Viele Freundinnen und Freunde von Anya Knudsen sind in den vergangenen Tagen schon am Badesee gelegen, haben bis mittags ausgeschlafen oder sind bereits in den Urlaub aufgebrochen – nicht so die 15-Jährige aus Freising. Denn obschon auch für sie die lange ersehnten Sommerferien begonnen haben, hat die Teenagerin weiter gelernt und sich in Informatik fortgebildet, Tag für Tag nach einem straffen Programm. Ob sie ihre Freundinnen da nicht beneidet habe? Bei dieser Frage schüttelt Anya Knudsen den Kopf. „Überhaupt nicht!“, sagt sie dann und lächelt. „Das hier hat unglaublich viel Spaß gemacht und war sehr interessant.“
Diese Lobesworte der 15-Jährigen gelten dem Digicamp der Bildungsinitiative „Technik – Zukunft in Bayern“, das zum sechsten Mal bei der Firma Airbus Defence and Space in Taufkirchen stattfand. Dort durften sieben Schülerinnen und zehn Schüler im Alter von 15 bis 18 Jahren eine Woche lang einen Blick hinter die Kulissen werfen und die Arbeitswelt im Bereich Cybersicherheit kennenlernen. „Mit den Digicamps ermöglichen wir Jugendlichen praxisnahe Berufsorientierung und erste Einblicke in die Welt der Metall- und Elektroindustrie“, sagt bei der Abschlussveranstaltung Bertram Brossardt, der Hauptgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände. Sie finanzieren das Angebot in Taufkirchen zusammen mit dem bayerischen Wirtschaftsministerium. „Wir brauchen diese jungen Köpfe“, betont Staatssekretär Tobias Gotthardt in seiner Rede. Schließlich gebe es bereits jetzt ein Defizit von 177 000 Fachkräften im Freistaat, so Gotthardt. „Deshalb müssen wir daran arbeiten, dass wir die jungen Köpfe, die wir haben, wecken, entdecken und antreiben.“
Für die 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Bayern war das Digicamp in Taufkirchen kostenlos, inklusive Übernachtung und Verpflegung. Angeleitet von mehreren Betreuern lernten sie bei der Rüstungs- und Raumfahrtsparte von Airbus zunächst den Konzern und die dortigen Ausbildungsmöglichkeiten kennen. Schließlich wolle man den jungen Menschen nicht nur die „hochspannenden Berufe“ vorstellen, die im Zuge der Digitalisierung neu entstandenen seien, sagt Maike Kusche, die Ausbildungsleiterin des Konzerns. Sondern gleichzeitig könne sich Airbus den potenziellen Nachwuchskräften auch als attraktiver Arbeitgeber präsentieren.
In Workshops und Gruppenarbeiten tauchten die 17 Jugendlichen danach ins Thema Cybersicherheit ein – zunächst in der Theorie, anschließend in der Praxis. So lernten sie die Grundlagen der Programmiersprache HTML kennen, die zur Gestaltung von Webseiten verwendet wird. „Das war wirklich cool“, sagt die 18-jährige Viktoria Laurova aus Kirchseeon. „Wir haben in Kleingruppen eigene Webseiten gebaut und dabei richtig viel gelernt.“ Anschließend wurde den Jugendlichen vermittelt, was eine sichere Homepage ausmacht und wo mögliche Schwachstellen liegen. Schließlich sollten sie in der Folge versuchen, ihre Webseiten gegenseitig zu hacken – also sie mittels eines Schadprogramms anzugreifen. Dabei hätten die Jugendlichen auch für ihre alltägliche Internetnutzung einiges gelernt, sagt Viktoria Laurova bei der Abschlusspräsentation. Zum Beispiel: „Regelmäßige Sicherheitsupdates machen.“ Zudem mahnt die 18-Jährige: „Klickt nicht auf alles! Und geht nicht leichtsinnig mit Euren Daten um!“
Gerade das Programmieren habe ihm viel Spaß gemacht, bekräftigt Florian Huber, Gymnasiast aus Holzkirchen. Ob er später auch beruflich in den Bereich gehen wolle? „Ich kann mir auf jeden Fall vorstelle, etwas in Richtung IT zu machen“, sagt der 16-Jährige. Diese Antwort werden die Organisatoren des Digicamps sicher gerne hören. Schließlich ist es das erklärte Ziel der Initiative „Technik – Zukunft in Bayern“, die im Jahr 2000 vom Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft gegründet wurde, das Interesse junger Menschen für den MINT-Bereich zu wecken – also für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. „Mit diesem einzigartigen Ferienangebot bieten wir einen einfachen Zugang zu den spannenden Arbeitsfeldern der Digitalisierung“, sagt Staatssekretär Gotthardt. „Dadurch können die jungen Teilnehmer ihre Talente in einem zukunftsträchtigen Bereich entdecken und weiterentwickeln.“
Im Gegenzug beginnen die Sommerferien für die 17 Jugendlichen erst mit einer Woche Verspätung. Doch das sei zu verschmerzen, findet Anya Knudsen aus Freising. „Die Teilnahme am Digicamp war es auf jeden Fall wert“, sagt die 15-Jährige. „Außerdem haben wir jetzt ja noch lange genug Ferien.“