Strom aus Sonnenkraft, vor Ort gewonnen und direkt zum Abnehmer geleitet, das klingt wie der Traum jedes Freundes von Nachhaltigkeit und Autarkie. Wenn dann auch noch die Anwohnerinnen und Anwohner beteiligt sind und das Projekt sowohl inhaltlich als auch mit ihrem eigenen Geld unterstützen, grenzt das schon an die Idealvorstellung. Oder? Die Idee eines Solarparks wurde schon vor einiger Zeit in Garching geboren. Doch bisher ist das Projekt nicht recht vorangekommen. Das will die frisch gegründete Genossenschaft Bürgerenergie Garching (BEG) nun ändern - und hofft darauf, dass sich die Stadtpolitiker bei der Flächenvergabe großzügig zeigen.
Bereits Ende Januar 2019 hat der Garchinger Stadtrat mit seiner Zustimmung zu einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan sein Ziel bekräftigt, dass an der Autobahnanschlussstelle Garching-Nord westlich der A 9 mit Hilfe von Photovoltaik Strom erzeugt werden soll. Auf zwei der Stadt gehörenden Grundstücken auf einer Fläche von insgesamt circa zwei Hektar soll Garchings zweiter Solarpark - nach dem beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2010 ausgezeichneten Projekt auf neun Garchinger Hausdächern - entstehen mit einer Leistung von etwa 750 Kilowatt-Peak, fähig bis zu 800 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr zu liefern.
Planen wollte das Projekt die Green City AG aus München. Dazu kam es jedoch nicht; das Projekt verschwand erst einmal von der Tagesordnung. 2020 dann beschlossen Christian Nolte, ehemaliger Geschäftsführer der Garchinger Geothermie und seit 2020 für die Unabhängigen Garchinger Mitglied des Stadtrats, Dominik Eberle und Katarina Wagner, das Projekt wiederzubeleben - und den Solarpark mit Hilfe einer Bürgergenossenschaft zu verwirklichen.
Mit Motivation haben sich die Initiatoren der "Bürgerenergie Garching" (BEG) ans Werk gemacht. Im April dieses Jahres wurde die Genossenschaft offiziell gegründet und hat nach eigener Aussage bereits eine Zusage von der Stadt erhalten, die betreffende Fläche für den Solarpark pachten zu können. Nun wird es konkret und damit erwächst offenkundig auch Diskussionsbedarf: Noch vor den Sommerferien hat die BEG bei der Stadt einen Antrag gestellt, die Flächen für den Solarpark zu vergrößern. Hintergrund ist, dass Bauwerke zur Autobahn hin 40 Meter Abstand halten müssen; und anders als bei bereits bestehenden Projekten pocht die Autobahn GmbH bei der geplanten neuen Garchinger Anlage auf die Einhaltung dieser Bauverbotszone. So aber schrumpft die mögliche Fläche für die Solarpaneele, die sich die BEG ausgerechnet hatte, auf lediglich 17 300 Quadratmeter Nutzfläche. Unter diesen Voraussetzungen aber, mahnen die Geschäftsführer Eberle und Nolte, sei das Projekt womöglich nicht mehr wirtschaftlich machbar.
Deshalb schlägt die BEG nun vor, zu dem Streifen entlang der Autobahn ein Stück der westlich angrenzenden Fläche hinzuzunehmen, um so rund 22 500 oder in einer dritten Variante sogar 26 500 Quadratmeter nutzen zu können. Knackpunkt daran: Diese Flächen hat die Stadt eigentlich für eine künftige Erweiterung des örtlichen Bauhofs vorgesehen. Man wolle sich nicht selbst im Wege stehen und die Nachbargrundstücke lieber frei halten, hatte Bürgermeister Dietmar Gruchmann (SPD) in der Diskussion in der letzten Sitzung des Bauausschusses vor den Sommerferien argumentiert.
Die übrigen Mitglieder des Gremiums sahen die Pläne der Stadt weniger im Konflikt mit dem Vorhaben Photovoltaik. Realistisch betrachtet werde der Bauhof nicht vor dem Jahr 2030 kommen, meinte Harald Grünwald von den Bürgern für Garching im Ausschuss. Bastian Dombret (FDP) schlug vor, zumindest eine Zwischennutzung der beantragten erweiterten Flächen durch die BEG zuzulassen; möglicherweise könnten die Paneele sogar später vom Boden auf die neuen Gebäude des Bauhofs gesetzt und auf diese Weise weiter genutzt werden. Annette Knott von der Bauverwaltung der Stadt gab jedoch zu bedenken, für eine Ausweitung der Flächen für den Solarpark müsse der Flächennutzungsplan geändert werden, was etwa neun Monate lang dauere.
Die endgültige Entscheidung, wie groß der Solarpark an der A 9 werden darf, müssen die Garchinger Kommunalpolitiker nun Ende September fällen. BEG-Geschäftsführer Eberle hofft, dass die Stadt genügend Fläche freigeben wird. Denn wenn es nach den Gründern geht, soll der Solarpark nur das Startprojekt für die Bürgerenergie sein, weitere sollen folgen, ganz im Sinne einer sanften Energiewende. Dafür aber, sagt Eberle, "müssen wir die BEG jetzt auf wirtschaftlich feste Füße stellen können". Wenn die Stadt die Fläche für die Solarpaneele festgelegt hat, will die Genossenschaft damit beginnen, möglichst viele Garchingerinnen und Garchinger als Mitglieder zu gewinnen. Voraussichtlich im Oktober soll es eine erste Informationsveranstaltung geben.