Regierungsbildung:"Der Toni wäre der Richtige gewesen"

Grüne zum Koalitionsvertrag

Die Enttäuschung ist groß, nicht nur bei Anton Hofreiter, sondern auch bei politischen Freunden und Wegbegleitern im Heimatlandkreis des Grünen-Bundestagsabgeordneten.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Parteifreunde und Wegbegleiter Hofreiters sind enttäuscht, dass der Grüne kein Minister in Berlin wird. Sie geben dem Proporz-Denken die Schuld und hoffen, dass der Unterhachinger weiterhin "nicht leise" sein wird.

Protokolle von Iris Hilberth und Michael Morosow, Unterhaching/Sauerlach

Wenn es nach den Grünen im Landkreis München gehen würde, wäre Anton Hofreiter Verkehrsminister oder zumindest Landwirtschaftsminister in der neuen Ampel-Regierung geworden. Die Enttäuschung bei den politischen Freunden des 51-Jährigen, der in Sauerlach aufgewachsen ist und in Unterhaching wohnt, ist jedenfalls am Tag danach groß angesichts der Personalentscheidung in Berlin.

Christoph Nadler, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag: Für die Grünen im Landkreis und wohl auch für den Toni ist es zuerst einmal bitter, dass er nicht Verkehrsminister geworden ist, obwohl er doch eigentlich gesetzt war und seine Fähigkeiten als Vorsitzender des Verkehrsausschusses unter Beweis gestellt hatte. Volker Wissing von der FDP hat stattdessen vom Verkehr keine Ahnung. Toni wäre auch der richtige Landwirtschaftsminister für die Bauernfraktionen gewesen, mit denen er es zu tun gehabt hätte. Hier spielte aber weniger die Fachlichkeit die größte Rolle, es ging mehr um den Proporz, und Fundi-Realo-Denken war auch dabei. Bei der Entscheidung zwischen Toni Hofreiter und Cem Özdemir wurde berücksichtigt, dass der Landesverband Baden-Württemberg der größte ist und Özdemir seinen Wahlkreis mit 40 Prozent gewonnen hat.

Regierungsbildung: Susanna Tausendfreund hat mit einer Freundin in der Ukraine telefoniert, die nicht weiß, wie es weitergehen soll.

Susanna Tausendfreund hat mit einer Freundin in der Ukraine telefoniert, die nicht weiß, wie es weitergehen soll.

(Foto: Claus Schunk)

Susanna Tausendfreund, Pullacher Bürgermeisterin und ehemalige Landtagsabgeordnete für die Grünen: Der Toni wird trotzdem seinen Weg machen, nicht für ihn persönlich, sondern für seine Überzeugungen. Die Entscheidung gegen ihn ist sehr schade, er wäre ein guter Minister geworden. Alles was Naturschutz und Landwirtschaft anbelangt, darin ist der Toni ebenso beschlagen wie er es als Verkehrsminister gewesen wäre, eine Aufgabe, die noch ein Stück näher für ihn gewesen wäre. Hier hätte er mehr Handlungsspielraum gehabt und dringende neue Akzente gesetzt. Ich kenne ihn und seine Familie sehr gut, ich habe ihn und seine Frau Judith auch im Standesamt Pullach getraut. Der Toni ist sehr direkt, vor allem ist er authentisch, er steht hinter dem, was er sagt.

Barbara Bogner, Bürgermeisterin in Hofreiters Heimatgemeinde Sauerlach: Der Toni Hofreiter war ja Gemeinderat bei uns, ehe er nach Berlin gegangen ist. Ich habe mir immer gedacht: Wenn er in Berlin was wird, dann Verkehrsminister. Es ist anders gekommen, aber auch als Minister für Landwirtschaft und Ernährung hätte er einiges bewirken können, zum Beispiel die Gemeinde Sauerlach dabei zu unterstützen, dass es mit ihrem Windkraftprojekt voran geht und auch bei der Flächenphotovoltaik, die wir an einer Kiesgrube planen. Der Robert Habeck (Bundesvorsitzender der Grünen, Anm. d. Red.) hat am Mittwoch ja angekündigt, Planungen und Genehmigungen von Windkraft und Photovoltaik zu erleichtern und zu beschleunigen.

Wolfgang Büsch, Sprecher und Gemeinderat der Sauerlacher Grünen: Die Entscheidung gegen den Toni Hofreiter ist für mich und den Ortsverband sehr bedauerlich. Aufgrund seiner beruflichen Qualifikation wäre er ein sehr guter Verkehrsminister gewesen, und auch für das Landwirtschaftsministerium hätte er die nötige Fachkompetenz nachweisen können. Es hat aber auch der Proporz eine Rolle gespielt. Ich wünsche ihm, dass er auch weiterhin in einer Position bleibt, in der er die neue Regierung unterstützen kann. Ob er Fraktionssprecher bleibt, werden wir sehen. Im Politbetrieb sind schnell die Messer gewetzt.

Markus Büchler, Sprecher für Mobilität der Grünen im Bayerischen Landtag: Ich bin ein wenig befangen, weil ich den Toni sehr gut kenne. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass er Teil der Bundesregierung wird, idealerweise als Verkehrsminister. Im Koalitionsvertrag haben wir viele gute Punkte drin, das wäre das i-Tüpfelchen gewesen, wenn die Grünen, idealerweise mit Toni Hofreiter an der Spitze, das Verkehrsministerium bekommen hätten. Dass er nun auch das Landwirtschaftsministerium nicht bekommen hat, finde ich sehr schade.

Regierungsbildung: Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Köhler findet eine breite Unterstützung für Frank-Walter Steinmeier gut.

Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Köhler findet eine breite Unterstützung für Frank-Walter Steinmeier gut.

(Foto: Claus Schunk)

Claudia Köhler, Landtagsabgeordnete aus Unterhaching: Klar bin ich als Bayerin und Unterhachingerin ein bisschen enttäuscht, wir hätten uns sehr über den Minister Dr. Hofreiter gefreut. Aber eigentlich ist es doch gut, dass es bei uns so viele geeignete Köpfe gibt, aber eben nicht unzählige Ministerposten. Und endlich wird es mal fähige Minister in entscheidender Verantwortung geben, das zählt. Dieses Kabinett wird das Ruder rumreißen, um unsere Lebensgrundlagen zu erhalten, echten Klimaschutz und Artenschutz anzugehen und dabei wird auch der Toni nicht leise sein, da bin ich sicher.

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