Süddeutsche Zeitung

Bundestagswahl im Landkreis München:Rückendeckung vom Stellvertreter

Taufkirchens Rathauschef Sander wehrt sich gegen Vorwürfe wegen CSU-Wahlwerbung

Von Patrik Stäbler, Taufkirchen

In der neuen Ausgabe des Gemeindeblatts "Wir informieren" wenden sich diesmal gleich zwei Bürgermeister an die Taufkirchner Bevölkerung. Unterhalb des Editorials von Ullrich Sander (parteilos) über die Bedeutung des Ehrenamtes meldet sich auch sein Stellvertreter Michael Lilienthal (Freie Wähler) zu Wort, und zwar mit einer "Klarstellung". Sie schließt mit der Formel: "Bleiben Sie gesund und entspannt." Zweiteres dürfte vielfach ein frommer Wunsch bleiben. Denn das Thema, dessentwegen die Klarstellung veröffentlich wurde, hat für viel Wirbel in der Gemeinde gesorgt: die Wahlwerbung von Ullrich Sander für den CSU-Bundestagsabgeordneten Florian Hahn, die Anfang des Monats in tausenden Taufkirchner Briefkästen lag.

Derlei Schreiben, in denen sich Bürgermeister für Hahn aussprechen, hat der CSU-Kreisverband München-Land in mehreren Gemeinden verschickt. In Taufkirchen aber sorgte dies für besonderen Unmut - und das nicht nur, weil Sander keiner Partei angehört und dies im Kommunalwahlkampf stets betont hatte. Vielmehr warfen Kritiker von SPD und Grünen dem Rathauschef vor, mit seiner Wahlempfehlung seine Neutralität zu verletzen. Zwar war auf dem Schreiben an keiner Stelle vom Bürgermeister Sander die Rede. Als Absender prangte ganz oben auf dem Zettel jedoch die Adresse Köglweg 3 - mithin die Anschrift des Rathauses.

"Ich muss mich wundern, wohnen Sie tatsächlich im Rathaus?", wollte ein Bürger zu Beginn der jüngsten Gemeinderatssitzung wissen. "Denn Ihr Schreiben kommt in einer Form, als ob sich der Bürgermeister an mich wenden würde." Hierauf erwiderte Sander, dass die Wahlwerbung nicht aus dem Rathaus stamme. Verantwortlich sei vielmehr der CSU-Kreisverband, was am Seitenrand des Schreibens auch vermerkt sei. Wobei der 2. Bürgermeister in der Sitzung einräumte: "Da braucht's schon eine Lupe, um das zu lesen." Lilienthal zufolge hatte die CSU im Einwohnermeldeamt "für über tausend Euro" einen Adresssatz mit Anschriften von Wahlberechtigten in Taufkirchen erworben - so wie es Parteien und Wählergruppen vor einer Wahl qua Bundesmeldegesetz erlaubt ist. Ansonsten aber sei das Rathaus nicht involviert gewesen in den Flyer, betont Lilienthal in der Klarstellung: "Weder für den Druck noch für den Versand des Schreibens wurden Gemeinde-Ressourcen genutzt." Ohnehin sei er der Meinung, dass sich nach der Wahl die Aufregung lege "und kein Mensch sich mehr für dieses Schreiben interessiert".

In der Sitzung warf Julius Ammereller - der Taufkirchner CSU-Gemeinderat arbeitet im Büro von Florian Hahn - den Grünen vor, "Parteipolitik zu betreiben". Deren Fraktionssprecher David Grothe hatte gefordert, auf die "missbräuchliche" Verwendung der Adresse müsse eine offizielle Klarstellung folgen, auch im Gemeindeblatt. Dieser Forderung ist der Bürgermeister nun also nachgekommen. Eine Erklärung, wieso auf dem Schreiben die Rathaus-Anschrift stand, liefert die Klarstellung indes nicht - und auch in der Sitzung ging Sander darauf nur am Rande ein. "Ich wüsste nicht, dass es eine Rechtsvorschrift gäbe, die es verbieten würde, irgendwelche Adressen auf ein Anschreiben zu schreiben."

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Quelle:
SZ vom 25.09.2021
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