Wer in diesen Tagen den Wahl-o-Mat ausfüllt, der kann sich nur wundern über das breite Spektrum an Splitterparteien, die bei der Bundestagswahl um seine Zweitstimme buhlen. Das Angebot an Direktkandidaten ist dagegen in den meisten Wahlkreisen überschaubar - weil die Wahl vorgezogen wurde, fehlte selbst Volt und der ÖDP vielerorts die Zeit, eine Bewerberin oder einen Bewerber zu finden und die geforderten Unterstützerunterschriften beizubringen.
Im Wahlkreis München-Land will Michael Krämer von der Tierschutzpartei diese Situation für sich ausnutzen. Der 65-Jährige hat es auf den Stimmzettel geschafft und bietet sich nun in zeitweise fast täglich verschickten Pressemitteilungen als „Kandidat der Sonstigen“ und „gemeinsamer Interessenvertreter der außerparlamentarischen Opposition“ an.
Krämer hoffte dabei anfangs namentlich auf die Unterstützung von ÖDP, Volt, Die Partei, die Partei der Humanisten, die Partei der Rentner, die Partei des Fortschritts, Mera 25, die V-Partei, die MLPD und die Piratenpartei, mit denen es „zumindest ansatzweise inhaltliche Schnittmengen“ gebe. Gleichzeitig versprach er, in Nachbar-Wahlkreisen, in denen die Tierschutzpartei nicht antritt, die Direktkandidaten von Volt und ÖDP unterstützen.
Falls sich nun jemand fragt, wie Krämer die konservative ÖDP mit den Linksliberalen von Volt und den Maoisten von der MLPD unter einen Hut bringen will, dem sei ein Blick auf den politischen Werdegang des Tierschützers aus Dachau empfohlen.
Denn der hält noch ganz andere Extreme bereit: Krämer war in den Achtzigerjahren mit führenden Neonazis unterwegs und Mitglied der NPD, später bei den Republikanern. Nach seinem - durchaus glaubwürdigen - Ausstieg aus der rechten Szene wollte er bei der ÖDP andocken, die ihn ablehnte, deshalb ging er erst zur Bayernpartei und dann zu den Piraten, bevor er bei der Tierschutzpartei landete.
Dass Krämers Werben um Unterstützung bei den Kleinen und Randständigen verfängt, ist nicht zu erkennen. „Die Partei“ hat ihm bereits eine Abfuhr erteilt. Die Satire-Partei ließ Krämer nach seinen Angaben wissen, dass sie für die Erststimmen in Wahlkreisen, in denen sie nicht selbst antreten kann, grundsätzlich keine Empfehlung abgeben - außer: „Mach keinen Scheiß mit deinem Kreuz!“ Ein Rat, den gerade die Wählerinnen und Wähler in München-Land unbedingt beherzigen sollten.
In dieser Kolumne greift die SZ-Lokalredaktion Kurioses aus dem Bundestagswahlkampf im Landkreis München auf.