Bürgerversammlung:Die Ottobrunner und ihre Sorgen

Es mangelt an Kinderbetreuern und der Verkehr läuft aus dem Ruder. Die Bürger beschäftigen jedoch eher das Silvesterfeuerwerk und geparkte Wohnmobile

Von Stefan Galler, Ottobrunn

Die Diskussion war so langsam am Austrudeln, der Wissensdurst der circa 140 Ottobrunner Bürger schien gestillt nach einem gut 75-minütigen Vortrag von Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) und umfangreicher Diskussion davor und danach. Da kam er um exakt 21.46 Uhr doch noch hereingerauscht, der Ehrengast des Abends: Landrat Christoph Göbel (CSU) besuchte die Ottobrunner Bürgerversammlung, nachdem er zuvor der Gemeinde Grasbrunn seine Aufwartung gemacht hatte. Letztes Jahr sei er zuerst in Ottobrunn gewesen und dann zu spät dran gewesen, um noch nach Grasbrunn zu fahren, deshalb habe er die Reihenfolge diesmal umgekehrt.

Und so stand der Landrat den Bürgern also noch eine Stunde Rede und Antwort an diesem Donnerstagabend, der vor allem eines offenbarte: Den Ottobrunnern geht es im großen und Ganzen gut. So ist die Kriminalstatistik laut Armin Ganserer, dem Leiter der nun wieder in Ottobrunn ansässigen Polizeiinspektion 28 weiterhin rückläufig, der schwere Winter zuletzt habe zwar zu zehn Prozent mehr Verkehrsunfällen geführt, die seien abgesehen von einem tödlich verunglückten Radfahrer meist glimpflich verlaufen.

16,5 Prozent

weniger Straftaten in Ottobrunn erwartet Polizei-Inspektionsleiter Armin Ganserer für das Jahr 2019. Bis Oktober registrierte die PI 426 Straftaten, im gesamten Vorjahr waren es noch 638 gewesen. Vor allem Wohnungseinbrüche (bisher 11) und Betrugsdelikte seien deutlich zurückgegangen, so Ganserer bei der Bürgerversammlung.

Die Nachrichten, die der Bürgermeister verkündete, waren ebenfalls überwiegend positiv. So sei die zwischenzeitlich stockenden Sanierung der Ferdinand-Leiß-Halle nun in den letzten Zügen. Wegen insgesamt "40 Schlechtleistungen" (Loderer) von Handwerkern habe sich die Fertigstellung allerdings verzögert, außerdem werde sie mit 9,5 Millionen Euro etwa eine Million teurer als kalkuliert. Für 2020 stehen zahlreiche Straßen- und Gehwegsanierungen auf dem Plan, Gesamtvolumen 1,8 Millionen Euro, wobei der komplette Umbau der Schillerstraße zwischen Goethe- und Ottostraße alleine mit 795 000 Euro veranschlagt ist.

Auch die zusätzlichen Busangebote, die den Ottobrunnern mit dem Fahrplanwechsel vom 15. Dezember an zur Verfügung stehen, der bevorstehende Ausbau eines Fernwärmenetzes und die CO₂-Reduzierung im Rahmen des Klimaschutzes, bei der Ottobrunn laut Loderer "gut unterwegs" sei und die Landkreisziele "längst unterschritten" habe, wurden im Publikum mit Wohlwollen aufgenommen.

Weniger gut ist die Lage bei der Kinderbetreuung, was nicht an den Räumlichkeiten liegt - zwei neue Kindertagesstätten mit insgesamt je fünf Kindergarten- und Krippengruppen sind aktuell in Planung. Doch auch in Ottobrunn fehlen Erzieherinnen und Erzieher, derzeit haben 43 Ottobrunner Kinder zwischen drei und sechs Jahren wegen des Personalmangels keinen Betreuungsplatz.

Bürgerversammlung: Ottobrunns Bürgermeister Thomal Loderer.

Ottobrunns Bürgermeister Thomal Loderer.

(Foto: Claus Schunk)

Überraschenderweise gab es dazu keine Wortmeldungen. Einige Anwesende machten dagegen das Silvesterfeuerwerk zum Thema. Dies ufere, so deren Meinung, in Ottobrunn seit Jahren mehr und mehr aus. "Auch ich bin negativ berührt, was da in den Himmel gejagt wird", sagte der Bürgermeister, erteilte jedoch denjenigen, die sich für ein Böllerverbot aussprachen, eine Absage: "Da haben wir keine rechtliche Handhabe." Ein Antrag dafür, dass das Thema den Gemeinderat beschäftigen sollte, wurde vom Plenum mit breiter Mehrheit abgelehnt.

Weitere Aufreger in der Gemeinde sind die auf öffentlichen Straßen geparkten Anhänger und Wohnmobile sowie die fehlenden Freizeitmöglichkeiten für junge Ottobrunner. Beiden Themen widmete sich Rathauschef Loderer umfassend, ohne den Bürgern allerdings konkrete Lösungsmöglichkeiten anbieten zu können.

Ein Bürger, der sein Bedauern darüber ausdrückte, dass es in Ottobrunn nach einem 5:24-Gemeinderatsbeschluss anders als in 21 anderen Landkreiskommunen keine MVG-Leihräder gibt, erhielt zwar Applaus aus dem Plenum, jedoch vom Bürgermeister eine klare Absage: "Ich lehne dieses System nicht grundsätzlich ab, zweifle aber, ob der Nutzen die enormen Kosten von 200 000 Euro für fünf Jahre rechtfertigt." Landrat Göbel betonte später, dass man wegen des drohenden Verkehrsinfarktes auf Mietfahrräder setzen müsse.

Und dann war da noch die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 von Neuperlach Süd bis zum Ludwig-Bölkow-Campus. Loderer betonte, dass von den fünf Varianten, die derzeit in einer Machbarkeitsstudie geprüft werden, für ihn einzig die Variante "Ost 2" sinnvoll sei, weil sie das Ottobrunner Ortszentrum ansteuere. Er forderte die Bürger auf, "Einfluss zu nehmen". Der Landrat griff den Faden später auf: "Die U5 ist ein sehr wichtiges Projekt. Man kann keine Uni mit Tausenden Studenten ansiedeln ohne Rückgrat."

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