Bildungsgerechtigkeit :Stipendien für kluge Jugendliche

Drei Jugendliche aus dem Landkreis gehören zu jenen 50 begabten Schülern aus ganz Bayern, die ein Stipendium vom Freistaat und der Robert-Bosch-Stiftung bekommen.

Von Anna Majid

Schon zu Beginn des Schuljahres bekommen Eltern lange Listen zugeschickt mit den Materialien, welche die Schüler für den Unterricht benötigen. Hinzu kommen Klassenfahrten, Ausflüge et cetera - für einige Familien eine große finanzielle Belastung. "Schule ist teuer", weiß auch Alexandra Wiesner. Die 15-Jährige besucht das Lise-Meitner-Gymnasium in Unterhaching.

Das von Kultusministerium und Robert-Bosch-Stiftung vergebene Schülerstipendium "Talent im Land" soll für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. Es unterstützt jährlich bis zu 50 begabte Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwachen Verhältnissen. Neben Alexandra Wiesner haben sich heuer zwei weitere Jugendliche aus dem Landkreis München unter mehr als 350 Bewerbern durchgesetzt: Rebeka Obuka von der Fachoberschule Unterschleißheim und Elias Arpac von der Fachoberschule in Haar.

"In Deutschland beeinflusst die soziale und wirtschaftliche Lage der Eltern noch viel zu sehr den Bildungserfolg junger Menschen", heißt es vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, das hinter der Initiative steht. Ziel des 2005 eingeführten Stipendienprogramms ist laut Kultusministerium, dass mehr junge Menschen, die aufgrund ihrer Biografie besondere Herausforderungen zu meistern haben, die Fachhochschul- oder Hochschulreife erreichen.

So wurde Rebeka Obuka vor einem Jahr von ihrer Klassenlehrerin Laura Dirks auf Talent im Land aufmerksam gemacht. Die Fachoberschülerin ist vor fünf Jahren mit ihrer Mutter aus Lettland nach Deutschland gezogen - wegen der besseren Arbeitschancen. Trotz spärlicher Deutschkenntnisse habe sie sich schnell zurecht gefunden. "Ich hatte großes Glück", sagt Obuka, "meine Klassenkameraden haben sich viel Mühe gegeben."

Mittlerweile spricht sie fließend Deutsch, sodass sie auch in der Schule gut mitkommt. Die 18-Jährige besucht den Gestaltungszweig, wo sie ihre Stärken im Grafikdesign und der Mediengestaltung einbringt. Die Kombination mit ihrem sozialen Engagement bei der Queer-Straight-Alliance (QSA), die sich gegen Diskriminierung und Homophobie einsetzt, habe die Jury überzeugt, sagt Obuka.

Im Gegensatz zu anderen Stipendienprogrammen stehen im Auswahlverfahren von Talent im Land neben guten schulischen Leistungen "vor allem die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler, ihre besonderen Begabungen sowie ihr soziales Engagement im Vordergrund", so Elena Schedlbauer vom Kultusministerium.

Elias Arpac engagiert sich in seiner Freizeit gleich bei zwei Hilfsorganisationen: den Johannitern und der Wasserwacht. Ob auf Wasser oder an Land - der 18-Jährige hat sich der Rettung von Menschen verschrieben. An der Fachoberschule in Haar besucht er den Gesundheitszweig. Sein Plan ist, mit Abschluss der 13. Klasse die Hochschulreife zu erwerben, um dann Medizin zu studieren. Der Weg ist nicht leicht, die Unterstützung durch das Stipendium kann Arpac gut gebrauchen. Ein Freund von den Johannitern hatte ihn auf die Bewerbung gebracht.

Von dem Netzwerk profitieren alle drei

Talent im Land fördert Schüler auf zwei Arten: Zum einen erhalten die Stipendiaten bis zum Abschluss des Abiturs ein monatliches Bildungsgeld von 100 Euro sowie Einzelzuschüsse, beispielsweise für Klassenfahrten; zum anderen gibt es ein umfangreiches Seminar- und Workshopangebot. Besonders ist laut Obuka auch das Netzwerk, welches man als Stipendiat aufbauen kann. Alexandra Wiesner hat schon Ende November bei einem Outdoor-Wochenende, einem gemeinsamen Seminar, bei dem sich die Jugendlichen kennenlernen, Freunde gefunden.

Die Münchner Stipendiaten treffen sich auch in ihrer Freizeit regelmäßig, erzählt Wiesner begeistert. Meistens am Wochenende, denn unter der Woche sind die Nachmittage der Zehntklässlerin vollgepackt: In der Schule ist sie Tutorensprecherin und engagiert sich in der Schülermitverantwortung. Zudem ist sie Oberministrantin und unterstützt in ihrer Gemeinde die Vorbereitung auf die Firmung. Nebenbei lernt sie noch Cello und besucht einen Boxkurs. Wie man das alles unter einen Hut bekommt? Planungssache. "Zeit für Freunde nehme ich mir", sagt die Schülerin.

Alle drei sind sich sicher: Vor allem vom Bildungsangebot und dem Netzwerk, welches Talent im Land bietet, werden sie langfristig profitieren. Die ersten Workshops haben sie bereits besucht: "Das interkulturelle Training war unglaublich interessant", erzählt Wiesner. Auch einige Alumni durften sie schon kennenlernen. Die Leute seien einfach "inspirierend", ihr Weg motiviere die Neulinge, meint Obuka.

Das Bildungsgeld setzen die drei unterschiedlich ein. Arpac investiert in seine berufliche Zukunft: Die ersten zwei Module der ehrenamtlichen Rettungssanitäterausbildung hat er bereits abgeschlossen, den dritten Teil finanziert er nun mit dem Bildungsgeld. Wiesner nutzt die finanzielle Unterstützung vor allem für Schulmaterialien wie Begleitlektüren. Obuka hingegen zahlt von dem Geld Materialien für ihre Kunst, die sie schon heute über Instagram verkauft. Nach der Schule möchte sie ihr Hobby zum Beruf machen, ihr großes Ziel: "Finanziell so stabil sein, dass ich auch anderen helfen kann."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: