Bund haftet nicht:Rohrkrepierer vor Gericht

Allianz-Arena in München, 2017

Nach außen ein Idyll, unter der Erde aber voller Munitionsreste: die Fröttmaninger Heide zwischen Freimann und Oberschleißheim.

(Foto: Robert Haas)

Der Heideflächenverein muss die Kosten der Entmunitionierung allein tragen

Von Julian Raff, Freimann/Oberschleißheim

Der Bund haftet nicht für die aufwendige Kampfmittelräumung in der Fröttmaninger Heide. Das Landgericht München wies am Freitag eine Klage des Heideflächenvereins Münchner Norden zurück, der auf diesem Weg versucht hatte, Schadenersatz für die Beseitigung von Munitionsresten aus 150 Jahren militärischer Nutzung zu erwirken. Der Verein, ein Zusammenschluss von Stadt und Landkreis München mit sechs nördlichen Nachbargemeinden, hatte der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2007 rund 3,34 Quadratkilometer Fläche abgekauft, um sie zum Naturreservat und Erholungsgelände aufzuwerten.

Das Areal, das heute großteils zum Stadtbezirk Freimann in München und zur Gemeinde Oberschleißheim gehört, hatten das bayerische Militär, Reichswehr, Wehrmacht, US-Army und schließlich die Bundeswehr als Truppenübungsplatz genutzt. Außerdem waren dort im Zweiten Weltkrieg Flakstellungen bombardiert worden. Dass der Boden großflächig von potenziell explosiven, auf jeden Fall aber hochgiftigen Munitionsresten gereinigt werden muss, war also beiden Vertragsparteien klar.

Wegen möglicher Blindgänger im Boden sind vor allem im nördlichen Bereich nach wie vor weite Flächen gesperrt, auch wenn sich nicht alle Spaziergänger daran halten. Über das tatsächliche Ausmaß der Kontamination sah sich der Verein durch die seinerzeitigen Gutachten getäuscht und ging daher 2017, kurz vor Ablauf der zehnjährigen Verjährungsfrist, vor Gericht. Richterin Christina Weitnauer sah auch in der mündlichen Nachverhandlung vom vergangenen September indes keinen Anhaltspunkt für eine arglistige Täuschung durch die Liegenschaftsverwaltung der Bundeswehr. Nur ein vorsätzlich verheimlichter Wissensvorsprung hätte aber Schadensersatzansprüche begründen können, da der Vertrag weitreichende Haftungsausschlüsse enthielt. Tatsächlich, so die Richterin, seien sich beide Vertragspartner "auf Augenhöhe" begegnet - nicht zuletzt, weil auch die Gemeinden ihre Hausjuristen hätten.

Der Verein sei das Risiko vielmehr mit Blick auf den günstigen Kaufpreis von 1,9 Millionen Euro bewusst eingegangen. Der Aufwand für die Kampfmittelräumung ist unterdessen noch nicht abzuschätzen. Derzeit werden 21 jeweils 400 Quadratmeter große Parzellen stichprobenartig saniert. Zuvor waren im Frühjahr rund 210 Hektar, also rund zwei Drittel des Geländes, geomagnetisch auf verborgenes Metall untersucht worden. Ob es sich dabei tatsächlich immer um Munitionsreste und Granaten handelt, können im Einzelfall nur Grabungen ans Licht bringen, da die Sprengkrater lange Zeit auch als illegale Müllkippe missbraucht wurden. Da das Grundstück seinerzeit von der öffentlichen Hand, dem Bund, in die andere, sprich - zumindest mittelbar - die kommunale überging, trägt die Sanierungskosten am Ende der Steuerzahler, unabhängig vom Urteil.

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