Bürgerbühne:Spuckfreie Proben mit Mundschutzmaske

Bürgerbühne: Anschi Prott (dritte v. l.) feierte zuletzt für die Inszenierung von "Der satanarchäolügenilkohöllische Wunschpunsch" an ihrem Heimatort einen Erfolg.

Anschi Prott (dritte v. l.) feierte zuletzt für die Inszenierung von "Der satanarchäolügenilkohöllische Wunschpunsch" an ihrem Heimatort einen Erfolg.

(Foto: Catherina Hess)

Regisseurin Anschi Prott ist zuversichtlich, zum Zehnjährigen des Unterföhringer Bürgerhauses im Oktober das geplante Stück zeigen zu können

Von Udo Watter, Unterföhring

Die Maske gehörte seit Anbeginn zu den eindruckvollsten Requisiten des antiken griechischen Theaters. Der Ursprung ihrer Verwendung war religiös-rituell bedingt und vom Dionysoskult inspiriert, später entwickelte sie sich (neben dem Chor) vor allem zum wichtigen theaterästhetischen Element, sowohl für Drama wie Komödie.

Die Protagonisten der Unterföhringer "Bürgerbühne" befinden sich so gesehen in einer langen ruhmreichen Traditionslinie, werden sie bei ihren Proben demnächst ihr Gesicht mit Masken bedecken. Freilich dienen diese dann nicht dem gesteigerten Ausdruck, der Karikatur oder der symbolischen Verwandlung in einen Gott, sondern primär dem Schutz vor Körperflüssigkeiten, die beim Artikulieren auf der Bühne gewöhnlich den Mund verlassen. "Beim Theater spuckt man nun mal", sagt Anschi Prott. Die Regisseurin und Theaterpädagogin aus Unterföhring, die für die Inszenierungen der "Bürgerbühne" - ein Format, das als bildungspolitisches Angebot an theaterinteressierte Gemeindebürger fungiert - verantwortlich zeichnet, ist im Moment im Schwebezustand. Die Probearbeiten für das neue Projekt, eine Realsatire auf Unterföhringer Verhältnisse, inspiriert von der BR-Sendung "Königlich Bayerisches Amtsgericht", liegen aus bekannten Gründen auf Eis - für eine Frau mit der Energie von Prott schwer aushaltbar. "Ich kann nicht still sitzen."

Seit Herbst vergangenen Jahres sind die Mitwirkenden - knapp 30 Schauspieler im Alter zwischen 14 und 65 Jahren sowie Mitglieder der Blaskapelle - am Entwickeln des Stücks, die Aufführungen zum zehnten Geburtstag des Bürgerhauses sind für Ende Oktober 2020 geplant. "Wir haben ganz toll miteinander geprobt und sind auch schon ziemlich weit", erklärt Prott. "Alle sind mit Spaß dabei, auch Leute, die sonst nichts mit Theater zu tun haben." Die gebürtige Unterhachingerin, die mit jungen Laiendarstellern aus Unterföhring bereits das Theaterstück "Der Kanzler" inszenierte und 2019 mit "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" von Michael Ende einen weiteren Erfolg feierte, sieht es als eine ihrer Aufgaben an, Nicht-Profis die speziellen Anforderungen der Bühne zu vermitteln. "Sie sollen merken: Theater ist Kunst. Und Kunst ist schwierig." Stofflich klingt das aktuelle Stück viel versprechend: Aus Anregungen und improvisierten Dialogen der Mitwirkenden hat Prott ein Stück mit vier Episoden zusammengeschrieben und in einen dramaturgischen Aufbau gegossen. Es geht um spezielle Unterföhringer Befindlichkeiten: Eifersüchteleien unter Vereinen, der Kontrast zwischen Eingesessenen und Zugezogenen, bairisch und hochdeutsch Sprechenden, Herausforderungen, denen sich die Macher des Bürgerhauses stellen müssen. Nicht zuletzt spielt der Slogan "Unterföhring first" eine Rolle. Satirisch und frech, aber nicht polemisch. "Wir wollen niemanden bloß stellen" so Prott.

Aber wie geht es nun weiter, nachdem in Bayern jetzt erst mal die meisten Ausgangsbeschränkungen mindestens bis zum 4. Mai gelten und somit Treffen von Gruppen verboten sind? Die ersten Proben auf großer Bühne waren ursprünglich für Anfang dieser Woche geplant gewesen. Die Hoffnung, peu à peu wieder proben zu können - eben mit Masken und auf Abstand - ist aber groß. Im Tagungsraum des Bürgerhauses, der auch extern zugänglich wäre oder zur Not im Probenkeller bei Protts oder gleich im großen Garten. "Auch das muss natürlich erst mal erlaubt sein, aber wir sind zuversichtlich", erklärt Prott. Auch Kulturamtsleiterin Barbara Schulte-Reif geht davon aus, dass die Vorstellungen im Oktober statt finden. Das Programm für die kommende Kultursaison soll jedenfalls in Druck gehen. "Wir sind überzeugt davon, dass es klappt", so Prott.

Proben mit mehreren Teilnehmern, auf Abstand und mit Mundschutz, das wird eine Herausforderung, zumal natürlich Emotionen und Körperlichkeit wesentliche Elemente des Spielens sind. Ob alle im Ensemble auch künftig mitwirken werden, wird sich zeigen und soll in Absprache innerhalb der Gruppe gelöst werden. Für Prott, die gerade im unmittelbaren Zauber des Theaters, aber auch in der konkret gestalteten Bildhaftigkeit, ein wunderbares Mittel in der Konkurrenz zu modernen Medien sieht, wäre ein Komplett-Ausfall "furchtbar". Zur Not könne man das Projekt, das von der Gemeinde Unterföhring mit 26 500 Euro gefördert wird, aber "immer noch verschieben."

Die Proben mit Schutzmasken dürften übrigens neben der Vermeidung von Speichel-Emissionen auch einen positiven Nebeneffekt für spätere Vorstellungen auf großer Bühne zeitigen. Die Träger wären gezwungen, deutlich und lauter zu artikulieren als normal: klassische Grundtugenden des Schauspielers.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: