Bürgerbeteiligung:Mit Bukowski am Schreibtisch

Haar Bürgerversammlung

Bürgermeister Andreas Bukowski saß während der Bürgerversammlung in seinem Büro.

(Foto: Screenshot)

Die Haarer Bürgerversammlung findet zum zweiten Mal komplett online statt. Der Rathauschef berichtet einige Neuigkeiten und vermittelt den Teilnehmern ein Gefühl von Nähe, das in einer Halle nicht möglich wäre.

Von Bernhard Lohr, Haar

Jetzt wäre das also auch geklärt: Auch Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) macht sich nach getaner Arbeit gerne eine halbe Bier auf. Mit einem demonstrativen Schluck aus der Flasche hat er am Mittwochabend die Bürgerversammlung beendet, bei der er bereits zum zweiten Mal in seinem Büro rein online zu erleben war. Die Teilnehmer erfuhren in gut zwei Stunden viel, sie kamen dem Bürgermeister näher als sonst im Bürgerhaus und es gab intensive Debatten im Chat und im direkten Austausch.

Zeitweise ging es intensiv auf mehreren Kanälen zur Sache. Während Bukowski erzählte, wie eindrucksvoll das von dem Künstler Werner Mally im Jugendstilpark geschaffene Mahnmal zur Erinnerung an die während der Zeit des Nationalsozialismus in der Klinik ermordeten Psychiatriepatienten sei, drohte die Debatte im Chat abzugleiten, weil jemand schimpfte, am Bahnhof müssten "Asoziale" vertrieben werden, um dort das Erscheinungsbild zu verbessern. Gemeinderat Mike Seckinger (Grüne) reagierte: "Ich bitte Sie, mit etwas mehr Achtung von den Menschen zu schreiben." 15 Likes bekam er dafür. Chat-Moderatorin Claudia Erl forderte, die "Nettiquette" einzuhalten. Das gelang dann auch besser.

Bukowski kündigte an, dass zusätzlich zu den bestehenden Corona-Testzentren an der Wasserburger Straße und im Bürgerhaus zwei weitere geschaffen würden. Am Rande gab Claudia Erl bekannt, die Haarer Polizei plane die Sicherheitswacht am Ort auszubauen. Das soll offenbar ungeachtet der verbesserten Sicherheitslage geschehen, von der der stellvertretende Inspektionsleiter in Haar, Stephan Jochim, berichtete. Vor allem weniger Einbrüche seien zu verzeichnen, sagte er. Die Polizei werde in erster Linie wegen Ruhestörung und kleiner Verkehrsunfälle gerufen. 81 Mal sei man wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen eingeschritten.

Bukowski berichtete, dass die Gemeinde bis 2025 mit einem Zuwachs von 22 000 auf 25 000 Einwohner rechne. Er strich heraus, wie groß die Herausforderung werde, die Infrastruktur mitwachsen zu lassen. Nach dem Wegzug des Pharmaunternehmens MSD aus Haar Anfang November werden die Gewerbesteuer-Einnahmen kommendes Jahr um mehr als die Hälfte auf zehn Millionen Euro einbrechen. Das sei zu wenig Geld für eine Gemeinde wie Haar, sagte Bukowski. Er kündigte an, das Standortmarketing zu stärken und präsentierte die Strategie "Haar-Ansatz". Es gebe viele Dinge, die Haar zu etwas Besonderem machten, sagte er. In Haar lebten Macher, man stehe zusammen, man sei kreativ.

Diese Kreativität will Bukowski nun nutzen, um mit wenig Geld etwas zu bewegen. Die Umbaupläne im Haarer Zentrum sollen als Integriertes Städtebauliches Entwicklungsprojekt angepackt werden, um Zuschüsse zu bekommen. Der Neubau des Jugendtreffs Dino ist als energetisches Modellvorhaben angedacht. Studenten der Hochschule München planen schon daran. Auch will Bukowski Fördermittel auftun. Für das Bauprojekt einer Wohnbaugenossenschaft auf städtischem Grund an der Johann-Strauß-Straße hätten sich "Mitstreiter" zusammengefunden, sagte Bukowski. Er kündigte für März eine neue Gemeinde-Homepage an. Derzeit liefen Planungen, im Sommer über Wochen Events auf dem Haarer Anger vor dem Bürgerhaus zu veranstalten.

Bürgerbeteiligung: Die Situation am S-Bahnhof wird immer noch kontrovers diskutiert in Haar.

Die Situation am S-Bahnhof wird immer noch kontrovers diskutiert in Haar.

(Foto: Claus Schunk)

Der in den vergangenen Jahren auf Gemeindekosten umgebaute Haarer Bahnhof beschäftigt immer noch viele. Die Debatte über den Abriss des maroden Kioskgebäudes, das noch stehen geblieben ist, hallt nach. "Ich fände eine Aufwertung des Bahnhofs mal ganz angebracht", forderte Katharina Klenk im Chat. Gerhard Hagl dagegen fand: "So schlimm ist der Bahnhof doch gar nicht." Chat-Moderatoren konnten auf Nachfragen aufklären, dass in Gronsdorf in absehbarer Zeit keine Krippe geplant sei. Bukowski erläuterte auf eine kritische Anfrage hin, dass man sich gut überlegt habe, den Radhauptweg von Eglfing nach Salmdorf zu asphaltieren, um eine Radverbindung zu schaffen. Er versprach weiteren Einsatz, um den S-Bahntakt zu verbessern. Auch bestätigte er Bestrebungen, einen Dauer-Abstellplatz für Campingmobile anzubieten. Die Bemühungen um eine Temporeduzierung auf der B 304 liefen weiter, kündigte Bukowski an, der jüngste Aussagen etwas revidierte, es könnte dort bis 2025 Flüsterasphalt aufgebracht werden. Ihm sei mittlerweile von Behördenseite erklärt worden, der Straßenbelag sei noch gut.

Die Deutsche Telekom schreibt derzeit Haushalte in Haar an, weil sie Glasfaser-Anschlüsse verlegen will. 8800 Haushalte, vor allem südlich der B 304 und in Ortsteilen, sind potenziell betroffen. Im April 2022 soll die Planung anlaufen, im Oktober 2023 soll das neue Netz in Betrieb gehen. Bukowski kündigte an, Bürgerversammlungen in Zukunft hybrid anbieten zu wollen. In Präsenz und weiter auch online. Streamen ohne ruckeln und zuckeln wäre dann gesichert.

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