Kommunalwahl im Landkreis München:Briefwähler müssen sich gedulden

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Wahlleiter Alfred-Alexander Gaßner (Mitte) und sein Team im Landratsamt können die Stimmzettel für die Kreistags- und Landratswahl erst jetzt an die Rathäuser weiterleiten. (Foto: Landratsamt München)

In den Rathäusern erwartet man, dass so viele Menschen wie noch nie per Post abstimmen. Doch die Unterlagen dafür können noch nicht verschickt werden, weil die Stimmzettel für die Kreistagswahl zu spät geliefert wurden.

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Als im Jahr 1957 in Deutschland erstmals die Möglichkeit bestand, bei einer Bundestagswahl per Briefwahl abzustimmen, hielt sich die Begeisterung der Deutschen in Grenzen. Gerade einmal 5,7 Prozent der Wähler nutzten diese neue Form der Stimmabgabe, die vor allem älteren, kranken und Menschen mit Behinderungen zugute kommen sollte. Mehr als sechs Jahrzehnte nach der Wahl hat sich das Instrument der Briefwahl längst etabliert, immer mehr Menschen nutzen vor allem die Online-Angebote der Kommunen - und in manchen Gemeinden zeichnet sich bei der anstehenden Kommunalwahl am 15. März einer neuer Rekord ab.

"Unser Wahlleiter geht derzeit davon aus, dass bis zu 50 Prozent der Wähler per Briefwahl abstimmen werden", sagt Swantje Schütz, die im Pullacher Rathaus für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Etwa 1100 Wahlberechtigte haben in der Isartalgemeinde binnen einer Woche bereits ihre Briefwahlunterlagen beantragt. "Die Tendenz hin zur Briefwahl ist ganz eindeutig", sagt Schütz.

Tatsächlich gewählt aber hat noch kein Landkreisbürger, gleichwohl ist etwa im Pullacher Rathaus bereits eine Wahlkabine aufgebaut worden. Denn die Auslieferung der Stimmzettel an die 29 Städte und Gemeinden des Landkreises für die Landrats- und Kreistagswahl hat sich verzögert, weil die beauftragte Druckerei nicht rechtzeitig fertig wurde, um die Stimmzettel noch Ende vergangener Woche ausliefern zu können.

In den meisten Kommunen werden die Stimmzettel daher erst an diesem Dienstag eintreffen. Und da die meisten Rathäuser am Faschingsdienstag erst gar nicht aufsperren, dauert es noch einmal einen Tag länger, bis die Wahlunterlagen verschickt werden können. Den Druck der Stimmzettel für die Bürgermeister- sowie Stadt- und Gemeinderatswahlen haben die einzelnen Kommunen selbst in Auftrag gegeben; verschickt werden müssen aber alle vier Stimmzettel der Vollständigkeit halber zusammen.

Fast 270 000 Menschen sind zur Wahl aufgerufen

Insgesamt sind im bevölkerungsreichsten Landkreis des Freistaats am 15. März 268 685 Bürger (Stand: 18. Oktober 2019) zur Wahl des Landrats, der Rathauschefs und der Stadt- und Gemeinderäte aufgerufen. Vor allem der anhaltende Zuzug und das Bevölkerungswachstum machen sich weiter bemerkbar, vor sechs Jahren lag die Zahl der Wahlberechtigten noch bei etwas mehr als 258 000. In diesem Jahr sind insgesamt auch nahezu 35 000 EU-Ausländer zur Wahl aufgerufen - und dürfen sich natürlich auch wählen lassen.

In der Stadt Unterschleißheim laufen die Vorbereitungen auf die Briefwahl bereits auf Hochtouren, die Wahlbenachrichtigungen sind längst verschickt. Bisher hätten etwa 1500 Unterschleißheimer Briefwahlunterlagen beantragt, sagt Anita Obermaier, Sachgebietsleiterin für den Bereich Wahlen im Bürgerbüro der einwohnerstärksten Kommune des Landkreises. Bei etwa 22 000 Wahlberechtigten rechnet Obermaier mit etwa 5000, die per Briefwahl ihre Stimmen abgeben werden.

"Es werden von Wahl zu Wahl kontinuierlich mehr Bürger, die per Briefwahl wählen. Das ist ein eindeutiger Trend", sagt Obermaier. Etwa 60 bis 70 Prozent würden ihre Stimmzettel online bestellen, darunter nutzten viele den sogenannten QR-Code auf der Wahlbenachrichtigungen, den der Wähler einscannt und dann direkt auf der richtigen Homepage landet, um die Wahlunterlagen bestellen zu können. "Aber es gibt auch immer noch viele Bürger, die direkt ins Rathaus kommen, um sich die Unterlagen persönlich abzuholen oder gleich hier in der Wahlkabine vor dem Bürgerbüro zu wählen", sagt Obermaier.

Bei der Bundestagswahl 2017 nutzte nahezu ein Drittel der Wähler die Möglichkeit der Briefwahl, bei der Landtagswahl ein Jahr später war es jeder Vierte. Anders als in früheren Zeiten, muss kein besonderer Grund - etwa eine Erkrankung - angegeben werden, um vor dem eigentlichen Wahltag seine Stimme abgeben zu dürfen. Das bayerische Innenministerium empfiehlt, den Antrag auf Briefwahl "möglichst frühzeitig nach Erhalt der Wahlbenachrichtigung" zu stellen, allerspätestens müssen die Anträge aber zwei Tage vor der Wahl, also am Freitag, 13. März, bis 15 Uhr vorliegen. Das "Transportrisiko" des Wahlbriefs mit den Stimmzetteln liegt beim Wähler selbst, spätestens am Wahlsonntag um Punkt 18 Uhr muss der Brief beim auf dem Umschlag genannten Wahlamt der jeweiligen Kommune eingehen.

Doch auch Behörden können Fehler machen - etwa in Österreich. Dort musste 2016 die Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten zwischen Alexander van der Bellen und Norbert Hofer sogar wiederholt werden, weil es bei der Auszählung der Briefwahlstimmen zu Unstimmigkeiten gekommen war. Und dann musste auch noch die Wiederholung verschoben werden. Der Grund: Der Klebstoff an den Wahlkarten für die Briefwahl löste sich teilweise auf.

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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