Brand in Ottobrunn:Viele Fragen und ein schlimmer Verdacht

Lesezeit: 3 min

Brandfahnder durchsuchen am Mittwochmorgen den völlig zerstörten Bungalow in Ottobrunn. (Foto: Claus Schunk)

Die Polizei geht davon aus, dass der zunächst vermisste 59-jährige Hausbewohner den explosionsartigen Brand in einem Ottobrunner Bungalow absichtlich gelegt hat.

Von Angela Boschert und Daniela Bode, Ottobrunn

Das blaue Hausnummernschild hängt auch am Tag danach noch unversehrt an der weißen Wand. Darüber recken sich Dachlatten verrußt gen Himmel, in den Trümmern des Haupthauses liegen verkohlte Balken zwischen den größtenteils schwarz verfärbten Mauern. Teilweise lugen die Ziegelsteine unter dem bröselnden Putz hervor. Reste von Löschschaum sehen aus wie schmutziger Schnee. Durch die Löcher in den Hauswänden, in denen bis Dienstagmittag Fenster waren, ist ein weißer Metallschrank zu sehen, dessen Glastür seltsamerweise unversehrt geblieben ist.

Brandgeruch hängt auch fast 24 Stunden nach dem Feuer in der Luft, bei dem am Dienstag eines der eingeschossigen Reihenhäuser am Ottobrunner Haselweg zerstört wurde. 24 Stunden nach dem Alarm hat die Polizei auch einen Tatverdächtigen festgenommen: den 59-jährigen Bewohner. Die Ermittler gehen davon aus, dass er den explosionsartigen Brandausbruch bewusst selbst herbeigeführt hat.

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Nachdem der Mann am Dienstag bis zum Abend nicht gefunden werden konnte, suchten Kräfte der Ottobrunner Feuerwehr und der Kriminalpolizei gleich am Mittwochmorgen in der Bungalowsiedlung weiter nach dem Vermissten. Entdeckt wurde er schließlich in einem kleinen Nebengebäude im Garten des Reihenhauses. Der 59-Jährige war verletzt und wurde zunächst in ein Krankenhaus gebracht. Seit wann er sich in dem Gartenhaus aufhielt, konnte ein Polizeisprecher nicht beantworten.

Die derzeitigen Ermittlungen deuten laut Polizei darauf hin, dass eine "sehr schnelle, explosionsartige Energiefreisetzung" den Brand verursacht hat. Die Ermittler nehmen an, dass der Brand vorsätzlich von dem 59-jährigen Bewohner des Bungalows herbeigeführt wurde. Zum möglichen Motiv gab es bis zum Abend keine Auskünfte. Zur genauen Ermittlung der Brandursache wurde ein Sachverständiger des Landeskriminalamtes hinzugezogen.

"Das ist heftig, da ist alles zerstört"

Vor dem Haus haben Helfer die Reste des Flachdaches und Hausrat aufgetürmt. Vier Brandfahnder mit Atemschutzgeräten und Helmen tragen am Mittwochvormittag Überreste der Einrichtung aus dem Haus und werfen sie auf den Haufen. Das Dach des Hauses muss geradewegs in die Luft geschleudert worden sein, so weit verstreut liegen Holz und Dachpfannen. Eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht nennen möchte, sagt, sie habe gegen 13 Uhr einen "Bang" gehört, danach noch einen zweiten. Es habe regelrecht gewackelt. Als sie auf die Straße lief, seien Flammen aus dem Nachbarhaus geschlagen und große Rauchwolken aufgestiegen.

"Das ist heftig, da ist alles zerstört", entfährt es Stefan Wölfl. "Das möchte man nicht selbst erleben." Die Zufahrtsstraße, der Ranhazweg, sei von 13 bis nach 15 Uhr komplett gesperrt gewesen. "Da gab es kein Rein-, kein Durch- und kein Rauskommen", berichtet der Anwohner. Die direkten Anwohner mussten den Dienstagabend und auch den Mittwoch bei Freunden oder Bekannten verbringen. Statiker mussten erst abklären, wie sehr ihre Häuser in Mitleidenschaft gezogen wurden, ob sie eventuell einsturzgefährdet sein könnten. Außerdem ist die Gasversorgung, welche die Stadtwerke am Dienstag vorsorglich unterbrochen haben, noch abgestellt.

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Etwa 15 Anwohner betreute die Johanniter-Unfall-Hilfe an Ort und Stelle, wie ihr Sprecher Gerhard Bieber sagt. Viele seien bei Freunden untergekommen, drei Personen versorgten die Johanniter vorübergehend in ihrer Wache in Riemerling. Eine der drei Personen sei schließlich ebenfalls bei Bekannten untergekommen, für die anderen beiden habe man Hotelzimmer organisiert, so Bieber. Eine psychosoziale Betreuung sei nicht nötig gewesen.

Für die Nachbarn konnten die Feuerwehren Schlimmstes verhindern. Laut dem Ottobrunner Kommandanten Eduard Klas wurde ein Überschlagen der Flammen auf die drei Nachbarhäuser verhindert. Die Gebäude seien "statisch nicht gefährdet". Statiker des Technischen Hilfswerks hätten die Häuser überprüft. "Das war eine großartige Leistung aller Einsatzkräfte", so Klas. Bis auf eine Frau, die eine leichte Rauchgasvergiftung erlitten habe und vom Rettungsdienst ambulant behandelt worden sei, habe es keine Verletzten gegeben. Auch die Einsatzkräfte seien unversehrt geblieben.

Klas geht ebenfalls von einer Explosion als Brandursache aus. "Die Brandentwicklung war schlagartig, es hat Fenster und Mauerteile weggeschleudert", schildert der Kommandant. In diese Richtung gehen auch die Ermittlungen der Kriminalpolizei. Sie werden gegen den festgenommenen 59-Jährigen wegen des Verdachts der schweren Brandstiftung und des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion geführt. Das Motiv ist unklar.

© SZ vom 28.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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