludwig-Bölkow-Campus entwickelt sich weiter und ich bin eng dabei."

Und dann gibt es da ja noch Hahns besondere Affinität zur Sicherheitspolitik, schließlich ist er außen- und verteidigungspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag und arbeitete in dieser Funktion in der ablaufenden Legislaturperiode eng mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zusammen. Diese Kooperation habe dann auch maßgeblich dazu beigetragen, dass Deutschlands derzeit wohl modernstes Forschungszentrum Cyber Defence für Sicherheit in der Informations- und Kommunikationstechnik mit elf Professuren und einem brandneuen Masterstudiengang "Cyber-Sicherheit" auf dem Gelände der Bundeswehr-Universität in Neubiberg entstehen wird.

"Mehr als 6000 Mal am Tag wird die Bundeswehr über das Internet angegriffen, das ist wirklich massiv", sagt Florian Hahn. Deshalb sei es so wichtig, hier gegenzusteuern, "nicht nur symbolisch, sondern mit Power", wie der Abgeordnete sagt. Auch der Bundesnachrichtendienst werde mit einer Einheit nach Neubiberg kommen, alles sehr zur Freude von Hahn, der selbst einst in der wehrtechnischen Industrie, bei Krauss-Maffei-Wegmann, in der Pressestelle gearbeitet hatte. "Es ist bemerkenswert, dass Einrichtungen wie das Cyber-Forschungszentrum nicht in Berlin oder Bonn angesiedelt werden, sondern hier bei uns", sagt er. "Im Landkreis waren immer Raum- und Luftfahrt zu Hause. Er war airminded und wird künftig cyberminded sein", so Hahn weiter.

Doch nicht nur in diesem Bezug versucht der passionierte Sportschütze seinen Einfluss in Berlin für seine Heimat geltend zu machen. Vor allem die Verkehrsthematik hat er sich auf die Fahne geschrieben und sieht sich mit der aktuellen Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes bestätigt: "Zuerst hieß es, die A 99 wird nur bis Haar vierspurig ausgebaut, jetzt wird das bis zum Kreuz Süd gemacht." Das sei wichtig, denn dieses früher als Brunnthal-Dreieck bezeichnete Nadelöhr sei "ein Trichter, der unsere Landkreisgemeinden überschwemmt", so Hahn.

Seine Lobbyarbeit ist nicht immer erfolgreich

Doch nicht in allen Fällen hat der Putzbrunner mit seiner Lobbyarbeit Erfolg gehabt, das muss er einräumen: Die S-Bahnhöfe im Landkreis sind noch immer nicht flächendeckend renoviert und barrierefrei ausgebaut. "Das Thema zwickt mich", sagt der CSU-Politiker. "Der Verkehr ist so wichtig, wir müssen den ÖPNV verbessern und das fängt nun einmal beim Tarif und der Ausstattung der Bahnhöfe an." Jedes Gespräch mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) beginne er mit der Frage: Wie geht's meinen Bahnhöfen? "Dobrindt ist davon schon mächtig genervt."

Auch der Bau von bezahlbarem Wohnraum im Landkreis sei ein wichtiges Thema, man komme mit dem Tempo des Zuzugs kaum mit. Er stehe hinter der Idee des "Baukindergelds", das Bestandteil des CDU/CSU-Programmes ist: Dieses sieht vor, Familien mit 1200 Euro pro Kind pro Jahr bis zu zehn Jahre lang bei der Anschaffung eines Eigenheims zu unterstützen. Außerdem könne nicht sein, so Hahn, dass sich die Landeshauptstadt weiterhin dagegen sträubt, in die Höhe zu wachsen. "München lebt von der Schönheit seiner Umgebung. Da müssen sie selbst in den sauren Apfel beißen und Hochhäuser bauen."

Bleibt die Frage, wie es für Florian Hahn selbst weitergeht, sollte er seiner Favoritenrolle gerecht werden und das Bundestagsmandat verteidigen. "Ich bin bisher gut gefahren, mich wenig mit meiner eigenen Karriereplanung zu beschäftigen", sagt er. Die Erwartungen von außen an ihn seien höher als seine eigenen, sagt er. Nach der Bundestagswahl werde es "keinen großen Karrieresprung des Florian Hahn geben", prognostiziert der 43-Jährige und stellt klar, dass ihn das kalt lässt: "Es freut mich schon, wenn es einfach positiv weitergeht."

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